In Österreich wurden bisher keine Fälle der Maul- und Klauenseuche (MKS) festgestellt, alle bislang untersuchten Proben waren negativ. Dennoch ist die Lage angespannt: "Die Situation bleibt für Österreich kritisch", so Virologe Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Die Einfuhr von Tieren sowie tierischen Produkten aus der Slowakei und Ungarn ist aktuell verboten. Was allerdings, wenn infizierte Lebensmittel bereits davor unbemerkt ins Land gekommen sind? Gerüchten zufolge könnte es so auch zu dem letzten großen Seuchenzug der MKS in Österreich im Jahr 1973 gekommen sein. Bauern sollen kontaminiertes Fleisch aus dem Tiefkühler aufgetaut haben.
"Der Mensch ist eigentlich kein empfänglicher Wirt für die Maul- und Klauenseuche", sagt der Virologe. Weltweit seien nur eine Handvoll von Fällen beim Menschen dokumentiert, "die jedoch mit Vorsicht zu genießen sind." Erkranken können hingegen alle Paarhufern, dazu zählen unter anderem Rinder, Büffel, Schweine, Ziegen, Schafe, Alpakas, aber auch Paarhufer unter den Wildtieren wie etwa Rehe und Hirsche.
Das hochansteckende Virus wird durch infizierte Tiere, deren Produkte und deren Ausscheidungen übertragen. "Es reichen schon wenige Viruspartikel für eine Infektion aus", erklärt Nowotny. Diese können über Reifen, Schuhe oder Kleidung weiterverbreitet werden. Doch auch über die Luft. "Das Virus kann bis zu 40 Kilometer weit vom Wind getragen werden. Dagegen ist nahezu jede Sicherheitsmaßnahme wirkungslos." Bei einem Ausbruch müssen alle Tiere dieses Bestandes gekeult werden. Zudem wäre Österreich dann nicht mehr Maul- und Klauenseuche frei, was den Experten von tierischen Produkten einschränken würde.
Eine Theorie, die nicht unwahrscheinlich ist, wie Nowotny sagt: "Alle Viren sind kälteresistent und überdauern jahrelang im tiefgekühlten Zustand. Das gilt auch für die Maul- und Klauenseuche, die extrem umweltresistent ist und deshalb auch über die Luft vertragen werden kann." Der Virologe geht jedoch davon aus, dass dies bei den aktuellen Ausbrüchen in Ungarn und der Slowakei nicht der Fall war. "Dort liegt der letzte Fall bereits ebenfalls so weit zurück, dass Fleisch aus der Tiefkühltruhe keine Rolle mehr spielt."
Wahrscheinlich sei eher, dass eine Person das Virus aus einem endemischen Gebiet, wie der Türkei, Afrika oder Teilen Südamerikas, über infizierte Lebensmittel mitgebracht hat. Abfälle davon könnten dann im Tierbestand gelandet sein.
Dennoch wirft dies die Frage auf, ob das Virus bereits in den heimischen Tiefkühlern oder anderswo lauert. Norbert Nowotny klärt auf:
Ein ebenso großes Problem sieht Nowotny darin, wenn die Tiere in Ungarn und der Slowakei nicht fachgerecht gekeult werden. "Wir können nicht sicher sein, dass die Keulung in diesen Ländern EU-fachgerecht erfolgt. Es ist richtig, das Virus ist für den Menschen ungefährlich, bei einer unkontrollierten Hausschlachtung würden jedoch viele Keime freigesetzt werden, die zu neuen Kontaminationen und damit Ausbrüchen führen könnten – mit indirekten Folgen für Österreich."
Dabei können das seuchensichere Töten und die seuchensichere Entsorgung unterschiedlich aussehen. Ersteres erfolgt jedoch in einem entsprechend abgedichteten Raum. In Österreich werden dazu das Bundesheer und Firmen unter anderem aus den Niederlanden herangezogen.