"Ins Gesicht gespuckt"
Menge stoppt FPÖ-Rosenkranz bei Holocaust-Gedenken
Der blaue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz wurde von jüdischen Nachkommen von Shoah-Opfern an einer Kranzniederlegung am Judenplatz gehindert.
Eskalation am Wiener Judenplatz Freitagvormittag. Beim Gedenken an die Novemberpogrome 1938 und die "Reichskristallnacht" kam es zu einem Aufeinandertreffen zwischen Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH) und Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz.
Die Nachkommen der Wiener Holocaust-Opfer versperrten dem FPÖ-Politiker und deutsch-nationalen Burschenschafter mit einer Menschenkette den Weg zum dortigen Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoah. Rosenkranz hatte dort in Begleitung von Bodyguards und Polizisten einen Kranz niederlegen wollen.
Das Video: Hier wird Rosenkranz an Gedenken gehindert
"Verlassen Sie diesen Ort!"
Doch es gab für ihn kein Durchkommen: "Wir wollen nicht, dass Sie unseren Vorfahren ins Gesicht spucken", "Herr Nationalratspräsident, verlassen Sie diesen Ort".
"Unser Gedenken an die Shoah ist zu wichtig, um Sie das als Propaganda missbrauchen zu lassen", war in den TV-Übertragungen zu hören. Ein Mann fand harte Worte gegenüber dem Politiker: "Wir sind die Kanarienvögel der Demokratie. Und wir spüren, dass die Demokratie in Gefahr ist."
Bilder: Menge stoppt FPÖ-Rosenkranz bei Holocaust-Gedenken
Rosenkranz konterte: "Es geht um diesen Kranz des Parlaments, aller 183 Abgeordneten. Ich möchte als Parlamentspräsident hier als Repräsentant der Republik einen Kranz niederlegen." Dazu forderte er, durchgelassen zu werden. Das wurde ihm aber friedlich und körperlich passiv weiter verwehrt.
Rosenkranz bejubelte Nazi als "Leistungsträger"
Der Protest richtete sich unter anderem gegen frühere Aussagen Walter Rosenkranz'. Dieser hatte in einer Festschrift seiner Burschenschaft "Libertas" den in der Zwischenkriegszeit illegalen Nazi und Burschenschafter Johann Stich als "Leistungsträger" hochleben lassen.
Nach seinem Amtsantritt als Nationalratspräsident beteuerte Rosenkranz im ORF, dass er den damaligen Text heute anders verfassen, Stich und zwei weitere Namen nicht mehr nennen würde: "Ich habe das unreflektiert aus einer Auflistung abgeschrieben".
"Ich weiche dieser Gewalt"
Nach mehreren Wortgefechten gab der FPÖ-Mann dann doch klein bei, sorgte aber dann mit einer Unterstellung für neue Aufregung: "Als Zeichen meines guten Willens, werde ich von meinem Vorhaben… [Zwischenrufe] ...werde ich mich Ihrer Gewalt beugen. Sie hindern mich gewaltsam. Ich respektiere Ihre Gefühle für das jüdische Volk, ich weiche dieser Gewalt."
Einer der Teilnehmer schoss zurück: Es sei bezeichnend, dass Rosenkranz diesen "vollkommen friedlichen Protest, als 'gewalttätig' bezeichnet" habe.