"Man hat mir einen befristeten Vertrag an einem anderen Standort, 47 Kilometer weiter weg angeboten", erzählt ein Mitarbeiter aus dem Lagerhaus Hochwolkersdorf. Sein Name, sagt er, tue nichts zur Sache, denn die Schließung des Standorts betreffe alle Mitarbeiter gleichermaßen.
Schon am 31. Mai wird der Standort geschlossen, heißt es von der RWA in einem diesbezüglichen Schreiben. Darin heißt es: "In der allgemein wirtschaftlich schwierigen Situation stehen wir vor der Herausforderung, unsere Effizienz zu erhöhen, um Sie weiterhin bestmöglich zu servicieren."
"Unsere Motivation ist nicht gerade gestiegen. Das Dach werden wir jetzt nicht mehr reparieren, wenn sie verstehen, was ich meine", sagt der Mann am Telefon. "Heute" wollte wissen, wie es denn nun mit der Belegschaft weitergeht, doch das wüssten die meisten der Kollegen auch nicht: "Jeder von uns überlegt, wie es weitergehen kann. Gleichzeitig sprechen uns besorgte Kunden täglich darauf an. Dabei wurde uns nicht gesagt, was der Grund für die plötzliche Schließung ist."
"Vor 49 Jahren wurde das Lagerhaus in Hochwolkersdorf errichtet und war seither ein Kommunikationszentrum, nicht nur für die lokale Bauernschaft", erzählt Johann Dutter, der Obmann des Bauernbundes Hochwolkersdorf. Um besser telefonieren zu können, parkt er für die Dauer des Telefonats seinen Wagen am Straßenrand. "Wissen Sie, wo Hochwolkersdorf liegt?", fragt er. Im nächsten Atemzug beantwortet er seine Frage auch gleich: "Wie der Name schon sagt, oben am Berg."
Zum nächsten Standort seien es mindestens 30 Minuten Fahrzeit, sagt der Bauernbund-Obmann. "Aber Herr Dutter, wir schauen schon, dass wir das erhalten – davon war nichts mehr zu hören", erzählt der 59-Jährige, der seit 40 Jahren Ortsbauernrat in Hochwolkersdorf ist und deshalb genau weiß, wie es den Menschen mit der Schließung geht.
"Das Lagerhaus war für uns wichtig. Die Leute aus dem Ort haben hier Blumenerde, Bier oder Mineralwasser geholt, die Häuslbauer unter ihnen ihr Baumaterial. Und wir Bauern kauften hier unser Saatgut, den Dünger und lieferten, später im Jahr, die Ernten ab", erklärt Dutter. Dabei habe er alles versucht, doch mit der RWA (Raiffeisen Ware Austria) sei nicht zu reden gewesen.
"Nach Ternitz haben sie uns alle eingeladen. Dann sprachen die Leute der RWA davon, dass sie sparen müssen, dass sie Zusammenlegungen planen", sagt Dutter. "Das hat mich ordentlich getroffen", setzt er nach: "Nach 50 Jahren einfach zu. Aus. Ende."
Dutter war 19 Jahre als, als er Ortsbauernrat wurde. Da gab es das Lagerhaus schon ein Jahrzehnt. Seither habe sich viel verändert: "Die Kleinlandwirte sind praktisch verschwunden. Es gibt nur noch Nebenerwerbslandwirte." Orte wie das Lagerhaus gäbe es kaum mehr. Wo solle man sich auch treffen, wenn die Wirtshäuser und Geschäfte verschwinden?
Verschwunden ist kürzlich auch die persönliche Kundenbetreuung der Raiffeisenbank in Hochwolkersdorf. Die Kunden werden künftig Selbstbedienungsautomaten gegenüberstehen, wenn sie etwas von ihrer Bank wollen.
"Wo soll das alles hinführen?", fragt Johann Dutter und sagt, dass er sauer sei. "Früher sind sie aus den umliegenden Orten zu uns gekommen. Mittlerweile müssen wir selber für viele Dinge nach Ternitz fahren. Bald wird es gar kein Dorfleben mehr geben." Dann überlegt er: "Vielleicht müssen wir uns wieder untereinander organisieren, so wie es zur Zeit der Gründung der Bauerngenossenschaft war."