Kreml schießt zurück

Putin will nicht, dass du diese Kriegs-Reportage liest

Der Kreml läuft nach einem Lokalaugenschein im besetzten Sudscha Sturm, lässt seine Propaganda-Maschine auf die Schweizer Reporterin los.

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    Die ukrainischen Streitkräfte haben die russische Kleinstadt Sudscha in der Region Kursk bei ihrer überraschenden Gegenoffensive eingenommen.
    Die ukrainischen Streitkräfte haben die russische Kleinstadt Sudscha in der Region Kursk bei ihrer überraschenden Gegenoffensive eingenommen.
    YAN DOBRONOSOV / AFP / picturedesk.com

    "Heute" veröffentlichte am Dienstag die Reportage von Ann Guenter. Die Chefreporterin des Partnerportals "20 Minuten" berichtete aus der russischen Stadt Sudscha, die unter ukrainischer Kontrolle steht.

    Die Stadt ist nach ukrainischen Bombardements fast verlassen – die wenigen verbleibenden Bewohner sind sich der Ursachen des Krieges nicht bewusst.

    Ukrainische Soldaten versuchen, ihnen die Realität des Konflikts zu vermitteln, indem sie Fotos aus der Ukraine im Stadtzentrum aufhängen. Sudscha ist ohne Strom und Kommunikation von der Aussenwelt abgeschnitten, während russische Streitkräfte regelmässig die Stadt bombardieren. Die Ukraine betont, dass sie keine dauerhafte Annexion plant.

    VIDEO: Ann Guenter zeigt die Situation in Sudscha

    Der Grenzübertritt der "20 Minuten"-Reporterin schlägt in Russland Wellen. Russia Today (RT), der Auslands-Propagandakanal des Kremls, echauffierte sich ausführlich darüber.

    "'Eindrücklicher Ausflug nach Russland': Schweizer Journalistin überquert illegal Russlands Grenze". So die Schlagzeile des kremlnahen Propagandaportals. Im Bericht heißt es, die russischen Behörden, darunter der Geheimdienst FSB, erwögen strafrechtliche Ermittlungen "gegen die Schweizer Journalistin".

    "20 Minuten"-Chefreporterin wagte sich Anfang September 2024 in das ukrainisch besetzte Russen-Städtchen Sudscha.
    "20 Minuten"-Chefreporterin wagte sich Anfang September 2024 in das ukrainisch besetzte Russen-Städtchen Sudscha.
    20 Minuten / Ann Guenter

    "Teil der westlichen Propaganda"

    In der Darstellung von RT ist die Berichterstattung aus der neutralen Schweiz "Teil der westlichen Propaganda". Dazu wird behauptet, Ann Guenter habe illegal die russische Grenze überschritten und russische Bürger unter dem Druck ukrainischer Soldaten befragt. "20 Minuten" betont, man habe keine Kenntnis von einer offiziellen Untersuchung russischer Behörden.

    Russia Today kritisiert die Berichterstattung von "20 Minuten" als "Teil der westlichen Propaganda", indem es behauptet, Ann Guenter habe illegal die russische Grenze überschritten und russische Bürger unter dem Druck ukrainischer Soldaten befragt. 20 Minuten hat keine Kenntnis von einer offiziellen Untersuchung russischer Behörden.

    Berichte aus Krisengebieten unerlässlich

    Die "20 Minuten"-Chefredaktion wehrt sich gegen die Unterstellung von RT und hält fest: "Unsere Kollegin Ann Guenter wurde gemeinsam mit anderen internationalen Journalisten von der ukrainischen Armee begleitet, um kürzlich eingenommene Gebiete zu besuchen. Diese Tätigkeit ist durch die Rechte geschützt, die Journalistinnen und Journalisten gemäß der Genfer Konventionen und dem Völkerrecht zustehen."

    "Auch wenn ein Besuch der von der Ukraine kontrollierten Gebiete nur mit militärischer Begleitung möglich war, ist ein Augenschein vor Ort die einzige Möglichkeit, der Weltöffentlichkeit aus erster Hand Informationen aus der Konfliktzone zugänglich zu machen. Journalistinnen und Journalisten arbeiten in Krisengebieten unter schwierigen Bedingungen und setzen alles daran, die Realität eines Konflikts zu dokumentieren."

    Verfahren gegen CNN-Journalist

    Wie bereits im August bekannt wurde, hat der russische Geheimdienst FSB ein Strafverfahren gegen den CNN-Journalisten Nick Paton Walsh eingeleitet, der angeblich illegal die russische Grenze im Gebiet Kursk überschritten hatte. Der britische Staatsbürger Walsh war von Russland mit einem Einreiseverbot belegt worden. Ähnliche Verfahren wurden gegen die ukrainischen Journalisten Diana Butsko und Olesya Borowik eröffnet.

    Laut FSB sollen internationale Haftbefehle ausgestellt werden. CNN wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Berichterstattung sei im Rahmen internationaler journalistischer Rechte erfolgt. Ebenfalls laufen Strafverfahren gegen die Journalisten Simone Traini und Stefania Battistini vom italienischen Sender RAI. Dies, weil auch sie nach Sudscha eingereist waren.

    Hintergrund

    Am 6. August stießen ukrainische Truppen überraschend in die westrussische Region Kursk vor. Etwa 130.000 Menschen wurden in der Folge vertrieben.
    Mit der Operation verfolgt Kiew nach eigenen Angaben mehrere Ziele: Russland soll die Region nicht als Ausgangspunkt für eine neue Offensive nutzen können und Moskaus Streitkräfte soll von anderen Gebieten abgelenkt werden.
    Dazu sollen eine Sicherheitszone geschaffen und der grenzüberschreitende Beschuss von zivilen Objekten verhindert werden.
    Auch sollen Kriegsgefangene gemacht und die Moral der ukrainischen Truppen und der Nation insgesamt gestärkt werden.
    Die ukrainischen Truppen haben inzwischen Teile der Grenzregion im Nachbarland unter Kontrolle gebracht. Die russische Armee treibt ihren Aggressionskrieg in der Ukraine derweil ungeachtet voran: Der Osten ist trotz der ukrainischen Offensive weiter Hauptschauplatz der Kämpfe.

    Ukraine greift Russland an: Schäden in und um die Kleinstadt Sudscha

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      Ein russischer Kriegsreporter an der Ortseinfahrt von Sudscha, Region Kursk, am 8. August.
      Ein russischer Kriegsreporter an der Ortseinfahrt von Sudscha, Region Kursk, am 8. August.
      Anatoliy Zhdanov / Kommersant Photo / AFP / picturedesk.com

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        Auf den Punkt gebracht

        • Ann Guenter, Chefreporterin von "20 Minuten", besuchte die ukrainisch kontrollierte Stadt Sudscha in Russland
        • Ihre Reportage wurde auch von "Heute.at" veröffentlicht
        • Der Propagandakanal Russia Today behauptet nun, dass die Reporterin illegal die russische Grenze überquert und russische Bürger unter ukrainischem Druck befragt habe
        • "20 Minuten" wehrt sich gegen die Vorwürfe und betont, dass der Besuch im Rahmen internationaler journalistischer Rechte erfolgte
        red, 20 Minuten
        Akt.