Politik

ÖVP sägt am Sessel – Geheimplan für Nehammer-Sturz

Üble Umfragewerte, keine Hoffnung mehr auf den Turnaround: In der ÖVP wird eifrig am Kanzlerstuhl von Karl Nehammer gesägt. Wer ihm nachfolgen könnte.

Heute Redaktion
Karl Nehammer (VP) ist in den eigenen Reihen angezählt.
Karl Nehammer (VP) ist in den eigenen Reihen angezählt.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg, Karl Nehammer: Bekommt Österreich innerhalb von zehn Monaten bald den vierten Regierungschef? Hinter den Kulissen verdichten sich die Gerüchte, dass die ÖVP "ihren" Kanzler zum Abgang bewegen will. Hauptgründe: Ein taumelnder Politkurs, immer üblere Umfragewerte (die in den Ländern für Panik sorgen), lethargisches Agieren in der Energiekrise und Teuerungswelle. Das überhastete Ende der Corona-Quarantäne hat zuletzt zudem viel Unmut erzeugt – und das Fass wohl endgültig zum Überlaufen gebracht.

Quarantäne-Aus als Aufreger

Wie von "Heute" berichtet, hatte sich Nehammer durch das Einstellen sämtlicher Pandemie-Maßnahmen den "Image-Turnaround" erhofft. Alleine: Er hat die Rechnung ohne einen Teil seiner Landeschefs gemacht, die den Sommer-Kassenschlager hinter den Kulissen – wie auch das Expertengremium GECKO – höchst kritisch beäugten und den entsprechenden Verordnungsentwurf an die Medien durchsickern ließen. Sie durchkreuzten somit die Wunsch-Inszenierung (Enthüllung in einer gefälligen Sonntagszeitung, Präsentation beim Sommer-Ministerrat) von Karl Nehammer und seinen Beratern.

Im Kanzleramt wurde es einsam

Zu seinem engsten Kreis zählen mittlerweile nur noch Pressesprecher Daniel Kosak, seine Gattin Katharina (ihr Privat-Fahrzeug hat sogar eine Einfahrtsgenehmigung ins Kanzleramt am Ballhausplatz), Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Daniela Fazekas (Nehammer beförderte seine langjährige Vertraute aus der VP-NÖ unlängst zur Vize-Kabinettschefin und außenpolitischen Kommunikatorin). "Sonst hat kaum noch jemand Zugang zu ihm", sagt ein hochrangiger ÖVP-Funktionär gegenüber "Heute".

Nervosität in schwarzen Ländern

Diese "Wagenburg-Mentalität", zahlreiche Fettnäpfchen ("Alkohol oder Psychopharmaka") lassen nun immer mehr Schwarze rot sehen. Noch klammert sich Nehammer an das Amt und sagte seinen privaten Griechenland-Urlaub ab. "Dass er im Hochsommer – ohne Wahlkampf – bei einer Tour durch die Länder bei den Funktionären 'Klinken putzen' muss, sagt schon sehr viel", meint ein Insider. Durch mehr Social-Media-Videos will ein hemdsärmeliger Nehammer nun den "Kanzler zum Anfassen" mimen und suggerieren: Die Stimmung ist gut.

"Sobald Hanni den Daumen senkt, ist es aus …"

Der mühselig inszenierte Friede könnte nur eine Verschnaufpause darstellen: Zwei Monate vor der Tirol-Wahl (25.9.) liegt die VP laut Umfrage für die "Krone" bei nur mehr 29,1 Prozent – ein Minus von 15 (!) Prozentpunkten im Vergleich zu 2018. Nächstes Jahr stehen Wahlen in NÖ, Kärnten, Salzburg an. "Sobald Mikl-Leiter, die im Jänner 2023 wählen muss, nach Tirol offiziell den Daumen senkt, ist es aus", so ein Stratege.

Kocher und Edtstadler als Alternativen

Doch wie sehen die Alternativen zu Nehammer aus? Ohne Neuwahlen dürfte ein weiterer Kanzlerwechsel schwierig bis unmöglich sein. Einzige Option: In den krisenhaften Wintermonaten verständigt man sich auf ein "unbelastetes Regierungsmitglied" fürs Kanzleramt. Wer das sein könnte? Drei Namen kurisieren derzeit:

Bisher fehlerlos: Karoline Edtstadler (VP)
Bisher fehlerlos: Karoline Edtstadler (VP)
Helmut Graf

➤ Karoline Edtstadler: Frau, Juristin, bisher ohne Fehler. Sie hat die Impfpflicht-Debatte politisch unbeschadet überstanden, sammelt mit Hund und neuem Partner am Society Parkett auch eifrig Personality Punkte. Das entging manchen Nehammer-BeraterInnen nicht: Edtstadler wurde "kaltgestellt" – statt ihr trat zuletzt häufig Susanne Raab in Erscheinung; Hund "Stuppi" sollte häufig im Körberl bleiben.

Beste Beliebtheitswerte: Martin Kocher (VP)
Beste Beliebtheitswerte: Martin Kocher (VP)
Sabine Hertel

➤ Martin Kocher: Er leitet bereits das "Super-Ministerium" (Arbeit und Wirtschaft) der Türkis-Schwarzen, hat die besten Image-Werte, jedoch ein möglicherweise entscheidendes Manko: Er ist kein ÖVP-Parteimitglied.

Magnus Brunner könnte auch in seiner Heimat gebraucht werden.
Magnus Brunner könnte auch in seiner Heimat gebraucht werden.
Sabine Hertel

➤ Magnus Brunner: Der ruhige Finanzminister aus dem Ländle wurde zuletzt vom "Standard" als Kanzleramts-Aktie gehandelt. Ihn könnte man jedoch schon bald in seiner Heimat Vorarlberg brauchen, wo Markus Wallner (derzeit im Krankenstand) nicht mehr ins Amt zurückkehren dürfte.

Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer
Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer
Helmut Graf

➤ Ein Quereinsteiger aus der Wirtschaft: Sowohl ein honoriger Manager mit "Staatsmann-Image" als auch Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer persönlich scheinen ohne Neuwahlen derzeit nicht realisierbar.

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com