Um 39 Prozent
Erpressung mit Nacktfotos nimmt bei Teenagern stark zu
Täglich melden sich etwa acht Anrufer zum Thema Gewalt bei "Rat auf Draht". Vor allem Fälle von Cyber-Mobbing und Sextortion sind gestiegen.
Kinder und Jugendliche sind immer stärker von Gewalt betroffen, wie die Zahlen der Notrufnummer "Rat auf Draht" zeigen. In den heurigen ersten drei Quartalen wurden mit Betroffenen bereits 2.176 Gespräche zu diesem Thema geführt. Im gesamten Jahr 2022 waren es 2.935 – eine Zunahme um 16,42 % im Vergleich zu 2021.
Im Schnitt melden sich mittlerweile täglich acht Anrufer:innen zu Gewalt-Themen. "Am häufigsten geht es dabei um Mobbing und psychische Gewalt in der Schule, gefolgt von psychischer und physischer Gewalt in der Familie", erklärt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von "Rat auf Draht". Besonders betroffen sind Elf- bis 14-Jährige, gefolgt von 15- bis 18-Jährigen.
„Neu ist, dass Mobbing häufig nicht 'nur' offline stattfindet, sondern über digitale Medien weitergeführt wird“
Vor allem Mobbing hat nach den Lockdowns und der Öffnung der Schulen deutlich zugenommen. Im Vergleich zum Vorpandemie-Niveau um fünf Prozent (Stand 2022). "Das liegt daran, dass sich die Jugendlichen wieder mehr sehen und das Konfliktpotential dadurch größer ist. Neu ist, dass Mobbing häufig nicht 'nur' offline stattfindet, sondern über digitale Medien weitergeführt wird", meint Satke.
Mit nur einem einzigen Klick können so peinliche Fotos oder feindselige, aggressive Botschaften an eine große Anzahl von Empfängern geschickt oder öffentlich geteilt werden. "Die Hemmschwelle für Mobbing über digitale Medien ist oftmals herabgesetzt, da man die Reaktion der Betroffenen nicht sehen kann und sich somit nicht damit auseinandersetzen muss", so Satke.
Das sind die Bilder des Tages
Anfragen zu Sextortion extrem gestiegen
Aber auch die sexualisierte Gewalt (Cyber Grooming, Sextortion, sexuelle Belästigung) nimmt zu. So stiegen etwa die Anfragen zu Sextortion – die Erpressung mit Nacktfotos oder -videos im Internet – im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 um 39,05 % von 105 auf 146 Beratungen.
Egal, um welche Form von Gewalt es sich handeln mag – Prävention ist besonders wichtig. "Es sollte so früh wie möglich damit begonnen werden. Es ist wichtig, Kinder zu selbstbewussten und selbstständigen Persönlichkeiten zu erziehen und sie über ihre Rechte aufzuklären", berichtet Satke.
„Kindern sollte vermittelt werden, dass sie niemals schuld daran sind, wenn ihnen Gewalt angetan wird“
Laut Satke ist im Hinblick auf sexualisierte Gewalt eine umfassende und altersadäquate Sexualerziehung essenziell. Kinder sollten darüber Bescheid wissen, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen können, dass sie ihren Gefühlen vertrauen können und sie das Recht haben "nein" zu sagen. "Außerdem sollte ihnen vermittelt werden, dass sie niemals schuld daran sind, wenn ihnen Gewalt angetan wird", so Satke.