Arzt warnt

Neues Virus – nur so kann Epidemie verhindert werden

Zoonosen stellen auch nach der Corona-Pandemie eine ernstzunehmende Gefahr für den Menschen dar. Wieso und was zu tun ist, erklärt ein Infektiologe.

Heute Life
Neues Virus – nur so kann Epidemie verhindert werden
Der Tiroler Infektiologe Günter Weiss setzt sich für den "One Health"-Ansatz ein.
Montage: iStock, Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Mehr als vier Jahre ist es mittlerweile her, dass die Coronavirus-Pandemie unser Leben von heute auf morgen auf den Kopf stellte. Mittlerweile sind Lockdowns, geschlossene Schulen und überfüllte Krankenhäuser passé. Doch die Gefahr ist bei weitem nicht gebannt, wie der Innsbrucker Infektiologe und Direktor der Uni-Klinik für Innere Medizin, Günter Weiss, warnt.

Denn die Kombination von einem humanen Influenzavirus und einem aviären Influenzavirus (Vogelgrippevirus) könne eine neue, schwere Epidemie oder gar ein neues Virus mit pandemischem Potenzial zur Folge haben.

Genetische Tauschbörse

"Ein Schwein kann mit einer humanen Influenza und gleichzeitig mit der Vogelgrippe infiziert sein. Kommt es dann zu einem Austausch von genetischem Material zwischen den beiden Virusarten, kann innerhalb des Schweines ein neues Virus entstehen", erklärt der Mediziner im "Heute"-Gespräch. Weiss verweist auch auf Fälle von Farmern in den USA, die sich zuletzt durch den Kontakt mit Kühen mit dem Vogelgrippevirus infizierten. "Das zeigt das Potenzial, dass sich das Virus verändert." Damit sei durch weitere Veränderungen des Virus auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich.

Dazu muss es sich um ein Virus handeln, das unser Immunsystem noch nie gesehen hat.

"Dazu muss es sich um ein Virus handeln, das unser Immunsystem noch nie gesehen hat", so Weiss. Dies müsse aber keinesfalls zu einem schweren Verlauf führen oder ähnliche gesamtgesellschaftlichen Folgen das Coronavirus haben. Schließlich sei das bei der Schweinegrippe auch nicht der Fall gewesen.

Keine Panik, sondern Bewusstsein

Damit wolle der Infektiologe jedoch keinesfalls Panik verbreiten, sondern schlicht und einfach ein notwendiges Bewusstsein schaffen. "Sowohl die Gesellschaft, als auch die Medizin sollten wissen, wie man entsprechend reagieren kann. Welche Maßnahmen, Strukturen, Pläne machen Sinn. Diesbezüglich sollten wir in den vergangenen fünf Jahren hoffentlich einiges gelernt haben."

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    <strong>2009</strong> führte eine Influenzavirus-Variante des Subtyps A(H1N1) zu einer Pandemie. Die Erkrankung wurde umgangssprachlich häufig als <strong>Schweinegrippe</strong>, von offiziellen Stellen eher als Neue Grippe, bezeichnet. Im August 2010 erklärte die WHO die Phase der Pandemie für die Schweinegrippe für beendet. Eine Studie, die 2012 in "The Lancet Infectious Diseases" erschienen ist, schätzte die Todesfälle für das erste Jahr, als das Virus zirkulierte, auf 151.700 bis 575.400.
    2009 führte eine Influenzavirus-Variante des Subtyps A(H1N1) zu einer Pandemie. Die Erkrankung wurde umgangssprachlich häufig als Schweinegrippe, von offiziellen Stellen eher als Neue Grippe, bezeichnet. Im August 2010 erklärte die WHO die Phase der Pandemie für die Schweinegrippe für beendet. Eine Studie, die 2012 in "The Lancet Infectious Diseases" erschienen ist, schätzte die Todesfälle für das erste Jahr, als das Virus zirkulierte, auf 151.700 bis 575.400.
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    Entscheidend sei, dass Mensch, Tier und Umwelt in der Medizin zunehmend im Zusammenhang betrachtet werden. Genau darauf zielt der "One Health"-Ansatz an. Die Human- und die Veterinärmedizin seien "zwei schlecht kommunizierende Kreise", so Weiss. Das müsse sich ändern.

    "Black Box" der Tiere

    Die Vogelgrippe sei hier deshalb ein zentrales Thema, weil es sich um eine "schwere Erkrankung unter Vögeln handelt". Rund 50 Prozent der Infektionen enden tödlich. Doch auch andere Zoonosen, wie die Ehrlichiose oder die Tularämie würden immer häufiger in Österreich auftreten.

    Es gibt eine Vielzahl von Infektionen in wilden Tieren, die wir noch gar nicht kennen.

    "Es gibt sehr viele Infektionen, die in Tieren kursieren und auf den Menschen übertragen werden können. Das können Viren genauso, wie Bakterien sein. Wichtig ist, zu wissen, was kursiert." Vor allem deshalb, weil der Lebensraum der Menschen immer mehr zunimmt und der von den Tieren dadurch ab. "Wir rücken näher zusammen, haben mehr Kontakt und wir gehen davon aus, dass es noch eine Vielzahl von Infektionen in wilden Tieren gibt, die wir noch gar nicht kennen. Die sogenannte 'Black Box'."

    Angst vor Tieren brauche man deshalb jedoch keine zu haben. Wichtig sei, Erkrankungen zu erkennen und behandeln, zu impfen und Massenausbrüche auf Tierfarmen zu verhindern. Mit all dem, sollte man rechtzeitig neue Viren erkennen können.

    Auf den Punkt gebracht

    • Der Innsbrucker Infektiologe Günter Weiss warnt vor der Gefahr neuer Epidemien durch Zoonosen, insbesondere durch die Kombination von humanen und aviären Influenzaviren, die ein neues Virus mit pandemischem Potenzial erzeugen könnten
    • Er betont die Notwendigkeit eines erhöhten Bewusstseins und einer besseren Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin, um rechtzeitig auf neue Viren reagieren zu können, ohne Panik zu verbreiten
    red
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