Politik

Lehrer verzweifelt – Minister spricht von "Gejammere"

Am Montag startet das neue Schuljahr – Corona spielt nur noch eine Nebenrolle, Personalmangel und Lehrer(un)zufriedenheit rücken in den Vordergrund.

Nicolas Kubrak
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zeigte sich "sehr zufrieden" über das Österreichische Bildungssystem. Kritik verstehe er, aber: "Ich glaube, man muss hier schon die Kirche im Dorf lassen".
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zeigte sich "sehr zufrieden" über das Österreichische Bildungssystem. Kritik verstehe er, aber: "Ich glaube, man muss hier schon die Kirche im Dorf lassen".
Helmut Graf

Nach zwei (sehr schnell vergangenen) Monaten drücken Kinder und Jugendliche aus dem Burgenland, Niederösterreich und Wien wieder (oder erstmals) die Schulbank. Die vergangenen drei Schuljahre waren stark von der Pandemie geprägt, doch heuer spielt Corona nur noch eine Nebenrolle. Stattdessen arbeitet das Bildungsministerium an anderen großen Baustellen: Etwa der Lehrermangel, die Zufriedenheit der Lehrenden oder die psychische Gesundheit von Schülern.

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    Pünktlich zum Schulstart traf "Heute"-Redakteur Nico Kubrak Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zum Interview.
    Pünktlich zum Schulstart traf "Heute"-Redakteur Nico Kubrak Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zum Interview.
    Helmut Graf

    Vielleicht jammern wir zu viel...

    Im Rahmen des Schulstarts traf "Heute" Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in seinem Ministerium am Minoritenplatz. In einem Interview mit dem "Standard" sagte er unlängst, das Bildungssystem werde "regelmäßig strukturell krankgejammert" und dass Österreichs Schulen "im Großen und Ganzen" gut seien.

    Im "Heute"-Talk (das vollständige Gespräch findest du weiter unten) bekräftigte er seine These einmal mehr: "Österreichs Schulen sind sehr gut. Wir sind gut aufgestellt und haben höchst motivierte Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schüler", sagte Polaschek. Zwar gebe es Änderungsbedarf, schließlich müsse ein Schulsystem immer in Bewegung bleiben, aber Österreichs Schulen seien "besser, als immer wieder geschrieben wird".

    (Un)motivierte Lehrer

    Apropos Motivation: Vor wenigen Tagen veröffentlichte die pinke Parteiakademie "Neos Lab" eine bei Meinungsforscher Peter Hajek in Auftrag gegebene Umfrage (700 befragte Lehrende zwischen April und Mai 2023), die eine deutliche Sprache spricht. 93 Prozent aller Lehrer sind demnach der Meinung, dass sich im Schulsystem etwas verändern müsse, um den Arbeitsalltag zu erleichtern. Nur 33 Prozent aller Lehrenden sind demnach in ihrem Job zufrieden – im Schuljargon ein "glatter Fetzen" für das Bildungsministerium.

    Davon will der Minister aber nichts hören. "Das ist eine Umfrage, die eine Oppositionspartei über ihren eigenen Think-Tank in Auftrag gegeben hat – das stimmt nicht mit dem Bild überein, das ich habe", so Polaschek gegenüber "Heute". Er sei einen Tag in der Woche in Bildungs- und Forschungseinrichtungen unterwegs und habe regelmäßig Gespräche mit der Standesvertretung. Er räumte ein, dass es Verbesserungsbedarf gebe und Lehrpersonal Entlastungsmaßnahmen brauche, "aber ich teile diese Einschätzung in keinster Weise".

    "Ich glaube, man muss hier schon auch die Kirche im Dorf lassen."

    Sind unsere Lehrer also topmotiviert und haben Spaß am Beruf? Diese Frage bejahte der Minister und sagte: "Ich glaube, man muss hier schon auch die Kirche im Dorf lassen. Wir haben schon ein sehr gut funktionierendes System, aber wir müssen natürlich alles tun, um es besser zu machen." 

    Ein großer Teil der Lehrerschaft beklagt sich etwa über zu viel Bürokratie und großen Verwaltungsaufwand. "Mir ist klar, dass hier ein großer Handlungsbedarf besteht", gestand Polaschek ein und betonte, dass er als eine seiner Maßnahmen als Minister den Verwaltungsaufwand zurückgenommen habe. Seitdem sei man im intensiven Austausch mit der Standesvertretung und Lehrergewerkschaften, wo weitere Entlastungsmaßnahmen gesetzt werden können. Konkrete Ideen konnte der VP-Politiker nicht nennen, aber die Reduktion des Verwaltungsaufwands sei ihm "ein großes Anliegen".

    Lehrermangel wird andauern

    Auch der Personalmangel gehört zu den großen Baustellen im Bildungsministerium. Bei einer Pressekonferenz Anfang August ließ Polaschek wissen, dass rund 200 Lehrerposten unbesetzt seien. Kurz vor dem Schulstart sagte der Minister gegenüber "Heute", dass es weiterhin einen Lehrerbedarf gebe – doch auch Deutschland und die Schweiz würden mit dieser Problematik kämpfen. Trotzdem gab er sich zuversichtlich: "Die Meldungen, die wir aus den Bildungsdirektionen erhalten, gehen dahin, dass wir alle Unterrichtsstunden durchführen werden", so Polaschek.

    Auch künftig werde es einen Bedarf an Lehrkräften geben. "Wir werden in den nächsten Jahren etwa 4.000 bis 5.000 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr brauchen", rechnete der Minister vor. Er geht von einem Zeitraum von fünf Jahren aus, "wir werden in dieser Zeit ungefähr 20.000 Stellen ausschreiben".

    Das Bildungsministerium setzt zu Schulbeginn weiterhin auf das Stoßlüften. Es sei die effizienteste Maßnahme, um saubere Luft zu gewährleisten und das Infektionsrisiko in Schulklassen zu senken.
    Das Bildungsministerium setzt zu Schulbeginn weiterhin auf das Stoßlüften. Es sei die effizienteste Maßnahme, um saubere Luft zu gewährleisten und das Infektionsrisiko in Schulklassen zu senken.
    Helmut Graf

    Stoßlüften "eine sehr gute Maßnahme"

    Weiters fordern Lehrer, aber insbesondere auch Eltern, CO2-Messer und Luftreiniger in Klassen, vor allem seit Beginn der Pandemie. Immer wieder hört man aus Bildungsdirektionen – und nun auch aus dem Bildungsdirektionen –, dass das Stoßlüften die effizienteste Maßnahme, um saubere Luft zu gewährleisten und das Infektionsrisiko, etwa bei Corona, zu senken. 

    "Stoßlüften ist eine sehr gute Maßnahme" ~ Bildungsminister Martin Polaschek

    "Stoßlüften ist eine sehr gute Maßnahme", so der Bildungsminister auf die Frage, warum er Luftreinigern eine Absage erteilt. Außerdem würden wir in Zeiten der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung leben, "und es sollte eigentlich unser Ziel sein, Energie einzusparen, wo immer es möglich ist". Dass die Initiative Gesundes Österreich (IGÖ) das Stoßlüften als ineffizient bezeichnete und Länder wie Belgien oder Frankreich CO2-Messpflichten und Gesetze zur Verbesserung der Luftqualität an Schulen auf den Weg gebracht haben, ließ den Minister unbeeindruckt. "Es sind zwei Länder, die sich für einen solchen Weg entschieden haben. In der EU gibt es mehr als zwei Länder, viele andere tun es nicht, die werden sich vielleicht auch etwas dabei gedacht haben", konterte Polaschek trocken. 

    Mangel an Schulpsychologen

    Pandemie, Krieg und Teuerungen – all das hat auch bei Kindern seine Spuren hinterlassen. Immer wieder kritisiert man, dass es an entsprechenden Ansprechpersonen für psychisch angeschlagene Kinder und Jugendliche gibt – teilweise haben Bildungseinrichtungen keinen einzigen Schulpsychologen. "Mir ist die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler ein sehr großes Anliegen", unterstrich der Bildungsminister. Man habe die Zahl der Schulpsychologen im Jahr 2021 um zehn Prozent erhöht und das schulpsychologische Unterstützungspersonal von 120 auf 240 aufgestockt. "Wir haben hier jedoch nur begrenztes Personal zur Verfügung. (...) Es braucht hier langfristige Strategien", so Polaschek.

    Das vollständige Gespräch mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP):

    "Heute": Herr Bildungsminister, in einem "Standard“-Interview haben Sie letztens gesagt, das Bildungssystem werde "regelmäßig strukturell krankgejammert“. Österreichs Schulen seien im Großen und Ganzen gut. Stimmt das? Ist echt alles nur Gejammere?

    Martin Polaschek: Ja. Österreich Schulen sind sehr gut. Wir sind gut aufgestellt und haben höchst motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben höchst motivierte Schülerinnen und Schüler. Es gibt natürlich immer Änderungsbedarf, ein Schulsystem muss natürlich immer in Bewegung bleiben, weil sich auch die Gesellschaft ändert. Aber Österreichs Schulen sind besser, als immer wieder geschrieben wird und wir können stolz darauf sein, wie gut Österreichs Schulen sind.

    Laut einer aktuellen Erhebung des Neos Lab sind nur ein Drittel aller Lehrenden in Österreich im Job zufrieden. Dieses Ergebnis ist doch eigentlich ein glattes „Nicht genügend“, Herr Minister.  Was wollen Sie als Arbeitgeber dieser LehrerInnen dagegen tun?

    Das ist eine Umfrage, die eine Oppositionspartei über einen eigenen Think-Tank in Auftrag gegeben hat – das stimmt nicht mit dem Bild überein, das ich habe und ich bin mindestens einen Tag in der Woche in Bildungs- und Forschungseinrichtungen unterwegs und in einem regelmäßigen Austausch mit der Standesvertretung. Und ja, es gibt natürlich Verbesserungsbedarf und ja, Lehrerinnen und Lehrer brauchen Entlastungsmaßnahmen, aber ich teile diese Einschätzung keinsterweise.

    Das Interview mit Minister Polaschek – im Video:

    Das heißt, Ihrer Meinung nach sind Lehrkräfte motiviert und haben Spaß am Beruf, richtig?

    Ja, es sind sehr viele sehr, sehr motivierte Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Arbeit gerne machen. Wir müssen natürlich alles tun, um die Lehrerinnen und Lehrer zu unterstützen, damit sie sich auf das konzentrieren können, was sie tun wollen, nämlich mit den jungen Menschen zu arbeiten. Ich glaube, man muss hier schon auch die Kirche im Dorf lassen, wir haben schon ein sehr gut funktionierendes System, aber wir müssen natürlich alles tun, um es besser zu machen.

    Herr Bildungsminister, immer wieder hört man von einer dramatischen Personalsituation im Bildungsbereich. Wie ist die Lage kurz vor Schulstart? Wie viele Stellen sind unbesetzt?

    Wir werden alle Unterrichtsstunden anbieten können. Wir haben einen Lehrkräftebedarf, das ist richtig – das ist aber in allen mitteleuropäischen Ländern der Fall. Wir wissen, dass es in Deutschland und in der Schweiz genau die gleiche Herausforderung gibt. Wir haben viele Lehrkräfte, die in Pension gehen, wir haben weniger, die nachrücken und wir brauchen einfach entsprechend viele gut qualifizierte junge Menschen. Gerade aus diesem Grund habe ich eine umfangreiche Initiative gestartet unter dem Titel „Klasse Job“.

    Und wie viele Stellen sind jetzt unbesetzt? Haben Sie eine genaue Zahl?

    Die Meldungen, die wir aus den Bildungsdirektionen haben, gehen dahin, dass wir alle Unterrichtsstunden durchführen werden.

    Sie haben die Initiative „Klasse Job“ in Gang gebracht – ein Modell für Quereinsteiger, um eben diesem Problem entgegenzuwirken. Doch wann, glauben Sie, kann die Personallücke geschlossen werden?

    „Klasse Job“ ist mehr als nur ein Modell für Quereinsteiger, es setzt sich aus mehreren Säulen zusammen. Ich habe auch massive Maßnahmen gesetzt, um das gesamte Personalmanagement zu verbessern – etwa im Bereich der Digitalisierung des gesamten Bewerbungsverfahrens. Wir haben außerdem eine grundlegende Reform des gesamten Lehrerbildungsbereichs in Gang gesetzt – Stichwort Verkürzung des Lehrstudiums für die Sekundarstufe und der Quereinstieg ist ein Teil davon. Sie sind aber nicht die einzige Antwort auf den Bedarf.

    Wir werden aber in den nächsten Jahren den Bedarf haben, wir werden in den nächsten Jahren etwa 4.000-5.000 Lehrerinnen und Lehrer pro Jahr brauchen.

    Von wie vielen Jahren kann man sprechen, bis die Lücke vollständig geschlossen ist?

    Wir werden in den nächsten fünf Jahren ungefähr 20.000 Stellen ausschreiben. Die Zahl wird dann etwas zurückgehen, aber wie sie sich dann genau entwickelt, wird sich zeigen.

    Ein großer Teil der Lehrerschaft beklagt sich über viel Bürokratie sowie großen Verwaltungsaufwand. Dies nehme wertvolle Ressourcen in Anspruch, argumentiert man. Werden Sie hier entgegenkommen?

    Mir ist klar, dass hier ein großer Handlungsbedarf besteht und es war auch eine meiner ersten Maßnahmen als Minister, dass ich in einem entsprechenden Erlass den Verwaltungsaufwand, dort wo es möglich war, zurückgenommen habe. Wir sind seitdem im intensiven Austausch mit der Standesvertretung sowie den Lehrergewerkschaften, um auszuloten, wo wir weitere Maßnahmen setzen können, um Lehrerinnen und Lehrer weiter zu entlasten.

    Können Sie uns da schon konkrete Maßnahmen nennen?

    Wir sind aktuell in sehr guten Gesprächen mit der Standesvertretung- Diesen Gesprächen kann und will ich nicht vorgreifen, ich möchte aber unterstreichen, dass auch mir die Reduktion des Verwaltungsaufwands ein großes Anliegen ist

    Ein weiterer Kritikpunkt ist das Thema saubere Luft in Klassenzimmern. Spätestens seit der Pandemie fordert man dort CO2-Messer und Luftreiniger, stattdessen setzen Bildungsdirektionen auf das bekanntlich ineffiziente Stoßlüften. Wieso nehmen Sie dieses für viele Eltern so wichtige Anliegen nicht ernst?

    Stoßlüften ist eine sehr gute Maßnahme. Es gibt verschiedene Untersuchungen dazu, man kann natürlich auch mit entsprechenden Anlagen etwas tun, wir leben aber in Zeiten der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung und es sollte eigentlich unser Ziel sein, Energie einzusparen, wo immer es möglich ist.

    Es läuft gerade an der Universität Graz ein Pilotprojekt, bei dem untersucht wird, wie weit solche Luftreinigungsanlagen Sinn machen und wie wirksam sie sind. Ich bin aber davon überzeugt, dass ein regelmäßiges Stoßlüften auch sehr viel bringt.

    Das finde ich sehr interessant, weil die Initiative Gesundes Österreich (IGÖ) das Stoßlüften zuletzt als „ineffizient und nicht nachhaltig“ bezeichnete. Das Lüften würde den CO2-Wert nur kurzfristig senken. Jetzt gibt es Länder wie Frankreich, das eine CO2-Messpflicht für Bildungseinrichtungen in der Heizperiode verpflichtend eingeführt hat, oder Belgien, wo es ein Gesetz zur Verbesserung der Luftqualität in öffentlich zugänglichen Räumen gibt. Ist Stoßlüften wirklich die effizienteste Maßnahme?

    Wir sind gerade dabei, ein entsprechendes Pilotprojekt durchzuführen. Es gibt zwei Länder, die sich für einen solchen Weg entschieden haben. In der EU gibt es mehr als zwei Länder, viele andere tun es nicht, die werden sich auch etwas dabei gedacht haben. Ich hätte deshalb gerne österreichische Daten dazu, um auf Basis dieser dann die Entscheidung treffen zu können.

    Spielt Corona im Herbst eigentlich noch irgendeine Rolle? Gibt es Empfehlungen oder gar Maßnahmen?

    Wir sind hier immer in sehr intensivem Austausch mit dem Gesundheitsministerium. So wie sich die Lage derzeit darstellt, gibt es keinen konkreten Handlungsbedarf. Der Schulbereich ist natürlich ein Bestandteil des gesamten gesellschaftlichen Bereichs: Sollte es sich zeigen, dass die Pandemie wieder zurückkehrt, werden wir entsprechende Maßnahmen treffen müssen. Wir sind natürlich wachsam, aber nach derzeitigem Stand gibt es keinen Handlungsbedarf.

    Werden Sie Corona-Tests bereitstellen, wenn ein Kind die typischen Symptome aufweist?

    Wir haben in Österreich die Regelung, dass wenn eine Person Corona-Symptome aufweist, sie sich testen lassen kann und die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind. Das was für uns alle gilt, gilt natürlich auch für die Kinder.

    Nicht nur die Pandemie, auch der Krieg in der Ukraine und die aktuellen Teuerungen belasten Kinder und Jugendliche psychisch. An Schulen beklagt man einen Mangel an Schulpsychologen – an manchen Standorten gibt es nicht einmal einen einzigen Psychologen. Wieso lassen Sie die Jungen so dermaßen im Stich?

    Das ist keine Frage, das ist eine Unterstellung. Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen haben eine wichtige Aufgabe und ja, wir müssen alles dafür tun, um die psychische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten. Ich lasse aber nicht gelten, dass ich Kinder und Jugendliche im Stich lasse, das ist eine Unterstellung.

    Herr Minister, es gibt aber Schulen, an denen es keinen einzigen Schulpsychologen gibt. Wie wollen Sie dagegen vorgehen?

    Wir haben die Zahl der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen im Jahr 2021 um zwanzig Prozent erhöht haben. Wir haben außerdem das schulpsychologische Unterstützungspersonal verdoppelt, und zwar von 120 auf 240. Wir müssen gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium weiter Lösungen finden, wie wir auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen noch besser eingehen können. Mir ist die psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler ein sehr großes Anliegen, deshalb bemühen wir uns auch, entsprechend Lehrpersonal zu sensibilisieren. Wir haben hier jedoch nur begrenztes Personal zur Verfügung, wir bräuchten mehr qualifizierte Personen. Es braucht hier deshalb langfristige Strategien.

    Laut AK und Volkshilfe werden Schulstart und die laufenden Kosten für immer mehr Eltern zur Belastung. Ein einfaches Schulstart-Paket kann 100 bis 300 Euro kosten. Sind weitere Geld-Pakete und Entlastungsmaßnahmen für Familien geplant?

    Das sind Themenbereiche, die über das Sozialministerium entsprechend abgewickelt werden, das ist nicht in meinem Verantwortungsbereich als Bildungsminister. Es ist der Bundesregierung jedenfalls ein großes Anliegen, dafür Sorge zu tragen, dass auch Familien entsprechend gut durch die Teuerungen kommen.

    Einen großen Teil der laufenden Kosten bildet die Nachhilfe. Laut AK-„Nachhilfebarometer“ erhalten 20 Prozent der Schüler keine Nachhilfe, weil sich ihre Eltern diese nicht leisten können. Wäre es da nicht besser, Nachhilfe in der Schulzeit – etwa am Nachmittag – oder in den Ferien anzubieten?

    Es gibt verschiedenste Angebote, etwa Förderstunden und Online-Angebote. Es gibt die Plattform „weiterlernen.at“, wo wir heuer 10 Millionen Euro zusätzlich in die Hand genommen haben. Hier gibt es die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler, die Unterstützungsbedarf haben, sich über diese Plattform Hilfe holen. In Ergänzung dazu gibt es Förderstunden in den Schulen und ich darf auch an die Sommerschule erinnern, die wir eingeführt haben, um Schülerinnen und Schülern zu unterstützen.

    Sie werden mir aber zustimmen, dass 20 Prozent ein großer Anteil an Eltern ist, die sich für ihre Kinder keine Nachhilfe leisten können?

    Wenn Sie sich die Studie genauer anschauen, sehen Sie, dass diese Studie nur davon ausgeht, wer sich eine Nachhilfe nicht leisten kann. Wenn man sie sich genau durchliest, erkennt man, dass Nachhilfe sehr oft auch in Anspruch genommen wird, obwohl der Bedarf nicht da ist. Ich darf an Interviews mit Lehrerinnen und Lehrern erinnern, die sagen, dass in Österreich der tatsächliche Bedarf an Nachhilfe, weil Kinder ein Nicht Genügend haben, nicht größer ist als in anderen Ländern und dass wir eigentlich genügend Maßnahmen setzen, dass gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten mit dem vorhandenen Angebot sehr wohl diesen Bedarf decken können.

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