Slowakei

Proteste nach Putin-Besuch – Fico-Regierung am Abgrund

Der slowakische Premierminister Robert Fico sieht sich zunehmend unter Druck. Seit Wochen protestieren Zehntausende seiner Landsleute gegen ihn.
28.01.2025, 13:33

In der Slowakei bahnt sich eine politische Krise an. Seit Wochen protestieren Zehntausende Slowaken gegen die Regierung, die immer mehr eine anti-demokratische und anti-westliche Position annimmt und sich Putin zuwendet.

Auslöser der Proteste war Premierminister Robert Ficos Besuch bei Wladimir Putin kurz vor Weihnachten. Fico selbst wirft der Opposition vor, einen Coup planen zu wollen. Letzten Dienstag plante die Opposition ein Misstrauensvotum, das Fico offenbar nur mit einem politischen Kniff abwenden konnte.

Robert Fico: Vier Amtszeiten, Proteste und ein Attentat

Robert Fico ist zurzeit in seiner vierten Amtszeit als Premierminister der Slowakei. 2018 musste er frühzeitig von seiner dritten Amtszeit abtreten, als er durch Massenproteste unter Druck geriet. Damals war die Ermordung eines Journalisten der Auslöser.

2023 kam Fico wieder an die Macht. Im Mai 2024 wurde Fico bei einem Attentat schwer verletzt. Der festgenommene Verdächtige war ein Dichter, der sich vor allem über Ficos Richtungsänderung weg von der Hilfe für die Ukraine empörte. Ficos Regierung nutzte das Attentat, um härter gegen die "Hasskultur" der Opposition vorzugehen und die Kontrolle über den Fernsehsender RTVS zu festigen.

In jüngster Zeit hat sich Ficos Regierung zunehmend von der EU abgewandt und Russland zugewandt. Tibor Gašpar, ehemaliger Chef der slowakischen Polizei und Parteikollege Ficos, sorgte im Jänner mit einer provokanten Aussage über einen möglichen EU-Austritt für Aufsehen. Im Dezember reiste Fico nach Russland, um mit Präsident Putin über die Energiesicherheit der Slowakei zu sprechen – ein Besuch, der die aktuelle Welle von Protesten auslöste.

Politik-Krimi um Misstrauensvotum

Fico regiert zurzeit mit einer Koalition dreier linken, nationalistischen und populistischen Parteien, wie die BBC schreibt. Diese sind laut Medienberichten mittlerweile zerstritten und besaßen im Parlament nur eine knappe Mehrheit – seit diesem Wochenende sogar diese nicht mehr.

Vergangene Woche versuchte die Opposition, ein Misstrauensvotum gegen Fico einzubringen. Der Premierminister verhinderte die Abstimmung jedoch, indem er ankündigte, während der Sitzung ein klassifiziertes Geheimdienstdokument vorlesen zu wollen – eine Maßnahme, die die Sitzung hinter verschlossene Türen verlegte. Aus Protest verließ die Opposition geschlossen das Parlament, wodurch die Abstimmung scheiterte, wie der "Guardian" berichtet.

Slowakei: Destabilisierung oder Demokratie-Proteste?

Fico behauptete bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, "eine Gruppe von Experten" arbeite auf slowakischem Territorium, "die aktiv am Maidan-Aufstand in der Ukraine beteiligt war". Das würde das geheime Dokument aufzeigen. Der Geheimdienst SIS gab laut der BBC später eine Erklärung ab, in der es hieß, er habe ernsthafte Informationen über eine "langfristige, organisierte Beeinflussungsoperation mit dem Ziel der Destabilisierung der Slowakischen Republik" erhalten.

Eine der ersten Handlungen Robert Ficos bei seiner Rückkehr ins Amt im Jahr 2023 war die Ernennung von Pavol Gašpar, dem Sohn des ehemaligen Polizeichefs Tibor Gašpar, zum Leiter der Behörde, so die BBC.

Ein Oppositionspolitiker sagte, bei dem Dokument handelte es sich lediglich um ein paar E-Mails, die von einer NGO namens "Not In Our Town" stammen. Darin wird eine eskalierende Reihe gewaltfreier öffentlicher Proteste und Blockaden öffentlicher Gebäude vorgeschlagen. Die BBC weiß dies, weil die NGO die Mails auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hat, daran sei "nichts geheim".

Mehrheit im Parlament verloren

Derweil kämpft Ficos Koalition mit sich selbst. Ende letzte Woche haben sich vier Parlamentarier aus der Koalition öffentlich erklärt, Fico nicht mehr unterstützen zu wollen. Zwei davon wurden von ihrer Partei ausgeschlossen, wie Euractiv schreibt. Damit fehlt Fico nun knapp die Mehrheit im Parlament. Seine Koalition besitzt 75 von 150 Sitzen.

Der Oppositionsführer Michal Šimečka von der Progressiven Slowakei stellte fest: "Wir erleben den Zusammenbruch von Ficos vierter Regierung in Echtzeit". Am Dienstag soll eine nächste Misstrauensfrage gestellt werden. Weitere Proteste sind geplant.

{title && {title} } 20 Minuten,red, {title && {title} } 28.01.2025, 13:33
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