Politik
Niemand in der ZIB2 kannte wichtige ÖVP-Politikerin
Kuriose Szenen in der ORF-"ZIB2" am späten Mittwochabend: Moderator Armin Wolf begrüßte den Gast damit, dass sie eigentlich niemand im Studio kannte.
Mit einer Doppelspitze durch Othmar Karas und Karoline Edtstadler ging die ÖVP in die EU-Wahl – nach der Ibiza-Affäre ging Edtstadler jedoch als Ministerin zurück nach Wien, Angelika Winzig übernahm als neue EU-Delegationsleiterin die Verantwortung auf europäischer Ebene. EU-Parlamentsvizepräsident Karas wiederum zeigt sich als parteiinterner Kritiker an der ÖVP-Spitze im Bund und auch zwischen Winzig und ihm krachte es öfters. Bei einem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur scheiterte die Europäische Volkspartei unlängst blamabel – und Karas stimmte dabei als einziger Volkspartei-Politiker gegen die Parteilinie. Wie soll das alles gut gehen und wie wird man sich zur kommenden EU-Wahl aufstellen?
Das sollte am späten Mittwochabend in der "ZIB2" traditionell mit einem Studiogast erörtert werden – nämlich mit Angelika Winzig. Doch der Auftakt war äußerst kurios: Niemand im "ZIB2"-Team wusste nämlich, dass Winzig EU-Delegationsleiterin sei, gestand Moderator Armin Wolf. Sei das nicht ein Problem? Nein, so Winzig, sie sehe ihre Aufgabe "eher nach innen gerichtet", sie sei in verschiedenen Ausschüssen vertreten und es sei viel Arbeit, die Plenarwochen vorzubereiten. "Ich sehe es nicht als nach außen gewandte Aufgabe", so die Politikerin. Außerdem sei sie nicht unbekannt, so Winzig, sie habe über 85.000 Vorzugsstimmen erhalten und habe sich gegen viele Kolleginnen und Kollegen durchgesetzt.
"Unausgereiftes" Gesetz geortet
In Sachen Renaturierungsgesetz, bei dem man als ÖVP gescheitert war und auf Kampffuß mit den Grünen im EU-Parlament stehe, sehe man ein "unausgereiftes" Gesetz mit vielen offenen Fragen, so Winzig. "Da sind viele Lücken in diesem Gesetz." Es gebe mittlerweile 23 Gesetze zum Thema Renaturierung, es wäre "nicht die Eile gewesen". Sie wolle Umweltschutz mit Hausverstand umsetzen, das sehe sie im genannten Gesetz aber nicht vertreten, so die Politikerin. Und wisse Karas das alles nicht, weil er öfters gegen die Parteilinie stimme? "Er hat ab und zu andere Meinungen zu Themen", so Winzig, er sei aber ein "sehr erfahrener Politiker" – und letzten Endes habe jeder Politiker ein freies Mandat, sei nur den Wählern verpflichtet.
Sei das für die Wählerschaft nicht trotzdem sehr verwirrend, wenn man sich nicht einmal innerhalb einer Partei zu so wichtigen Themen einig sei? Man stimme in sehr vielen Bereichen überein, so Winzig, es gebe aber auch Themen, wo die Meinungen abweichen würden. "Wir haben ein unabhängiges Mandat", so die Politikerin, "wir diskutieren das in der Fraktion, wir diskutieren in der Delegation", aber dann müsse jeder und jede Abgeordnete selbst entscheiden. Kurios, wie Moderator Wolf aufdeckte: Karas stimmte, wenn er gegen die allgemeine ÖVP-Linie stimmte, so wie die Grünen in Wien ab – die übrigen ÖVP-Politiker dagegen in diesen Fällen immer so wie die FPÖ.
"Ich hab keine Ahnung, ich weiß es nicht"
In Sachen Schengen-Veto erklärte Winzig, die Blockade ende dann, "wenn sie die Hausaufgaben gemacht haben und reif für den Beitritt sind". Zu Pushback-Vorwürfen verwies die Politikerin wiederum darauf, dass diese in Prüfung gewesen seien – und wenn ein Land diese selbst überprüfen wolle, sei das besser, als wenn es aufoktroyiert werde. Seien Pushbacks nur dann illegal, wenn sie mit Gewalt geschehen würden? Winzig befand Pushbacks zwar generell illegal, ihr fehle aber "eine Definition" des Ganzen. Und: Ihrer Meinung nach solle Ungarn trotz schwerer Vorwürfe die Ratspräsidentschaft übernehmen. Viktor Orban solle damit an seinen Taten gemessen werden, anstatt dass man ihm so viel Aufmerksamkeit schenke, so Winzig.
So kurios das Interview begonnen hatte, so skurril endete es auch. "Ich hab keine Ahnung, ich weiß es nicht", sagte Winzig schließlich als Antwort auf die Frage, warum sie gesagt habe, dass sie nicht denke, dass Othmar Karas als Spitzenkandidat bei der kommenden EU-Wahl aufgestellt werde beziehungsweise, ob er ein geeigneter Spitzenkandidat sei. Die Listen zur Wahl würden erst im Herbst gemacht, sie wisse nicht, was bis dahin geschehe und warum Karas nicht geeignet sein solle. Ihr eigenes Ziel konnte Winzig jedenfalls besser beschreiben: Starke erste Kraft werden, viele Vorzugsstimmen einsammeln.