Kommen in die EU

Millionen Flüchtlinge erwartet, wenn Ukraine verliert

"Die weltweit größte Fluchtbewegung seit den 1940er-Jahren", erwartet Migrationsforscher Gerald Knaus im Falle einer ukrainischen Niederlage.

Roman Palman
Millionen Flüchtlinge erwartet, wenn Ukraine verliert
Gerald Knaus ist Soziologe und Migrationsforscher. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender des Thinktanks Europäische Stabilitätsinitiative (ESI). Im Bild auf einem Bahnhof in Berlin, September 2023.
Dominik Butzmann / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

Der Migrationsforscher Gerald Knaus warnt vor einer neuen Flüchtlingswelle in Europa, sollte die Ukraine ihren Abwehrkampf gegen Wladimir Putins Imperialismus verlieren. 

"Diejenigen, die in Europa zögern, die Ukraine stärker zu unterstützen, haben immer noch nicht wirklich erfasst, was auf dem Spiel steht", wird der Salzburger vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) in einem am Montag veröffentlichten Bericht zitiert.

Die Ausmaße wären ihm zufolge enorm: "Denn wenn die Ukraine den Krieg verliert, dann erleben wir die weltweit größte Fluchtbewegung seit den 1940er-Jahren. Dann kommen viele Millionen Menschen mehr."

Millionen in Hoffnung auf Sieg geblieben

Schon jetzt wären 10 Millionen Ukrainer durch den russischen Angriffskrieg aus ihren Häusern vertrieben worden, 4,2 Millionen halten sich jetzt in der EU auf. Doch das sei nur ein Bruchteil, mahnt der Vorsitzende des Thinktanks "Europäische Stabilitätsinitiative" (ESI).

"Viele weitere Millionen Menschen sind in der Ukraine geblieben, weil sie auf einen Erfolg setzen. Schwindet dieser Glaube, könnte die Zahl sehr schnell, sehr stark wachsen". Er erinnert an die ersten drei Wochen der russischen Invasion, als drei Millionen Menschen über die Grenze nach Westeuropa flüchteten.

Ukraine-Krieg: So lange sind die Warteschlangen an der rumänischen Grenze

1/8
Gehe zur Galerie
    Am Tag nach dem russischen Einmarsch befanden sich unzählige Ukrainer auf dem Weg ins Ungewisse.
    Am Tag nach dem russischen Einmarsch befanden sich unzählige Ukrainer auf dem Weg ins Ungewisse.
    Leserreporter

    Mehr als Hälfte will in Österreich bleiben

    Aktuell leben etwa 71.000 Menschen aus der Ukraine mit vorübergehenden Schutzstatus in Österreich. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen möchten dauerhaft hier bleiben. Das ergab eine Befragung der Foresight Research Hofinger GmbH (ehemals SORA). Drei Viertel der Geflüchteten besitzen einen ukrainischen Hochschulabschluss, der Großteil will ihre Ausbildung in Österreich anerkennen lassen.

    Deutschland hat mit rund 1,2 Millionen Ukrainern deutlich mehr Geflüchtete aufgenommen. Das seien aufgerechnet auf die Landesbevölkerung pro Kopf weniger als in Polen, Tschechien und Bulgarien, "allerdings über zehnmal mehr als in Frankreich", rechnet Knaus vor.

    Deutschland stößt schon jetzt "an seine Grenzen"

    Es könnten auch einige mehr sein, wie das Bundesinnenministerium laut "Spiegel" mitteilt. Demnach seien 1,65 Millionen Ukrainer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) – mögliche Wiederausreisen sind in dieser Zahl aber nicht berücksichtigt. Es wäre aber ein deutliches Plus zu den etwa 1,4 Millionen vor einem Jahr.

    Der Chef des Migrations-Bundesamts, Hans-Eckhard Sommer, bestätigte, dass auch aktuell die meisten neuen Asylanträge auf geflüchtete Ukrainer zurückgehen. Und: "Wir müssen davon ausgehen, dass die meisten Ukrainer, die jetzt kommen, staatlich unterzubringen sind".

    Politisch führt das bereits zu Verwerfungen. Für CDU-Innenexperte Alexander Throm stößt Deutschland schon jetzt bei der Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge "an seine Grenzen", weshalb er die Bundesregierung auffordert, sich "dringend für eine gleichmäßigere Verteilung" in Europa einzusetzen.

    1/50
    Gehe zur Galerie
      <strong>21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert</strong>. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. <a data-li-document-ref="120073491" href="https://www.heute.at/s/fuer-490-euro-voellig-ungeniessbares-schulessen-serviert-120073491">"Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.</a>
      21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. "Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.
      privat, iStock

      Auf den Punkt gebracht

      • Der Migrationsforscher Gerald Knaus warnt davor, dass eine Niederlage der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland zu einer enormen Flüchtlingswelle in Europa führen könnte
      • Schon jetzt sind 10 Millionen Ukrainer durch den russischen Angriffskrieg vertrieben worden, und 4,2 Millionen halten sich in der EU auf
      • Deutschland hat bereits 1,2 Millionen ukrainische Geflüchtete aufgenommen, was zu politischen Verwerfungen und Forderungen nach einer gleichmäßigeren Verteilung in Europa führt
      rcp
      Akt.
      An der Unterhaltung teilnehmen