308 Anfragen

Nacktfoto-Erpressung bei Jugendlichen steigt stark an

Immer mehr Jugendliche melden Erpressungen mit Nacktfotos über Social Media. Rat auf Draht warnt eindringlich vor Online-Sex-Fallen.

Wien Heute
Nacktfoto-Erpressung bei Jugendlichen steigt stark an
Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 Rat auf Draht, warnt vor der Online-Sex-Falle "Sextortion".
Rat auf Draht/Getty Images (Symbolbild)

Im digitalen Raum hat sich für Kinder und Jugendliche ein Thema zur Bedrohung Nummer eins entwickelt, die sogenannte "Sextortion" (eine Wortkombination aus Sex und Extortion = Erpressung). Dies bezeichnet die Erpressung mit Nacktfotos oder -videos, in erster Linie über Social-Media-Plattformen. Die Anzahl der jungen Menschen, die Opfer dieser Online-Sex-Falle werden, steigt rasant, wie die Beratungen von Rat auf Draht zeigen.

30 Prozent mehr Beratungsgespräche

Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der Gespräche zu diesem Thema im Vergleich zum Vorjahr um 29,6 Prozent von 237 auf 308. "Und bereits im ersten Quartal 2024 war mit 101 Anfragen deutlich zu erkennen, dass die Tendenz stark steigend ist", warnt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht.

Organisierte Betrügerbanden überlisten Jugendliche

In der Regel seien es gut organisierte Betrügerbanden, die immer nach demselben Prinzip arbeiten würden, so Satke. Sie geben sich als Mädchen oder junge Frau aus, die mit einer ahnungslosen Person Kontakt über Social Media aufnimmt und einen Chat beginnt. "Schnell geht das Gespräch in die erotische Richtung und es wird vorgeschlagen, sich gegenseitig Nacktbilder zu schicken oder sich in einem Videochat gegenseitig nackt zu zeigen, was die vermeintlich junge Frau dann selbst auch tut. Viele Jugendliche gehen darauf ein, weil es aufregend ist, sie sich sicher fühlen und sich ja beide Seiten intim zeigen", so Satke.

Sobald von dem jungen Opfer Nacktfotos geschickt wurden oder es sich im Videochat nackt gezeigt hat, werde das vom kriminellen Gegenüber gespeichert, mitgefilmt oder Screenshots gemacht.

Mit sofortiger Veröffentlichung bedroht

Sobald die Kriminellen haben was sie brauchen, werde der "Erotik-Talk" sofort beendet und die betroffene Person erhalte eine Nachricht mit der Aufforderung innerhalb eines kurzen Zeitraums Geld zu überweisen. "Bei Nichtbefolgen drohen die Erpresser, das Material zu veröffentlichen und an die Social Media Kontakte der Betroffenen weiterzuleiten", erklärt Satke.

Die Täter sollen dabei mittlerweile aber immer dreister vorgehen. Denn wurde früher etwas zugewartet, so verleihen sie ihrer Drohung nun oft gleich zu Beginn Nachdruck und schicken die intimen Daten direkt nach Bekanntgabe der Erpressung an eine oder mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis der Betroffenen. "Damit wollen sie zeigen, dass sie es ernst meinen", sagt Satke.

Was tun im Fall einer Erpressung

Der psychosoziale Beratungsdienst Rat auf Draht rät, trotz des ersten Schocks, nicht auf Forderungen einzugehen und keinesfalls zu bezahlen. Denn die Erfahrung habe bisher gezeigt, dass das Bezahlen nicht vor der Veröffentlichung schützt. "Ganz im Gegenteil, es folgen danach weitere Forderungen und die Erpressung endet nicht. Außerdem empfiehlt es sich, den Kontakt umgehend abzubrechen und Beweise zu sichern, etwa Screenshots vom Erpressungschat zu machen", so Satke.

Wurden bereits Bilder oder Videos veröffentlicht, sollte dies sofort bei der jeweiligen Plattform gemeldet werden. Onlineplattformen sind durch das KoPl-G (Kommunikationsplattformengesetz) mittlerweile verpflichtet, Inhalte, die in Österreich strafbar sind, innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Satke: "Eine Anzeige bei der Polizei ist ebenfalls anzuraten, da es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt".

Online-Tools sollen vor Upload schützen

Um Erpressungen dieser Art verhindern zu können, empfiehlt Rat auf Draht die Nutzung zweier Online-Tools, die eine Veröffentlichung von Nacktbildern oder Videos verhinder.

"Take it down", für Personen unter 18 Jahren gedacht, verhindert den Upload von intimen Bildern oder Videos auf Instagram, TikTok, Facebook, Onlyfans, Pornhub & Co.

"Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing (STOPNCII), für Personen ab 18 Jahren, verfolgt den gleichen Zweck. Zur Nutzung dieser Tools müssen die Bilder und Videos aber noch auf einem Endgerät gespeichert sein. „Dann wird ein digitaler Fingerabdruck von dem Foto oder Video auf dem Gerät erstellt und an den Dienst übermittelt, der es den Onlineplattformen ermöglicht, intime Bilder oder Videos zu identifizieren und eine Veröffentlichung zu verhindern", erklärt Satke. Die Bilder verbleiben auf dem Gerät des Users und werden nicht hochgeladen. Einen Schritt für Schritt-Anleitung findet sich hier.

Präventive Aufklärungsarbeit besonders wichtig

Bevor es aber überhaupt zu Erpressungsfällen kommt, wird vor allem Aufklärungsarbeit empfohlen, die vor Sextortion und anderen Formen sexualisierter Gewalt im Internet schützen soll. Rat auf Draht arbeite hier präventiv und versuche bei Kindern, Jugendlichen, Eltern und auch Bezugspersonen ein stärkeres Bewusstsein zu schaffen.

Spezielle Medienerziehung könne ebenso hilfreich sein, wie Sexualerziehung im Kleinkindalter. "Je mehr Kinder darüber wissen, umso besser können sie sich schützen und auch entsprechend reagieren. Etwa indem sie klar sagen, dass das, was das Gegenüber tut, nicht in Ordnung und strafbar ist. Für Täter sind selbstbewusste Kinder, die sich zur Wehr setzten, meist weniger reizvoll", so Satke.

Was Eltern konkret tun können, wenn ihr Kind von Sextortion betroffen ist, haben die Expertinnen und Experten der Rat auf Draht Elternseite hier zusammengefasst: https://elternseite.at/de/themen/sextortion-erpressung-online

Über Rat auf Draht
Rat auf Draht ist die erste Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in Not sowie deren Bezugspersonen. Rat auf Draht bietet zwei Dienstleistungsangebote:
Die Notrufnummer 147, die sich ausschließlich an Kinder & Jugendliche richtet, ist in dieser Form Österreichs einziger derartiger Service. Hier finden Österreichs Kinder und Jugendliche 24h Hilfe und Beistand bei allen herausfordernden Situationen des Lebens – kostenlos & anonym. Mit der Chatberatung steht ein zusätzlicher Beratungskanal zur Verfügung. Mehr Infos unter: www.rataufdraht.at
Die Elternseite (elternseite.at) ist ein Unterstützungsangebot von Rat auf Draht für Eltern und Bezugspersonen von Kindern zwischen 0 und 24 Jahren. Sie steht Eltern mit Online-Video-Beratung durch Expert*innen, hilfreichen Informationen und Webinaren zur Seite. Eine Terminbuchung im Onlinekalender ist 24h möglich.
Mehr Infos unter: www.elternseite.at

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    Interpol hat 585 Personen im Zusammenhang mit Cyberkriminalität verhaftet.
    Interpol hat 585 Personen im Zusammenhang mit Cyberkriminalität verhaftet.
    Interpol

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Erpressung mit Nacktfotos und -videos, auch bekannt als Sextortion, ist zu einer der größten digitalen Bedrohungen für Kinder und Jugendliche geworden
    • Die Anzahl der Opfer steigt rasant, wobei gut organisierte Betrügerbanden vorgeben, junge Frauen zu sein, um intime Bilder zu erhalten und damit zu erpressen
    • Betroffene sollten keinesfalls auf die Forderungen eingehen, sondern den Kontakt abbrechen, Beweise sichern und die Polizei einschalten
    • Zudem können Online-Tools helfen, die Veröffentlichung von intimen Bildern zu verhindern, und präventive Aufklärungsarbeit ist entscheidend, um Kinder und Jugendliche zu schützen
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