Politik
Regierung fordert von Firmen "Solidaritätsabgabe" ein
Die Regierung arbeitet aktuell das Modell einer Solidaritätsabgabe auf krisenbedingte Zufallsgewinne von Energieunternehmen aus.
Am Mittwochabend tagte das Krisenkabinett der Bundesregierung im Bundeskanzleramt ein weiteres Mal. Neben der Regierungsspitze und den zuständigen Minister:innen nahmen Expert:innen aus den Bereichen Sicherheit, Energie, Wirtschaft und Arbeitsmarkt teil, unter anderem E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch, Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt, IHS-Direktor Klaus Neusser sowie Josef Baumgartner, Senior Economist des WIFO.
Ziel der Beratungen ist es, sich anhand der Einschätzungen von Expert:innen sowie der zuständigen Ministerien auf Zukunftsszenarien, die unter anderem im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg stehen, bestmöglich vorzubereiten. Neben einer aktuellen Einschätzung der Sicherheitslage durch das Bundesministerium für Landesverteidigung und das Bundesministerium für Inneres standen Fragen rund um die Energieversorgung, Wirtschaftsprognosen sowie die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Fokus.
Energieversorgung sichern & Energiepreise senken
Nachdem die Bundesregierung das Speicherziel von 80 Prozent mittlerweile deutlich überschritten hat und die Versorgung für Haushalte und Wirtschaft für diesen Winter somit bestmöglich sichergestellt ist, standen nun Vorbereitungen für die nächste Heizsaison im Fokus. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gab dazu einen Überblick über die schon gesetzten Schritte für die Wiederbefüllung der Gasspeicher im kommenden Frühjahr.
Die österreichische Bundesregierung macht sich auf europäischer Ebene für den gemeinsamen Einkauf von Erdgas stark. Hierzu hat die EU-Kommission nun auch einen konkreten Vorschlag vorgelegt. Zudem wurde mit den Vereinigten Arabischen Emiraten die Lieferung von Erdgas für den Winter 2023/24 vereinbart. Aber auch die notwendigen Leitungskapazitäten müssen schon jetzt gesichert werden.
All diese Maßnahmen sind auch wichtig, um die Energiepreise langfristig zu senken. Neben dem konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien auf allen Ebenen braucht es dazu auch eine grundlegende Reform des Energiemarkts auf europäischer Ebene. Auf europäischer Ebene bereits beschlossen ist die Solidaritätsabgabe auf krisenbedingte Zufallsgewinne von Energieunternehmen. Die Umsetzung auf nationaler Ebene wird aktuell ausgearbeitet. Zu klären sind unter anderem Fragen, wie etwa die für Zukunft wichtigen Investitionen in Erneuerbare Energien gesichert werden können.
Russland kein verlässlicher Partner
Bundeskanzler Karl Nehammer: "Die multiplen Krisen, vor denen wir derzeit stehen, verlangen unseren vollen Einsatz. Als Politik, aber auch als Gesellschaft. Um die aktuellen Herausforderungen bestmöglich bewältigen zu können, müssen wir koordiniert vorgehen. Beim gestrigen Krisenkabinett haben wir daher gemeinsam mit Expertinnen und Experten aktuelle Themen aus den Bereichen Sicherheit, Energie und Wirtschaft besprochen und Lösungsvorschläge diskutiert."
Vizekanzler Werner Kogler: "Das erste Etappenziel ist geschafft: Unsere Speicher sind gefüllt, die Abhängigkeit von Russland wurde stark reduziert. Und jetzt kümmern wir uns auch um die kommenden Heizsaisonen. Auf lange Zeit wird Russland kein verlässlicher Handelspartner sein. Deshalb haben wir im Krisenkabinett der Bundesregierung die Vorbereitungen für kommende Heizsaisonen und die Energiesicherheit auch für Österreichs Industrie und Gewerbe besprochen. Frei nach dem Prinzip: Kurzfristig pragmatisch die akute Energieversorgung sichern, mittelfristig visionär die radikale Energiewende vorantreiben. Ein weiteres wichtiges Thema war die Einigung der Europäischen Union auf eine Solidaritätsabgabe seitens der Energiekonzerne: Energieunternehmen, die krisenbedingt Zufallsgewinne machen, sollen ihren Beitrag leisten. Deswegen ist es gut, dass die EU-Kommission Vorgaben gemacht hat, die die Nationalstaaten jetzt umzusetzen haben. In den kommenden Wochen werden die Gespräche dazu vertieft. Ich danke den Expert:innen für ihre Einschätzungen, die bei der Bewältigung der multiplen Krisen unerlässlich sind."
Arbeitsminister Kocher und Finanzminister Brunner legten gemeinsam mit OeNB Gouverneur Holzmann, IHS-Chef Neusser, Senior Economist Baumgartner (WIFO) und Fiskalratspräsident Badelt die wirtschaftliche Situation Österreichs dar und präsentierten Daten zur Wirtschaftsentwicklung, zum Arbeitsmarkt, Konsum sowie Inflation und Ratings. Der WIFO Konjunkturtest zeige eine Verschlechterung der konjunkturellen Stimmung bei den österreichischen Unternehmen. Trotz Krise könne jedoch laut WIFO, IHS und OeNB auch für das heurige Jahr mit einem Wirtschaftswachstum gerechnet werden. Einbrüche seien für das kommende Jahr insbesondere beim Konsum zu erwarten, was unter anderem auf die Teuerung zurückzuführen ist. Erfreulich sei allerdings, dass mit einem Schuldenabbau trotz der Maßnahmen gegen die Teuerung auch in den kommenden Jahren zu rechnen sei. Themen waren zudem auch die aktuellen Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank und die Federal Reserve in den USA (FED). Diese seien ein effektives Mittel, um der weltweit hohen Inflation entgegenzuwirken, wirken sich aber teilweise auch auf viele laufende Kredite aus. Ende September erreichte die Zahl der unselbständig Beschäftigten einen neuen Rekord mit insgesamt über 4 Millionen Personen (+68.258 gegenüber September 2021). Umgekehrt hatte die Zahl der Arbeitslosen Ende September 2022 den niedrigsten Wert seit rund 10 Jahren. Die mittelfristige Tendenz in den Oktober hinein ist – im Einklang mit dem saisonalen Muster – leicht ansteigend. Im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt sind bisher 14.531 Beschäftigungsbewilligungen für Personen mit Aufenthaltsstatus "Vertriebene" erteilt worden, wovon 10.590 aufrecht sind.