Politik

Straßen-Hammer: Radfahrer mit mehr Rechten – auch bei R

Am Freitag wurden die Details einer StVO-Novelle bekanntgegeben, die Radfahrern und Fußgängern künftig mehr Rechte einräumt.

Leo Stempfl
Teilen
Verkehrsministerin Gewessler stellte am Freitag die neuen Radfahrer-Regeln vor.
Verkehrsministerin Gewessler stellte am Freitag die neuen Radfahrer-Regeln vor.
apa/picturedesk

Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes steigen immer mehr Menschen auf Öffis und Rad um. Diese Zahlen schlagen sich leider aber auch in den Unfallstatistiken nieder. Die Statistik Austria gab unlängst bekannt, dass es 2021 einen 30-jährigen Höchstwert an verletzten Radfahrern gab. Und das, obwohl das Jahr von harten Lockdowns und Home Office geprägt war. 50 Personen kamen am Rad ums Leben – ein Plus von 25 Prozent gegenüber 2020.

Wohl auch deswegen nahm das Klimaschutzministerium, das auch für den Verkehr zuständig ist, eine Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Angriff. Diese soll umfassende Verbesserungen für das Radfahren und Zufußgehen mit sich bringen. Alle Neuerungen präsentierten Ministerin Leonore Gewessler gemeinsam mit dem ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger und Grünen-Mobilitätssprecher Lukas Hammer.

Ampel-Revolution

"Wir sind ja alle viel unterwegs", beginnt Leonore Gewessler. Die Spielregeln werden von der StVO geregelt, diese stammen allerdings großteils aus den 1960er Jahren. Alle drei Präsentierenden waren damals noch überhaupt nicht geboren. Seitdem hat sich viel geändert.

"Radfahren und Zufußgehen bekommen einen deutlich höheren Stellenwert", denn "die eigene Muskelkraft ist die klimafreundlichste Fortbewegungsart." An den Ampeln wird es eine kleine Revolution geben: Sie müssen so geschalten werden, dass Fußgänger schon nach kurzer Wartezeit und ohne Eile über die Straße gehen können. Wer mit dem Auto unterwegs ist, wird also zwangsläufig öfter und länger warten müssen.

Nächste große Revolution: Für Radfahrer wird das Rechtsabbiegen bei Rot dort erlaubt, wo das gefahrlos möglich ist. In Straßen mit Tempo 30, die breiter als vier Meter sind, darf immer entgegen der Einbahn gefahren werden. 

Neue Straßengattung

ÖVP-Verkehrssprecher Ottenschläger bekräftigt das respektvolle Miteinander aller Straßenverkehrsteilnehmer, um die es geht. In Gemeinden und Städten wird eine neue Straßengattung geschaffen: Die Schulstraße. Zeitlich befristet, etwa in der Früh, darf dort außer Anrainer und Einsatzfahrzeuge niemand mehr durchfahren. Hintergrund ist die Gefährdung durch Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bis vor den Eingang chauffieren.

Außerorts, dort wo etwa 100 km/h gefahren werden darf, gilt fortan ein neuer Sicherheitsabstand gegenüber Radfahrern von zwei Metern (statt bisher 1,5 Metern). Bei baulich abgetrennten Radwegen sollen auch E-Mopeds etc. fahren dürfen. Letztere 1,5-Meter-Grenze bleibt innerorts hingegen aufrecht. Für enge Gassen und 30er-Zonen soll es eine pragmatische Lösung geben.

Auch er weist auf die neue, fußgängerfreundliche Ampelschaltung hin. Außerdem: Das Rechtsabbiegen für LKW ist künftig nur mehr im Schritttempo erlaubt. 

Neues Verkehrszeichen

Grünen-Mobilitätssprecher Hammer geht weiter auf die neue Einbahnregelung ein. Durch ein neues Verkehrszeichen soll das Rechtsabbiegen bei Rot für Fahrradfahrer so ausgestaltet werden können, dass diese kurz stehen bleiben müssen, dann aber Abbiegen dürfen. Bisher war das Nebeneinanderfahren mit dem Rad verboten, bei Kindern unter zwölf Jahren ist das für Erwachsene in Tempo-30-Straßen künftig erlaubt.

In der Vergangenheit wurde bei Rädern jedes einzelne fehlende Ausrüstungsteil (Lichter, Reflektoren etc.) als eigene Strafe eingefordert, das führte zu teils horrenden Strafen. In Zukunft wird es dafür ein Sammel-Delikt mit einer einzelnen Strafe geben. Strikt verboten wird außerdem, dass Teile eines Fahrzeugs in den Radweg hineinragen und so den Verkehr behindern.

Die Novelle ging nun als Entwurf in Begutachtung, konkretisiert Gewessler auf Nachfrage, bis 1. Juni ist diese geöffnet für Stellungnahmen der Bürger. Im Anschluss wird sie finalisiert und ins Parlament gebracht. Im Herbst oder Winter könnte sie also schon in Kraft treten.

1/5
Gehe zur Galerie
    Ministerin Leonore Gewessler reist mit dem Zug via Brüssel und London zur COP26 Klimakonferenz nach Glasgow. Sie ist 27h am Weg.<br>
    Ministerin Leonore Gewessler reist mit dem Zug via Brüssel und London zur COP26 Klimakonferenz nach Glasgow. Sie ist 27h am Weg.
    Heute/Lydia Matzka-Saboi

    Verkehrsbilanz der Statistik Austria
    50 Personen waren mit dem Fahrrad unterwegs, als sie 2021 auf Österreichs Straßen ums Leben kamen. Das sind ein Viertel mehr als 2020 (40 Getötete) und um 52 Prozent mehr als 2019 (33 Getötete). Weitere 9.617 Personen, die mit einem Rad unterwegs waren, wurden verletzt – um 3 Prozent mehr als im Jahr 2020, in dem bereits ein Höchstwert verzeichnet wurde. Nie zuvor in den vergangenen 30 Jahren verletzten sich somit so viele Personen beim Radfahren wie 2021. Mehr als ein Viertel der 2021 beim Radfahren Verletzten und die Hälfte aller mit dem Fahrrad im Straßenverkehr tödlich Verunglückten (24 Getötete) waren mit einem E-Bike unterwegs. Gegenüber dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 (11 Getötete) stieg die Zahl der mit dem E-Bike tödlich Verunfallten somit um 118 Prozent. 46 Prozent aller verunglückten Radfahrerinnen und Radfahrer hatten einen Alleinunfall und waren dementsprechend auch Unfallverursacher. Bei den mit dem E-Bike Verunglückten lag der Anteil mit 51 Prozent noch höher.
    47 Prozent der verunglückten Radfahrerinnen und Radfahrer trugen einen Helm, wobei dieser Anteil in den vergangenen Jahren tendenziell gestiegen ist (2018: 41 Prozent). Der Anteil variierte stark zwischen den Bundesländern (siehe Tabelle 3) und den Altersgruppen. So trug in der Steiermark der Großteil der Verunglückten (63 Prozent) einen Helm, während der Anteil in Vorarlberg mit nur 32 Prozent am geringsten war. In der Altersgruppe der über 85-Jährigen wurde am seltensten ein Helm (27 Prozent) verwendet, knapp gefolgt von den 15- bis 19-Jährigen (28 Prozent). Im Vergleich dazu waren es 49 Prozent bei den 20- bis 64-Jährigen.