Welt

Nach Tod von Queen – zerfällt jetzt das Commonwealth?

70 Jahre lang hielt Queen Elizabeth II die Ex-Kolonien Großbritanniens zusammen. Jetzt stellt sich die Frage, ob der Commonwealth auch weiter bleibt.

Nikolaus Pichler
Nach dem Tod von Queen Elizabeth ist in vielen Mitgliedsstaaten des «Commonwealth» eine Diskussion um die Zukunft der Länder entbrannt, so auch in Australien.
Nach dem Tod von Queen Elizabeth ist in vielen Mitgliedsstaaten des «Commonwealth» eine Diskussion um die Zukunft der Länder entbrannt, so auch in Australien.
AFP

In den sieben Jahrzehnten ihrer Regentschaft tourte Queen Elizabeth II kreuz und quer durch die Commonwealth-Länder. Sie liebte es, den Kontakt zu den ehemaligen Territorien zu pflegen. Von Tuvalu bis Kanada herrscht nun Trauer. Könnte der Staatenverband zerfallen?

Dem "Commonwealth of Nations" oder kurz Commonwealth, gehören heute 56 Staaten an, von denen 15 den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt haben. Der weltumspannende lose Nationenbund lag Elizabeth II. sehr am Herzen. Einst wurde er gegründet, um den Autonomiebestrebungen ehemaliger Kolonien wie Kanada, Kenia oder Australien entgegenzuwirken. Aber einige Mitglieder, wie zuletzt Barbados, haben sich bereits von der Krone abgewandt und zu Republiken erklärt. Manche glauben, dass der Tod der Langzeitregentin auch andere Länder zum Überdenken der historischen Verbindung zum britischen Königshaus bewegen könnte.

Solange ihre Kräfte es zuließen, reiste die Queen auf der königlichen Yacht über die Weltmeere, um die Untertanen in allen Winkeln der Welt zu besuchen – eine ihrer liebsten Aufgaben. Strahlend fuhr sie an der Seite von Prinz Philip im offenen Wagen durch die Ex-Kolonien und wurde dabei lautstark bejubelt. Aber hat die "imperiale Familie" nach dem Tod von Elizabeth II. noch eine Zukunft? Ein Blick durch die Welt:

Australien

Queen Elizabeth II war die erste britische Monarchin, die das weit entfernte Australien besuchte. Zwischen 1954 bis 2011 reiste sie insgesamt 16 mal nach Down Under. Aber die Beziehung der Australierinnen und Australier zu ihrem royalen Staatsoberhaupt ist seit langem gespalten. Einige schätzen die Tradition, andere möchten sich vom britischen Königshaus lösen. Bei einem Referendum im Jahr 1999 wollten 45 Prozent der Australierinnen und Australier, dass ihr Land zur Republik wird – der Rest stimmte damals noch dagegen.

Der Tod von Elizabeth II. facht nun in Australien die Diskussionen um die Staatsform neu an. Grünen-Chef Adam Bandt drückte dem britischen Königshaus am Freitag in einem Tweet zunächst sein Beileid aus, endete aber mit dem Satz: "Wir müssen eine Republik werden". Die neue Labor-Regierung sprach zuletzt im Juni davon, die Australierinnen und Australier erneut über ein Ende der Monarchie abstimmen zu lassen, will ein solches Referendum allerdings wohl erst in einigen Jahren abhalten. Experten vermuten, dass es dieses Mal Erfolg haben könnte.

Neuseeland

Neuseeland hatte stets eine enge, wenn auch nicht immer einfache Verbindung zur Königin. Als erste britische Monarchin besuchte sie den Pazifikstaat am anderen Ende der Welt bereits 1953. Insgesamt reiste sie zehn Mal nach Neuseeland. Im Jahr 1981 entging sie in Dunedin auf der Südinsel knapp einem Mordanschlag. 1986 bewarfen zwei Frauen in Auckland das offene Auto der Queen mit Eiern – aus Protest gegen einen Vertrag zwischen der britischen Krone und den neuseeländischen Maoris, der 1840 unterzeichnet worden war.

Auch beim Besuch der Queen im Jahr 1990, anlässlich des 150. Jahrestages der Unterzeichnung des Vertrags, gab es Proteste. Obwohl es immer wieder Forderungen gibt, dass Neuseeland zu einer Republik werden soll, gab es bislang keine formalen Schritte dazu. Zuletzt hatte die Partei "Te Pati Maori" im Februar zu einer "Scheidung" von der Krone aufgerufen. Die Partei vertritt die Interessen der Ureinwohnerinnen und Ureinwohner. Ministerpräsidentin Jacinda Ardern würdigte die Queen am Freitag als "außergewöhnlich" und eine Konstante "während beispielloser globaler Veränderungen".

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    Nach ihrem Tod ist die Queen ein Verkaufshit auf ebay. Kaum war der Tod der Monarchin verkündet, gingen zahlreiche Angebote mit Memorabilien online.
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    Screenshots ebay; Collage: heute.at

    Karibik

    In der Karibik schlug der britischen Monarchin zuletzt heftiger Gegenwind entgegen: Barbados erklärte sich Ende vergangenen Jahres zur Republik und brach damit mit dem britischen Monarchen als Staatsoberhaupt. Die Karibikinsel bleibt allerdings Mitglied des Commonwealth. Auch Jamaika spielt mit dem Gedanken, sich zur Republik zu erklären. Bei ihrem jüngsten Besuch in der Region wurden Prinz William und Kate Middleton mit Protesten empfangen. Die Demonstrantinnen und Demonstranten in Belize und Jamaika forderten unter anderem eine Entschuldigung für die Verwicklung der britischen Royals in die Sklavenhaltung von verschleppten Afrikanerinnen und Afrikanern in der Region und Reparationszahlungen.

    In der Karibik ist der britische Monarch derzeit Staatsoberhaupt unter anderem von Antigua und Barbuda, den Bahamas, Belize, Grenada und St. Kitts und Nevis. Die Regierungen der Inselstaaten nannten am Donnerstag Queen Elizabeth II eine "große Staatsfrau, die für Toleranz und Pflichtbewusstsein" gestanden habe. Die Erwartungen an den neuen König Charles III. dürften allerdings groß sein, schreibt die Nachrichtenagentur DPA.

    Tuvalu

    Auch das Südseeparadies ist als parlamentarische Monarchie organisiert und Mitglied des Commonwealth. "Das Ministerium trauert um Königin Elizabeth II.", twitterte das Außenministerium des Inselstaates. In 70 Jahren hingebungsvollen Dienstes habe die Queen "für Stabilität in einer sich ständig verändernden Welt gesorgt". Elizabeth II. hatte Tuvalu im Oktober 1982 besucht. Es war ihr einziger Besuch. Bei zwei Referenden zur Monarchie stimmte 1986 und 2008 die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner für die Beibehaltung der Monarchie. Seit vergangenem Jahr ist das Thema neu aufgeflammt.

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      Nach dem Tod der Queen ändert sich auch die Thronfolge der britischen Monarchie.
      Nach dem Tod der Queen ändert sich auch die Thronfolge der britischen Monarchie.
      imago images/Parsons Media

      Kanada

      Das zweitgrößte Land der Erde, gemessen an der Fläche, hat sich erstmals 1931 nach seiner gesetzgeberischen Unabhängigkeit dem Commonwealth angeschlossen. Die Queen als Staatsoberhaupt wird in Kanada durch einen Generalgouverneur vertreten – seit 2021 ist der Posten mit Mary Simon, erstmals mit einem Mensch indigener Abstammung, besetzt.

      Sowohl Simon als auch Premierminister Justin Trudeau drückten nach dem Tod von Königin Elizabeth II. ihr Beileid aus. "Wenn sie in ihr geliebtes Kanada zurückkam, hat sie immer gesagt: Es ist gut, nach Hause zu kommen", teilte Trudeau mit. "Sie war hier wirklich zu Hause und die Kanadierinnen und Kanadier haben nie aufgehört, diese Zuneigung zurückzugeben." Auch andere Mitglieder der Königsfamilie haben Kanada immer wieder besucht, zuletzt waren im Mai Charles und Camilla dort.

      Afrika

      21 afrikanische Länder sind derzeit Mitglied im Commonwealth of Nations – allerdings ist die britische Monarchin dort nirgendwo Staatsoberhaupt. Kenias frisch wiedergewählter Präsident William Ruto schrieb am Donnerstagabend auf Twitter, "es sei bewundernswert, wie die Queen das Commonwealth in den vergangenen 70 Jahren geführt habe." Sie habe diese Institution in ein Forum für wirkungsvolle multilaterale Zusammenarbeit verwandelt, sagte Ruto weiter. Das Commonwealth könne unbestreitbar den sozialen und ökonomischen Fortschritt voranbringen. Dies sei das historische Vermächtnis der Queen, schrieb Ruto.

      Die Menschen in Ghana hätten sehr gute Erinnerungen an die beiden Besuche von Queen Elizabeth II in ihrem Land, schrieb Präsident Nana Akufo-Addo auf Twitter. Ghana trat dem Commonwealth 1957 nach seiner Unabhängigkeit bei. Die junge Monarchin besuchte das westafrikanische Land zum ersten Mal 1961. Die Queen habe immer daran geglaubt, dass das Commonwealth etwas Gutes in der Welt bewirken könne, so Präsident Akufo-Addo weiter. "Sie war der Fels, der dafür gesorgt hat, dass die Organisation ihren positiven Werten treu bleibt."

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        Queen Elizabeth II. mit ihrem Urenkel Prinz Louis.
        Queen Elizabeth II. mit ihrem Urenkel Prinz Louis.
        Aaron Chown / PA / picturedesk.com

        Commonwealth
        Das Commonwealth ist ein Zusammenschluss von 54 Ländern, die zum größten Teil unter britischer Herrschaft stehen. Bevor sich die Länder im Commonwealth zusammenschlossen, standen sie als Kolonien unter der Kontrolle des britischen Weltreichs. Viele ehemalige Kolonien strebten nach Unabhängigkeit, welche ihnen 1931 mit dem Statut von Westminister gewährt wurde. Die Commonwealth Realms sind 16 weitere Staaten, die neben dem Vereinigten Königreich, den britischen Monarchen noch als repräsentatives Staatsoberhaupt haben. Das Ziel der Commonwealth-Länder besteht darin, Programme zu organisieren, die im Interesse aller Mitglieder sind. Diese Interessen liegen in den Bereichen Wirtschaft, Staat und Bildung. Im "Commonwealth Charter" sind die Werte, Ziele und Prinzipien der Commonwealth-Länder bestimmt. Darunter sind Demokratie, Menschenrechte und Gleichberechtigung der Geschlechter festgehalten.

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