Gesundheit
Neue Studie: Darum sind wir im Winter häufiger verkühlt
Forscher konnten einen Immunmechanismus identifizieren, der Erreger in der Nase abtötet. Ist es draußen kalt, wird der Mechanismus schwächer.
Immer mehr Wiener erkranken nun an Influenza oder einem grippalen Infekt: In der letzten Woche gab es laut Grippemeldedienst der Stadt Wien 23.150 neue Fälle – eine Zunahme um 5.300 Neuerkrankungen pro Woche im Vergleich zur letzten Hochrechnung. Die Experten der MedUni registrierten in ganz Österreich einen massiven Anstieg der Influenza-Aktivität. Die Welle war in den letzten Jahren noch nie so stark im Dezember. Gute Nachricht: Die zirkulierenden Influenza-A-Viren sind von der diesjährigen Impfung abgedeckt.
Extrazellulären Vesikeln (EVs)
Doch Keime gibt es das ganze Jahr über – beispielsweise die Sommergrippe, wenngleich sie deutlich seltener auftritt. Warum also erkranken Menschen häufiger an Erkältungen, Grippe und jetzt auch an Covid-19, wenn es draußen kalt ist? In einer neuen Studie, die von Forschern als wissenschaftlicher Durchbruch bezeichnet wird, wurde möglicherweise der biologische Grund für die Zunahme von Atemwegserkrankungen im Winter gefunden.
Die im Journal of Allergy and Clinical Immunology veröffentlichte Studie ergab, dass kalte Luft die Immunreaktion des Körpers schwächt – insbesondere in der Nase, die eine der ersten Kontaktstellen für Atemwegsviren und ein wichtiger Teil der Immunreaktion des Körpers ist. Die Forscher setzten vier Teilnehmer 15 Minuten lang Temperaturen von 4 Grad Celsius aus und maßen dann den Zustand im Inneren ihrer Nasen für die Studie. Es zeigt sich: Dringt ein Virus oder eine Bakterie in die Nase ein, werden sie schnell im vorderen Bereich erkannt, bevor sie den hinteren Bereich erreichen. Die Zellen, die die Nase auskleiden, beginnen sofort mit der Herstellung von Milliarden einfacher Kopien ihrer selbst, den so genannten extrazellulären Vesikeln (EVs).
"EVs fungieren als Köder, wenn man also ein Virus einatmet, bleibt das Virus an diesen Ködern hängen, anstatt an den Zellen zu haften", erklärt der Rhinologe Dr. Benjamin Bleier, Direktor der HNO-Abteilung am Massachusetts Eye and Ear und außerordentlicher Professor an der Harvard Medical School in Boston, der die Studie mitverfasst hat. Die EVs werden dann in Schleim ausgeschieden, da der Körper versucht, die eindringenden Keime zu stoppen, bevor sie weiter in den Körper eindringen und sich vermehren.
Sinkt die Temperatur, sinkt der Immunmechanismus
Wenn die Nase angegriffen wird, steigert sie die Produktion von extrazellulären Vesikeln um 160 Prozent, so die Studie. Es gab noch weitere Unterschiede: Die EVs hatten viel mehr Rezeptoren auf ihrer Oberfläche als die ursprünglichen Zellen, was die Fähigkeit der Milliarden von extrazellulären Vesikeln in der Nase, das Virus zu stoppen, erhöhte. "EVs fungieren als Köder, wenn man also ein Virus einatmet, bleibt das Virus an diesen Ködern hängen, anstatt an den Zellen zu haften."
Herrschen draußen nun kalte Temperaturen, werden die Immunitätsvorteile "im Wesentlichen zunichte gemacht". Nur wenige Grad Temperaturabfall reichten aus, um Immunabwehr zu halbieren. Und die, die übrig bleiben, haben 70 Prozent weniger Rezeptoren. Eine Senkung der Temperatur in der Nase um nur 9 Grad Celsius tötet fast 50 Prozent der bekämpfenden Zellen in den Nasenlöchern ab. "Kalte Luft geht mit einer erhöhten Virusinfektion einher, weil man im Grunde die Hälfte seiner Immunität schon durch diesen kleinen Temperaturabfall verliert", so Bleier.
Maske wärmt und schützt
Um die Produktion von reichlich und wirksamen EVs zu fördern, raten Experten erneut zum Tragen von Masken. "Masken schützen nicht nur vor dem direkten Einatmen von Viren", erklärt Bleier, "sie sind auch wie ein Pullover auf der Nase. Je wärmer man die Temperatur in der Nase halten kann, desto besser kann dieser angeborene Immunabwehrmechanismus arbeiten."