Politik

Österreich importiert Gas wieder zu 71 % aus Russland

Die Abhängigkeit von Gas aus Russland ist im Herbst von 79 Prozent auf 21 gesunken. Mittlerweile ist der Fortschritt fast wieder weg.

Leo Stempfl
Am 27. Oktober reisten Bundeskanzler und Minister nach Abu Dhabi, um die Gas-Quellen zu diversifizieren. Der zwischenzeitlich gemachte Fortschritt hat sich aber wieder fast vollständig umgekehrt.
Am 27. Oktober reisten Bundeskanzler und Minister nach Abu Dhabi, um die Gas-Quellen zu diversifizieren. Der zwischenzeitlich gemachte Fortschritt hat sich aber wieder fast vollständig umgekehrt.
Montage: BKA

Große Jubeltöne drangen erst Ende November aus den Ministerien: Wir Österreicher, gemeinsam, hätten durch vereinte Kräfte und Sparsamkeit beim Gasverbrauch einen "großen Schritt aus der Abhängigkeit von Russland" geschafft. "Anfang Februar waren es noch 79 Prozent – im September sind wir auf 21 Prozent runter!", freute sich Energieministerin Leonore Gewessler auf Twitter.

Klar sei aber auch: "Wir sind noch nicht am Ende des Weges angekommen. Wirklich frei sind wir erst, wenn wir ganz auf russisches Gas verzichten können. Daran arbeiten wir jeden Tag unter Hochdruck", fügte die Ministerin hinzu.

Reise nach Abu Dhabi

Bereits einen Monat zuvor sagte Bundeskanzler Karl Nehammer, dass die Abhängigkeit von russischem Gas von 80 auf 50 Prozent reduziert worden sei. Er reiste gemeinsam mit Finanzminister Brunner und Energieministerin Gewessler in die Vereinigten Arabischen Emirate, um durch weitere Lieferländer die Versorgungssicherheit für den nächsten Winter zu sichern.

Wäre es in diesem Tempo weitergegangen, müsste Österreich mittlerweile völlig unabhängig von russischen Gas-Lieferungen sein. Immerhin besteht seit Februar ein EU-weites Embargo auf Rohöl und raffinierte Erdölerzeugnisse aus Russland. Die Einnahmen aus Gas-Lieferungen finanzieren natürlich auch den Krieg in der Ukraine.

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    Nehammer und Gewessler fliegen mit dem Embraer-Jet, den auch die Queen schätzte. 
    Nehammer und Gewessler fliegen mit dem Embraer-Jet, den auch die Queen schätzte.
    picturedesk.com ("Heute"-Montage)

    Gas zu 71 Prozent aus Russland

    Ein Blick ins offizielle Infoportal zur Energiesituation, das vom österreichischen Energieministerium unter "energie.gv.at" angeboten wird, zeigt aber das Gegenteil. Zwar sind die Speicher nach wie vor zu fast 75 Prozent gefüllt. Das dürfte aber zum Teil auch daran liegen, dass der Anteil von Gas aus Russland im Dezember 2022 satte 71 Prozent betrug.

    Zum Vergleich: Im März 2022 waren es laut Dashboard noch 81 Prozent, im September und Oktober dann nur mehr 21 bzw. 17 Prozent und im November wieder 38 Prozent. Allerdings: Zieht man die gesamte Import-Menge vom Mai 2022 als Vergleichswert heran, so wurde im Dezember nur mehr 47 Prozent dieser Gesamtmenge importiert. Die absolute Menge an russischem Gas ist trotzdem um ein vielfaches Höher als noch im Herbst (siehe Grafik unten).

    Gas-Importe nach Österreich.
    Gas-Importe nach Österreich.
    energie.gv.at

    Energieministerium: "Abhängigkeit deutlich gesunken"

    Seitens des Energieministeriums heißt es gegenüber "Heute", dass der monatliche Anteil wegen der sich ständig verändernden Rahmenbedingungen sehr schwanke. Der Anstieg auf 71 Prozent im Dezember habe mehrere Ursachen.

    Österreich benötige derzeit nämlich deutlich weniger Importe, da der Gasbedarf aus den nahezu vollen Speichern verwendet wird. Nachdem insgesamt deutlich weniger Gas importiert wird, steigt prozentuell der Anteil von russischem Gas deutlich stärker als in absoluten Zahlen. Zudem werde derzeit wenig bis kein Gas aus Deutschland und Italien nach Österreich geliefert, weil viele europäische Länder deutlich kleinere Speicher besitzen und deswegen in der kalten Jahreszeit viel stärker auf Lieferungen angewiesen sind.

    "Durch die stark verringerten Gesamtimportmengen wirken sich die leicht gestiegenen Gasliefermengen aus Russland prozentuell stärker aus. Pipeline-Lieferungen werden in der Regel mit den Preisen des Vormonats gehandelt. Im November waren die Preise vergleichsweise niedrig, dementsprechend war es wirtschaftlich attraktiver, Pipelinegas zu kaufen."

    Die Abhängigkeit sei nichtsdestotrotz "deutlich gesunken", das Gas in den Speichern stamme zu einem geringeren Teil aus Russland als in den vergangenen Jahren. Die OMV habe zudem in ihrer Bilanzpressekonferenz einmal mehr bestätigt, dass sie ihre gesamten Lieferverpflichtungen aus nicht-russischem Gas erfüllen kann, weil sie im Sommer zusätzliche Leitungskapazitäten gekauft hat.