Kogler in der Krise
"Schäbiges Schauspiel" – Grünen-Chef zürnt im ORF
ÖVP, SPÖ und NEOS wollen gemeinsam regieren – und könnten dabei alles einstampfen, was die Grünen unter Ex-Vizekanzler Werner Kogler erkämpft haben.
Neos rein, Grüne raus: Wochen nach der Nationalratswahl und nach vielen Zweier- und Dreiergesprächen von ÖVP, SPÖ und NEOS gab Bundeskanzler Karl Nehammer bekannt, dass eine "Austro-Ampel" als "Koalition der Vernunft" kommen soll und deshalb entsprechende Regierungsverhandlungen aufgenommen werden. In den nächsten Wochen soll dazu in sieben "Cluster" thematisch erarbeitet werden, was die Dreier-Regierung erreichen will. Dabei könnten zahlreiche Projekte unter die Räder kommen, die die Grünen zuvor erkämpft hatten.
Durchgedrungen ist bereits, dass das große Klimaschutzministerium zerschlagen werden soll. Zudem kündigte der Kanzler an, dass sich die Grünen mit Alleingängen wie jenem von Ministerin Leonore Gewessler beim EU-Renaturierungsgesetz selbst aus dem Rennen um eine Zusammenarbeit gebracht habe. Entsprechend könnten auch künftige Grünen-Bemühungen auf wenig Gegenliebe bei der Regierung stoßen. Dazu nahm Ex-Vizekanzler und Partei-Chef Werner Kogler am Donnerstagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf Stellung.
Die geheime Liste! "Heute" kennt das Ampel-Personal
"Da hat die ÖVP ins Leere gegriffen"
"Also es sind sehr viele Erfolge erreicht worden in dieser Periode, da kann man auch stolz darauf sein", so Kogler. Die ÖVP müsse man allerdings fragen, was sie meine, wenn sie "nicht weiter wie bisher" betone, so Kogler, denn "die Bilanz ist da", es gebe Erfolge im Klimaschutz, die Emissionen würden sinken, und der Öffi_Ausbau laufe. "Wir waren zu durchsetzungsstark", befand Kogler, "gewisserweise" fürchte sich die ÖVP vor den Grünen. "Da hat die ÖVP ins Leere gegriffen", attestierte Kogler zum Thema Gewessler-Alleingang mit angekündigter ÖVP-Anzeige. Die ÖVP habe sich "am Schluss am eigenen Schmäh infiziert".
Und warum seien die Grünen in sechs Landesregierungen aus den Koalitionen geflogen? Sien sie nicht paktfähig? "Es hat sich überall herausgestellt, dass die Grünen sehr viel weiterbringen", so Kogler, nun werde sich zeigen, "was die Schwarz-Blauen zurückdrehen" oder falsch machen. Dann wurde der Grünen-Chef wütend: Immer werde ein Rennen um Platz 1 ausgerufen und behauptet, die FPÖ müsse verhindert werden, so Kogler. "Am nächsten Tag" aber würden dann diese Stimmen hergenommen, um mit den Blauen zu regieren. "Dann ist das Stimmenfladerei", die passiere auch in der Steiermark, wütete Kogler: "Das ist doch ein total schäbiges Schauspiel."
Laut Kogler stehe Nehammer zu seinem Wort
Lob richtete Kogler dagegen ÖVP-Kanzler Karl Nehammer aus, der stehe zu seinem Wort, nicht mit der FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl zu koalieren. "Die Grünen sind verhandlungsfähig und vertrauenswürdig", attestierte Kogler, kommen man ihnen aber nicht entgegen, habe man auch von ihnen in der Opposition kein Entgegenkommen zu erwarten. Das verursachte Loch im Budget der ÖVP-Grünen-Regierung wiederum versuchte Kogler zu umschiffen: Durch multiple Krisen seien massive Ausgaben notwendig gewesen, wobei gleichzeitig Einnahmen wegfielen. Die Kommunikation der ÖVP dazu könne man aber hinterfragen.
"Wir müssen konkurrenzfähig bleiben", man dürfe nicht "mit falschen Klischees Nulllohnrunden" für Staatsbedienstete ausrufen, erklärte Kogler zum entsprechenden Sparvorschlag. Er halte nichts davon, dass im öffentlichen Dienst, wo alle viel leisten würden, nun gespart werden solle. "Ganz sicher" werde Kogler, erklärte er am Ende des Interviews, nicht mehr als Spitzenkandidat für die nächste Nationalratswahl antreten – und am Bundeskongress der Grünen werde er auch nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren. Mögliche Nachfolger(in): Alma Zadic, Leonore Gewessler oder Stefan Kaineder – nicht aber Sigrid Maurer.
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Auf den Punkt gebracht
- Grünen-Chef Werner Kogler kritisierte in der "ZIB2" scharf die geplante "Austro-Ampel"-Koalition von ÖVP, SPÖ und NEOS, die viele grüne Projekte gefährden könnte.
- Er verteidigte die Erfolge seiner Partei, insbesondere im Klimaschutz, und betonte, dass die Grünen verhandlungsfähig und vertrauenswürdig seien, kündigte jedoch an, nicht mehr als Spitzenkandidat für die nächste Nationalratswahl anzutreten.