Zähe Verhandlungen
"Sehr, sehr schwierig" – jetzt packt Ampel-Insider aus
"50/50" – so hoch sieht ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Chancen für eine Regierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Wo es derzeit noch hakt.
Am Samstag war der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian zu Gast im Ö1-Mittagsjournal. Im Gespräch mit ORF-Journalist Klaus Webhofer äußerte sich dieser nicht nur zu wirtschaftlichen Fragen. Auch die aktuellen Regierungsverhandlungen zur "Austro-Ampel" waren Thema.
Die aktuelle Industrie-Rezession könne man nicht wegleugnen, erklärte Katzian zu Beginn. Von einer "Pleitewelle" zu sprechen, hält der Gewerkschafter dennoch für übertrieben. Die Schuld daran sieht er in verschiedenen internationalen Entwicklungen und Verwerfungen. Hinzu komme eine dadurch ausgelöste Nachfrage-Krise. Nun gelte es, diese zyklische Entwicklung zu beobachten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
"Traurig", "lachhaft" – Katzian teilt gegen Industrie aus
In diesem Zusammenhang kritisiert Katzian hochrangige Industrie-Vertreter. Dass diesen nichts anderes einfalle, als hohe Lohnabschlüsse für die gegenwärtige Situation verantwortlich zu machen, sei "traurig". Ohne diese gebe es nämlich eine noch viel höhere Zurückhaltung beim Konsum, ist sich der Ober-Gewerkschafter sicher. Katzian ist überzeugt, dass die Regierung in den vergangenen Jahren bei den Preisen – etwa bei Mietpreissteigerungen – eingreifen hätte können.
Die Lohnpolitik der Gewerkschaften sei jedenfalls stets nur daran orientiert, die "Kaufkraft der Menschen aufrechtzuerhalten". Diese für eine internationale Krise verantwortlich zu machen, ist für Katzian "lachhaft", wie er auf Nachfrage betonte.
"Gute Chance" auf Erfolg ...
Bezüglich der laufenden Regierungsverhandlungen sendete Katzian widersprüchliche Signale an die Öffentlichkeit. Grundsätzlich sieht er nämlich "eine gute Chance" auf eine Übereinkunft. Er jedenfalls wolle seinen Beitrag dazu leisten. Die Herausforderungen seien groß. Internationale Entwicklungen würden dafür sorgen, "dass viel auf Österreich zukommt". Das Land brauche nun eine stabile Regierung und "gute Maßnahmen", die gesetzt werden müssen. Dies dürfe nicht auf den Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschehen.
Aufgrund unterschiedlicher Quellen sei es nicht einfach gewesen, die Größe des Budgetlochs genau zu definieren. Je nach Berechnungsmodell schwanke dieses nämlich. Nun gebe es jedenfalls eine solide Zahlenbasis. Auf eine genaue Zahl – je nach Sichtweise sprechen Experten von 15 bis 23 Milliarden Euro – wollte sich Katzian nicht festlegen. Es gebe jedenfalls einen "enormen Konsolidierungsbedarf". Einen solch hohen habe er im Rahmen von Regierungsverhandlungen noch nicht erlebt.
Was kommt nun? Ein Mix aus Sparprogramm und neuen Steuern? Er sei immer der Ansicht gewesen, dass breite Schultern mehr tragen könnten. Er sei absolut gegen eine Budgetkonsolidierung, die ausschließlich ausgabenseitig auf Lasten des Sozialstaates gehe. "Daher bin ich sehr dafür, dass es einen guten Mix aus Einnahmen und ausgabenseitigen Maßnahmen gibt", so Katzian.
... oder "sehr, sehr schwierig"?
Wie hoch schätzt er also die Erfolgschancen ein? Entgegen der zuvor erwähnten "guten Chance" spricht Katzian plötzlich nur noch von "50/50". In einzelnen Bereichen sei man, was er so höre, "gut unterwegs". In anderen Bereichen sei es "sehr, sehr schwierig". Hier müsse man schauen, ob man zu gemeinsamen Lösungen kommt, das werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen, so der Gewerkschaftsboss.
Dass die FPÖ mittlerweile bei den Erwerbstätigen an erster Stelle liegt, beunruhigt den Gewerkschaftsboss im Übrigen nicht. Ohne genaue Zahlen zu nennen, erklärte Katzian, dass die Gewerkschaft einen Mitgliederzuwachs verzeichnen würde.
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Auf den Punkt gebracht
- ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian äußerte sich im Ö1-Mittagsjournal zu den aktuellen Regierungsverhandlungen zur "Austro-Ampel" und betonte die Herausforderungen durch internationale Entwicklungen.
- Während er die Chancen auf eine Übereinkunft als "50/50" einschätzt, kritisiert er die Industrie für ihre Haltung zu Lohnabschlüssen und fordert einen ausgewogenen Mix aus Sparmaßnahmen und neuen Steuern zur Budgetkonsolidierung.