Politik
"Rote Linie überschritten" – Kanzler tritt erbost auf
Völlig überraschend lud Bundeskanzler Karl Nehammer am Montagabend zur Pressekonferenz. Dabei holte er zu einem Rundumschlag aus.
In einer äußerst kurzfristig angekündigten Stellungnahme wendet sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montagabend an die Öffentlichkeit. Über den Inhalt war im Vorfeld vorerst wenig herauszufinden. Wie "Heute" aber schon vorab berichtete, waren jüngst von der Opposition erhobene Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Alko-Unfall von Personenschützern Nehammers Thema des Pressestatements.
Wie zu Wochenbeginn bekannt wurde, richten die Oppositionsparteien FPÖ und SPÖ Anfragen an Kanzler Nehammer und Innenminister Gerhard Karner. Zwei Cobra-Beamte, die die Kanzlerfamilie beschützen, sollen in alkoholisiertem Zustand vor rund drei Wochen Sachschaden bei einem Verkehrsunfall verursacht haben. Ein anonymes Schreiben sorgt nun zusätzlich für Brisanz: Den unbestätigten Anschuldigungen zufolge, sollen die Cobra-Cops die Nehammer-Kinder beaufsichtigen, Anzüge zur Reinigung bringen oder Pakete von der Post abholen müssen.
Der Kanzler am Wort
Auch für Beobachter kam es überraschend, dass Nehammer selbst nun in dieser Causa in die Offensive geht. Eigentlich für 18.30 Uhr angekündigt, verzögerte sich der Auftritt des Regierungschefs um einige Minuten, ehe er gegen 18.47 Uhr dann tatsächlich auftrat. Es sei eine "rote Linie in der politischen Auseinandersetzung" überschritten worden. Es gehe um den Personenschutz für seine Familie. Zwei Beamten würde ein Fehlverhalten angelastet und diese sähen sich jetzt mit einem Disziplinarverfahren konfrontiert.
"Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass so etwas in der politischen Auseinandersetzung in der Zweiten Republik passieren kann", so Nehammer. Die aktuellen Vorwürfe würden seine Familie massiv in Gefahr bringen. Personenschutz bedeute, dass man einen Großteil seines Privatlebens aufgibt. Es sei "unerträglich", dass in einer parlamentarischen Anfrage einer Partei, die Staatsverantwortung übernehmen will, Einzelheiten über ein Sicherheitskonzept veröffentlicht wird. Anhand der detailreichen Schilderungen sei es möglich, Sicherheitslücken zu entdecken.
"Das geht einem nahe"
Personenschutz suche man sich nicht aus, sondern bekäme ihn vom Verfassungsschutz zugeteilt. "Es fühlt sich nicht gut an, wenn man Personenschutz bekommt". Wenn man Kinder habe, könne man sich vorstellen, wie nahe das einem ginge. Er habe das auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner persönlich im Gespräch mitgeteilt. Das gesamte Vorgehen des politischen Mitbewerbers bezeichnete der Regierungschef im Zuge seines Statements als "niederträchtig".
Es sei auch für seine Kinder in der Pubertät, keine angenehme Situation, ständig von einem Leibwächter beschützt zu werden. Nehammer zeigte sich erbost, dass anhand dieses Schreibens ein Skandal konstruiert werde. Eigentlich müsste er die Öffentlichkeit über ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski informieren. "Das ist die Wahrheit", schimpfte Nehammer vor seinem Abtritt.