Politik
Nach ÖVP-Skandal – so geht es jetzt weiter
Die Regierung befindet sich nach den Korruptionsvorwürfen in der Krise. Einen Rücktritt schließt Kanzler Kurz aus, die Koalition arbeitet weiter.
Razzien im Kanzleramt, in der ÖVP-Zentrale und im Verlagshaus von "oe24": Es ist ein politischer Supergau, der am Mittwoch seinen Ausgang genommen hat. Es geht um Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit – als Beschuldigte werden der Bundeskanzler Sebastian Kurz und neun weitere Personen geführt – für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Konkret sollen die Beschuldigten Geld für frisierte Umfragen und Berichte in der Tageszeitung "Österreich" mittels Scheinrechnungen bezahlt haben. Basis für die Ermittlungen sind wieder einmal Chatverläufe, die einschlägige Dialoge beinhalten. Die WKStA ermittelt.
"Die SMS habe ich weder geschrieben, noch empfangen"
Sebastian Kurz wies am Mittwochabend alle Vorwürfe zurück. "Es werden SMS-Fetzen auseinandergerissen, in einen falschen Kontext gestellt, und drumherum strafrechtliche Vorwürfe konstruiert", erklärte er gegenüber "Heute". In der "ZiB2" betonte er nochmals, dass er nichts Unrechtes getan habe. "Die SMS, die Sie zitieren, habe ich weder geschrieben, noch empfangen", so der Kanzler.
Kommen jetzt Neuwahlen?
Er und sein Team hätten keine Umfragen gekauft, das könne er "zu 1.000 Prozent ausschließen". Auf die Frage, ob er zurücktreten werde, meinte der 35-Jährige: "Selbstverständlich bleibe ich Kanzler". Und ob die Koalition mit den Grünen weiterarbeiten werde, meinte der ÖVP-Chef: "Ich kann mir beim besten Willen nichts anderes vorstellen."
Sondersitzung am Dienstag
SPÖ, FPÖ und Neos beantragten noch am Mittwoch eine Sondersitzung im Nationalrat binnen acht Tagen. Sebastian Kurz müsse sich vor dem Parlament verantworten. Die Opposition fordert seinen Rücktritt. Laut "Heute"-Infos wird diese Sondersitzung wahrscheinlich am Dienstag stattfinden.
Die Grünen hielten sich am Mittwoch in der ganzen Causa noch zurück. Die Justiz müsse "unabhängig ermitteln können", sagte Vizekanzler Kogler. Am Donnerstag sah die Situation dann anders aus: "Damit ist eine neue Dimension erreicht. Der Eindruck ist verheerend, der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden. Das erwarten sich die Menschen in Österreich. Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund in Frage gestellt. Wir müssen für Stabilität und Ordnung sorgen."
Vizekanzler Kogler und Klubobfrau Sigrid Maurer werden die Klubobleute aller Parlamentsparteien daher zu Gesprächen über die weitere Vorgehensweise einladen. "Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Wir müssen gemeinsam für Stabilität und Aufklärung sorgen und darum möchte ich parteiübergreifend das weitere Vorgehen beraten", so Kogler.
Misstrauensantrag der Opposition
Wenn nur sechs Grün-Abgeordnete abspringen, verliert die Koalition ihre Mehrheit im Parlament. Die Opposition kann dann die Regierung mit einem Misstrauensantrag zum Rücktritt zwingen. Bis zu Neuwahlen (frühestens Anfang 2022) könnte Bundespräsident Van der Bellen wieder einmal eine Expertenregierung einsetzen.
SPÖ, Neos und FPÖ unterstützen einen Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz. Sebastian Kurz müsse sich vor dem Parlament verantworten. Die Opposition fordert seinen Rücktritt.
Kogler und Kurz sind am Donnerstagnachmittag bei Bundespräsident Van der Bellen. Noch ist unklar wie die Grünen auf den Chat-Skandal reagieren werden. Was aber für die Grünen bereits klar ist: "Wir können nicht zur Tagesordnung gehen. Die Vorwürfe wiegen schwer", konstatierte Klubchefin Sigrid Maurer am Donnerstag vor der Krisen-Präsidialkonferenz im Nationalrat.
"Wir haben eine gemeinsame Verantwortung mit allen anderen Parteien, für Vertrauen und Aufklärung zu sorgen", wird sie im "Standard" zitiert. "Diese Gespräche finden statt und ich bitte Sie um Verständnis, dass ich diesen Gesprächen nicht vorgreifen werde."
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