Es kann jeden treffen
"Recovery Scam" – neue Betrugsmasche kommt auf
Wer auf Internetbetrüger hereinfällt, verliert Geld und schämt sich oft. Eine schnelle Lösung für das Problem kommt in der Verzweiflung wie gerufen.
Dass Betrüger ihre Opfer mit perfiden und ausgeklügelten Methoden abzocken, ist bekannt. Seit einiger Zeit wird aber eine noch perfidere Masche angewendet: der sogenannte "Recovery Scam". Wie die SRF-Sendung "Kassensturz" vergangenen Mittwoch berichtete, werden dabei Opfer eines Betrugs ein zweites Mal abgezockt – und zwar mit einem vermeintlichen Hilfsangebot.
Rund 227.000 Euro durch doppelten Betrug verloren
Der Fall im "Kassensturz" ging so: Ein Mann wurde über ein gefälschtes Inserat auf eine Seite gelockt, das ihm große Gewinne mit riskanten Geldanlagen versprach. Es war ein Scam, der Mann verlor fast 122.000 Euro. Wenig später kontaktierte ihn eine vermeintliche Konsumentenschutzorganisation: Die Betrüger seien gefasst und sein Geld sichergestellt worden. Der Mann war erleichtert.
Doch erneut wollten die mutmaßlichen Retter erst Geld für Gebühren und Ähnliches. Der Mann bezahlte erneut 105.000 Euro, bis ihm auffiel, dass er ein zweites Mal reingelegt und abgezockt worden war.
In den USA schon länger bekannt
CBC News berichtete bereits vor einem Jahr über die Zunahme solcher Betrugsmaschen. "In einem Umfeld, in dem die Menschen sehr verzweifelt sind, sind sie oft eher bereit, das Geld zu zahlen oder sich zu melden und zu versuchen, die Situation so schnell wie möglich zu lösen", sagte Catherine Tabak, Programmmanagerin einer Hotline des kanadischen Zentrums für Kinderschutz, gegenüber dem Sender.
Cyber-Experte vermutet auch bei Leser H.* einen Doppelbetrug
Bei 20 Minuten hat sich kürzlich ein Opfer von Sextortion gemeldet. Auch H.* glaubte, dass ein Team, das er über eine Website kontaktiert hatte, ihn für umgerechnet etwas mehr als 600 Euro aus seiner misslichen Lage befreien könne. Nachträglich hat sich nun aber herausgestellt, dass es sich bei der Website mutmaßlich ebenfalls um Betrüger handelt, die mit den Erpressern unter einer Decke stecken.
Wie der ehemalige Cyber-Ermittler Beni Weder gegenüber 20 Minuten mitteilt, handle es sich hier höchstwahrscheinlich um einen perfiden "Recovery Scam": "Die Betrüger bieten Hilfe an für einen Betrug, den sie selber begangen haben. Das Opfer wird somit doppelt betrogen."
"Recovery Scam verstärkt die bereits vorhandene Verwundbarkeit"
Sie bieten an, gegen eine Gebühr zu helfen, aber letztendlich erbringen sie keine Dienstleistungen: "Stattdessen stehlen sie einfach noch mehr Geld von den Opfern", so Weder. Das Besorgniserregende sei, dass die Opfer bereits durch Sextortion emotional belastet seien: "Der Recovery Scam verstärkt diese Verwundbarkeit, indem er falsche Hoffnungen weckt und weitere finanzielle und emotionale Belastungen verursacht."
Es ist laut Weder wichtig, dass Personen, die Opfer von Sextortion werden, sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden, anstatt auf solche betrügerischen Angebote einzugehen.
Laut Staatsanwaltschaft betrügerische Absicht schwer nachzuweisen
Bloß: Im Fall des betrogenen Herrn, über den der "Kassensturz" berichtet hat, half auch das nichts. Die Oberstaatsanwaltschaft Aargau richtete aus: "Mit der aktuellen Gesetzeslage konnte kein hinreichender Anfangsverdacht abgeleitet werden, dass es sich bei der Firma um eine betrügerische Gesellschaft handelt, die ihre Kunden von vornherein durch arglistige Täuschung zu schädigenden Zahlungen bewegen will." Weder sagt: "Es ist zentral, dass die Menschen sich bewusst sind, dass legitime Unternehmen oder Experten keine Zahlungen für die Wiederherstellung intimer Bilder verlangen würden."