Gesundheit

102 Kinder, 578 Enkel – Vater geht Geld für Familie aus

Musa Hasahya hat 12 Ehefrauen und mehr als 100 Kinder. Jetzt kann er seine Großfamilie nicht mehr ernähren und seine Frauen müssen verhüten.

Sabine Primes
Musa Hasahya (rechts außen) mit einem Teil seiner Kinder und Enkelkinder.
Musa Hasahya (rechts außen) mit einem Teil seiner Kinder und Enkelkinder.
Henry Wasswa / dpa

Der Weg zu Musa Hasahya führt auf einer staubigen, mit Schlaglöchern übersäten Straße durch das Flachland in das Dorf Lusaka (Uganda). Das Gehöft von Musa Hasahya ist so groß wie 56 Fußballfelder. Den Platz braucht der ehemalige Viehzüchter auch. Denn er gilt als Vater von 102 Kindern. Hinzu kommen 578 Enkelkinder. Dabei ist Hasahya erst 67 Jahre alt. 

Früher hatte er eine ertragreiche Viehzucht, war wohlhabend. "Ich habe eine Frau nach der anderen geheiratet", erzählt Hasahya. Die Gründung einer riesigen Familie war demnach kein Zufall: Als Unternehmer erhoffte sich der Polygamist durch zahlreiche weitere Familienmitglieder einen wirtschaftlichen Profit.

Mittlerweile ist sein Vermögen jedoch Vergangenheit. "Mein Einkommen wurde durch die steigenden Lebenshaltungskosten über die Jahre immer geringer und meine Familie immer größer". Arbeiten könne er nicht mehr, da er an Diabetes und Bluthochdruck leide. Dennoch haben sich erst zwei Frauen von ihm getrennt. 10 Frauen und ein Drittel seiner Kinder wohnen mit ihm auf dem Hof. Sein jüngstes Kind ist 6 Jahre alt, sein ältestes 51 – rund 20 Jahre älter als seine jüngste Frau. Doch seine große Familie macht ihm große Sorgen: Seit Jahren kann er sie nicht mehr ernähren. Seine Kinder tragen Lumpen, manche sind krank. Hasahya kann sich weder das Geld für einen Arzt noch für die Schulgebühren leisten. 

Nur ein Beispiel von vielen

Hasahya ist nur ein extremes Beispiel für den Kontinent Afrika, in dem die Bevölkerung mehr als auf jedem anderen Erdteil in den kommenden Jahren explodieren wird. Die zehn Länder mit der höchsten Fruchtbarkeitsrate liegen alle in Afrika. Die Spitze belegt das Land Niger in Westafrika, dabei ist die Geburtenrate in den vergangenen 10 Jahren bereits von 7,5 Kindern pro Frau auf 6,7 gesunken. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Rate dem Statistischen Bundesamt zufolge gerade einmal bei 1,58 Kindern pro Frau. Tansania vermeldete unlängst einen neuen Bevölkerungsrekord. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Einwohner um 10 Millionen gestiegen.

Traditionalismus vs. Aufklärung

In Uganda bekommen Frauen laut Weltbank im Schnitt 4,7 Kinder. Die Bevölkerung des Landes verdoppelt sich alle 20 Jahre. Bis 2050 erwarten Experten, dass das Land die 100-Millionen-Grenze erreichen wird – aktuell hat Uganda rund 47 Millionen Einwohner. Ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht. Uganda ist ein konservatives Land, viele Kinder sind ein Zeichen von Wohlstand. Vor allem im Osten des ostafrikanischen Landes ist Polygamie noch weit verbreitet und Verhütungsmittel gelten vielerorts als verpönt.

Schon seit Jahrzehnten gibt es in dem Land Initiativen für Familienplanungsprojekte, diese würden jedoch von Politik und Teilen der Gesellschaft oftmals blockiert, sagt Jackson Chekweko. Er ist Geschäftsführer der NGO Reproductive Health Uganda, die sich um Sexualaufklärung bemüht. "Bei uns ist die Debatte von Traditionalismus und Fragen der Morallehre geprägt. Viele religiöse Organisationen wehren sich dagegen, dass junge Menschen Aufklärungsunterricht bekommen, und das Parlament schweigt."

Auch in Hasahyas Familie hat erst die finanzielle Notlage ein Umdenken bewirkt. "Ich bekomme keine Kinder mehr. Ich habe die schlechte finanzielle Situation gesehen und nehme mittlerweile die Antibabypille", sagt Zulaika, Hasahyas jüngste Frau. Sie ist Mutter von elf Kindern. Mit dem falschen Mann kann diese Entscheidung in Uganda jedoch lebensgefährlich sein: Erst vor einem Monat tötete ein 47-Jähriger seine Frau, weil sie Verhütungsmittel kaufte.

Geburtenrate in Afrika am höchsten

Nach Angaben des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung dürfte sich die Zahl der in Afrika lebenden Menschen bis 2050 auf 2,5 Milliarden verdoppeln. Obwohl auch in Afrika die Geburtenrate seit den 1980er Jahren im Schnitt sinkt, bleibt sie im Vergleich zu anderen Weltregionen mit Abstand am höchsten.

Deswegen gibt es viele Initiativen auf dem Kontinent, um das Wachstum zu begrenzen. Denn die ohnehin knappen Lebensmittelressourcen in Afrika geraten mit der zunehmenden Bevölkerungszahl weiter unter Druck. Auch global hat das Wachstum Auswirkungen: Afrika wird schon jetzt besonders stark von den Folgen des Klimawandels getroffen, in der Region Ostafrika leiden die Menschen unter der schwersten Dürre seit 40 Jahren. Bis 2050 dürfte die Migration aus Afrika nach Europa entsprechend weiter zunehmen.