Politik
Neuer E-Mail-Hammer! ÖVP verschickt brisantes Dokument
Steht Türkis-Grün jetzt an der Kippe? Wie "Heute" erfuhr, wurde den Neos irrtümlich ein Mail mit einem brisanten U-Ausschuss-Entwurf zugeleitet.
Eigentlich sollte die Regierung eine Initiative für verpflichtende Microsoft-Office-Schulungen in Österreich anstrengen: Nach der peinlichen Sora-Blamage der SPÖ in der vergangenen Woche hat nun auch die ÖVP ihr E-Mail-Gate. Wie "Heute" erfuhr, ging bei den Neos (bei einem Abgeordneten mit ähnlichem Namen wie ein ÖVP-Klubmitarbeiter) irrtümlich ein brisantes Mail ein. Absender: die Volkspartei, die sich offenbar mit dem Gedanken trägt, einen neuen U-Ausschuss einzusetzen – Dynamit für die türkis-grüne Koalition, denn das Vorhaben bezieht sich explizit auch auf den grünen Koalitionspartner.
16 Jahre Untersuchungszeitraum
Konkret begeht die VP Aufklärung, ob "öffentliche Gelder im Bereich der Vollziehung des Bundes aus sachfremden Motiven zweckwidrig verwendet wurden" – und zwar im Zeitraum von 11. Jänner 2007 bis zum erst zwei Tage alten Oktober 2023. Der unfertige Entwurf ist mit dem 16.9.2023 datiert. Nun liegt der Schluss nahe: Will die Kanzlerpartei die Koalition platzen lassen? Neben SPÖ und FPÖ sollen insbesondere auch grüne Regierungsmitglieder und Staatssekretäre überprüft werden. Im Fokus: beauftrage Umfragen, Gutachten, Studien sowie das Hinzuziehen von Werbeagenturen und Abschließen von Medien-Einschaltungen. Vom eigenen Koalitionspartner etwa prominent genannt: Umweltministerin Leonore Gewessler.
Zwei U-Ausschüsse seit 2020
Käme der neue Untersuchungsausschuss zustande, wäre es der bereits dritte in der laufenden Legislaturperiode. Den Auftakt machte der Ibiza-Untersuchungsausschuss, der am 22. Jänner 2020 eingesetzt worden war und bis zum 22. September 2021 lief. Als Untersuchungsgegenstand wurde die "mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" behandelt. Nur wenige Wochen später schloss der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss an, der am 9. Dezember 2021 eingesetzt wurde und bis zum 27. April 2023 dauerte. Er fokussierte auf Korruptionsvorwürfe gegen ÖVP-Regierungsmitglieder.
Ibiza-Ausschuss sorgte für innenpolitisches Beben
Der Ibiza-U-Ausschuss beziehungsweise sein Endbericht wurde zwar von allen Parteien zur Kenntnis genommen, sein Ergebnis aber recht unterschiedlich analysiert. Während die ÖVP sämtliche Vorwürfe als entkräftet ansah, sprachen die Grünen von einem "erfolgreichen politischen Selbstreinigungsprozess". Die SPÖ wiederum verortete die ÖVP in einer "Parallelgesellschaft", denn der Endbericht habe gezeigt, dass "die 'Kurz-Strache-Regierung' käuflich gewesen" sei – ebenso die NEOS. Die FPÖ warf der ÖVP gar vor, Sachverhalte zu "vertuschen" versucht zu haben.
Beide Ergebnisse polarisierten sehr
Ähnliches Bild auch nach Einstellung des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses. Die ÖVP sprach von nur "dürftigen" Erkenntnissen, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS wollen dagegen ein "systematisches Korruptionsproblem bei der Volkspartei" erkannt haben. So sah sich die ÖVP bestätigt, "dass die Einsetzung des Untersuchungsausschusses rein parteipolitisch motiviert war und "keine Hinweise auf Korruption bei aktiven und ehemaligen ÖVP-Regierungsmitgliedern" gefunden wurden.
"Spezialbehandlung für Superreiche"
Die Grünen und NEOS sahen allerdings ihren Vorwurf des "Postenschachers", eine "Spezialbehandlung für Superreiche" und eine missbräuchliche Verwendung von Steuergeld als erwiesen an. FPÖ und SPÖ wiederum waren sich sicher, "dass die ÖVP ein systematisches Korruptionsproblem hat".
Meinl-Reisinger: "Dringend Neuwahlen"
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärte den Sachverhalt Montagnachmittag ab 15.15 Uhr in Form einer Pressekonferenz. "Ein neuer Tiefpunkt", so die pinke Frontfrau. Sie sieht einen "Koalitionsbruch". Die Österreicher hätten sich dies "nicht verdient", für sie sei es "der Missbrauch eines parlamentarischen Instruments". Meinl-Reisinger donnerte: "Diese Regierung ist am Ende. Wir brauchen dringend Neuwahlen."
"Eine Variante"
ÖVP-Klubobmann August Wöginger stellte gegenüber "Heute" klar: "Es ist kein Untersuchungsausschuss seitens der ÖVP geplant." Es sei "versehentlich ein E-Mail innerhalb der Klub-Mitarbeiter an die falsche Adresse verschickt worden", so Wöginger. Das vorbereitete Papier sei "eine von vielen Überlegungen, die laufend angestellt werden, für den Fall, dass Oppositionsparteien einen weiteren Untersuchungsausschuss planen, damit Einseitigkeiten in der parlamentarischen Aufklärungsarbeit vermieden werden". Nachsatz: "Aufgrund der aktuellen SORA-Affäre der SPÖ wurden Aktualisierungen überlegt. Es entspricht dem Wesen der Politik, dass im Hintergrund viele Varianten vorbereitet, laufend adaptiert und ergänzt werden", so Wöginger.