Tausende Amphibien betroffen

Kröten-Drama bei Krems – "Bagger überfahren Tiere"

Die Amphibienwanderung ist voll im Gange. Freiwillige tragen bei Krems unzählige Kröten über Straße – dort werden sie Opfer von Rodungsarbeiten.
Aram Ghadimi
27.03.2025, 05:00

"So etwas kann doch nicht sein!", sagt Thomas Putzgruber, der Obmann von RespekTiere, einem Verein, der sich seit 1982 für den Schutz von Tieren einsetzt. Putzgruber musste noch vor etwa zehn Jahren sehen, wie tausende Kröten im Kremser Umland überfahren wurden.

"Seither haben wir zusammen mit der Bezirkshauptmannschaft viel erreicht. Jetzt wissen wir aber nicht weiter. Gerade fahren Baufahrzeuge über Kröten, die wir über die Straße tragen", sagt Putzgruber entrüstet.

Letztes Refugium wird gerodet

"In Haizendorf rodet ein lokaler Unternehmer gerade eines der letzten Überbleibsel des Auwalds in der Gegend. Darin befindet sich der letzte Teich der Region, wo sich noch Kröten vermehren können", sagt Putzgruber, der vor Ort ist, als wir ihn am Telefon erreichen, zu "Heute".

Über das Telefon hört man das Getöse der Baumaschinen, während Putzgruber hektisch zusammenfasst, was gerade passiert: "Hier wird in diesem Moment der Landstrich komplett entstellt. Das sind die letzten Reste einer Au, in denen die Kröten ihr Geburtsgewässer haben."

Putzgruber erzählt, dass die Kröten bis zu 10 Kilometer zurücklegen, um zu ihrem Teich zu kommen. Einen anderen gäbe es nicht mehr und man könne sich vorstellen, welche Gefahren den Kröten drohen, bis sie das Wasser erreichen.

Einmal im Jahr wandern Amphibien

Die Wanderungen sind ein saisonales Phänomen, bei dem Kröten und andere Amphibien, insbesondere Erdkröten, auf dem Weg zu ihren Laichgewässern sind. All das passiert während zwei bis drei Wochen im Frühjahr, wenn die Tiere nach den Wintermonaten aus ihren Unterschlüpfen kommen.

Besonders in den Nächten, in denen die Temperaturen mild sind (meist über 5 Grad Celsius), machen sich die Kröten auf den Weg, oft begleitet von Regen und hoher Luftfeuchtigkeit. In der Regel geschieht das zwischen März und April, mit einem Höhepunkt rund um Mitte März.

Dann wandern die Tiere in großer Zahl, von Wäldern und Feldern zu ihren Geburtsgewässern. Deshalb werden in vielen Regionen Schutzzäune aufgestellt, um die Tiere vor dem Straßenverkehr zu schützen.

Ehrenamtliche kämpfen um jedes Tier

"Zahlreiche ehrenamtliche Helfer holen die Tiere aus Kübeln, die wir alle 20 bis 30 Meter eingegraben haben und bringen sie sicher über die Straße", erzählt Tierschützer Putzgruber. "Von dieser Zeit hängt alles ab, ohne die Wanderung ans Wasser kann es keine Fortpflanzung der vom Aussterben bedrohten Tiere geben."

Viele Freiwillige kämpfen jetzt in ganz Österreich um bedrohte Amphibien.
RespekTiere

Die Tierschützer tun alles, um den Kröten zu helfen, klagt Putzgruber, "während der Unternehmer, der seit 50 Jahren den Teich besitzt und genau weiß, dass es die Kröten zum Wasser müssen, die Baufahrzeuge auffahren lässt."

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Dabei werde die Erde verdichtet, die Tiere, die sich eingegraben haben, unter dem Gewicht der Maschinen erdrückt. Anderswo sei der Boden so hart, dass eingraben gar nicht mehr geht. Dort seien die Tiere völlig schutzlos der Sonne und damit der Austrocknung ausgeliefert.

"Von Austrocknung ist auch der ehemalige Auwald gezeichnet", sagt Putzgruber, während die Eschen hinter ihm der Reihe nach fallen. Die Bäume sind Tiefwurzler, mit weitreichenden Seitenwurzeln, die sehr sensibel auf die Senkung von Grundwasserspiegeln reagieren. Sie werden jetzt entfernt, weil sie alle ausgetrocknet sind.

Bezirkshauptmann ist schockiert

In Krems überschlagen sich zur gleichen Zeit die Ereignisse: "Herr Putzgruber war erst vor drei Tagen bei uns", erzählt Günter Stöger, der zuständige Kremser Bezirkshauptmann. Er kennt Putzgruber seit zehn Jahren, sei aber über die laufenden Rodungen noch nicht im Bilde, sagt er zu "Heute" und versichert, dass er sofort nachforschen werde.

"Erst am Montag haben wir über die Krötenzäune gesprochen. Gegenwärtig hilft die Straßenmeisterei mit, damit wir möglichst viele Tiere retten", ergänzt Stöger. Ein Sachverständiger werde möglicherweise eine Geschwindigkeitsbeschränkung in der kurzen Zeit der Wanderung aufzustellen lassen: "Es geht hier ja um höchst schützenswerte Tiere."

Tierschützer fotografierten dieses Krötenpärchen.
RespekTiere

Tierschutz steht in der Verfassung

Das sagt auch der Tierschützer Thomas Putzgruber: "Hier stellt sich der Teichbesitzer über die Landes-, Staats- und EU-Gesetze, denn der Tierschutz ist in unserer Verfassung verankert. Er verletzt damit das öffentliche Interesse, die vom Aussterben bedrohten Kröten zu schützen." Die Rodungen könne er ja auch zwei, drei Wochen später machen.

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