Gesundheit
Politiker vergisst nach Corona-Infektion Namen
Der Grüne Abgeordnete Michel Reimon leidet seit einem Dreivierteljahr an den Folgen einer Coronavirus-Infektion, die er selbst nicht bemerkt hatte.
"Zu Beginn des Jahres hat es sich angefühlt, als wäre ich überarbeitet", erzählt der Grüne Nationalratsabgeordnete Michel Reimon im Gespräch mit "Heute". Dann hätte er zum ersten Mal einen epileptischen Anfall erlitten - "quasi aus dem Nichts". Anschließende Tests brachten die erschütternde Diagnose: Antikörper nach einer Coronavirus-Infektion. Trotz regelmäßiger Tests war Reimon vermutlich im Dezember an Covid-19 erkrankt. "Vollkommen symptomfrei, ich kann mich nicht erinnern, etwas gehabt zu haben. Seitdem habe ich die Langzeitwirkung."
Zwar seien dies keine gravierenden Lungenprobleme und auch Geschmacks- sowie Geruchssinn habe er zu keinem Zeitpunkt verloren, aber die totale Erschöpfung, fehlende Worte und ein "komplett beschädigtes Namengedächtnis", reichen auch vollkommen aus.
Sprachlos
"Das Hauptproblem ist die totale Erschöpfung in einer Art und Weise, die man nicht erklären kann", so der 50-Jährige. Für gewöhnlich wisse man, warum man müde ist. Im Fall von Long Covid jedoch nicht, da einer Erschöpfungsphase nicht unbedingt große Anstrengung vorhergegangen sein müsse. "Du gehst zum Supermarkt und wenn du rauskommst, möchtest du dich in die nächste Hauseinfahrt legen und schlafen, weil du die 50 Meter nach Hause einfach nicht mehr gehen willst. Ich kenne nichts Vergleichbares."
„"Du willst dich in die nächste Hauseinfahrt legen und schlafen."“
Hinzu komme die neurologische Entzündung, erzählt der Abgeordnete. "Sprachfindungsstörungen, unter starker Belastung verliert man einfach den Faden." Wörter, die plötzlich fehlen und Sätze, die einfach nicht beendet werden können. Doch damit noch nicht genug: "Was komplett beschädigt ist, ist mein Namengedächtnis. Das war immer schon schlecht, aber das wird noch einmal ein Eck problematischer, wenn es intensiv ist."
Keine Besserung
Selbst nach einem Dreivierteljahr hätte sich daran nicht viel geändert. "Würden wir hier jetzt drei Stunden zusammensitzen und intensiv verhandeln, dann würde man bereits nach einer Stunde merken, dass ich Konzentrationsschwierigkeiten bekomme." Einzig über den Sommer, in der etwas ruhigeren Phase im Parlament, sei es Reimon besser gegangen. "Mit dem Wiedereinstieg im September merke ich es wieder voll."
„"Man würde bereits nach einer Stunde merken, dass ich Konzentrationsschwierigkeiten bekomme."“
Das einzige, dass gegen seine Long Covid-Symptome helfe, sei möglichst viele Ruhe. "Das geht in meinem Job natürlich ganz schlecht." Dafür würden allerdings ein neurologisches Medikament ebenso gegen die hohe Belastung helfen, wie die Impfung.
"Mir wurde es so erklärt: Du kriegst diese Corona-Erkrankung, das Immunsystem bekämpft die Viren und hat gewonnen, merkt das aber nicht und arbeitet immer noch auf Hochtouren. Gegen einen Gegner, den es gar nicht mehr gibt. Das kann die neurologischen Entzündungen auslösen. Die Impfung führt dazu, dass es quasi wieder einen Gegner im Körper gibt, das Immunsystem bekämpft die Impfung und wenn du Glück hast, kapiert es dann, dass es jetzt gewonnen hat und es wird schwächer. Das scheint auch bei mir passiert zu sein. Ich habe mich vor allem nach der zweiten Impfung noch einmal deutlich besser gefühlt."
Impfpflicht der einzige Weg
Bei Impfgegnern kann der Abgeordnete nur den Kopf schütteln. "Wir wissen alle, dass es nur eine Chancenrechnung ist und ich ärgere mich wahnsinnig, wenn jemand sagt, man kann auch als Geimpfter die Krankheit bekommen." Die Wahrscheinlichkeit sei schlicht und einfach eine andere und Reimon finde es unverantwortlich, das wesentlich höhere Risiko einzugehen.
Selbst die Impfdurchbrüche sind für den Long Covid-Patienten kein Argument: "Natürlich gibt es immer mehr Impfdurchbrüche, wenn es immer mehr Geimpfte gibt." Eine große Chance, auch die noch fehlenden Prozent in Österreich zur Impfung zu bewegen, sieht Michel Reimon nicht. Für ihn ist die Impfpflicht der einzige Weg. "Ich habe die drei Pockennarben, wie jeder in meiner Generation und deshalb gibt es keine Pockenimpfung mehr. Deshalb musste meine zehnjährige Tochter nicht gegen Pocken geimpft werden."