Nach 18 Jahren im Rollstuhl
Meilenstein! Gelähmter kann wieder Treppen steigen
Zwei gelähmte Patienten konnten nach der Implantation von Elektroden in ihrem Gehirn wieder kurze Strecken gehen und sogar Treppen steigen.
Einer der beiden Patienten, ein heute 54-jähriger Österreicher erlitt im Jahr 2006 bei einem Skiunfall Verletzungen am Rückenmark und war seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen. Doch im letzten Jahr konnte er dank Forschungsarbeiten der Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) und des Universitätsspitals Lausanne teilweise die Kontrolle über seine Beine zurückgewinnen. Er erzählte Sky News: "Wenn ich will, kann ich ein bisschen laufen oder die Treppe rauf und runter gehen, oder wenn ich in der Küche etwas brauche, wo ich aufstehen muss, kann ich das tun. Die Technik wird immer besser und besser. Ich denke, in Zukunft werden wir keinen Rollstuhl mehr brauchen."
Der Durchbruch gelang, nachdem Neurowissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) mit Hilfe künstlicher Intelligenz alle Neuronen im Gehirn kartiert hatten, die Ratten und Mäusen beim Laufen helfen. Zu ihrer Überraschung stellte sich heraus, dass eine Region namens lateraler Hypothalamus, die bekanntermaßen für Erregung und Motivation zuständig ist, eine Rolle beim Gehen spielt. Nach erfolgreichen Tests an Nagetieren implantierte das Schweizer Team dann Elektroden in den lateralen Hypothalamus der menschlichen Patienten.
Elektroden im Gehirn
Die angewandte Methode, Deep Brain Stimulation (DBS), besteht in einer tiefen Stimulation mittels Elektroden, die in bestimmten Regionen des Gehirns implantiert werden. Im Falle des gelähmten Mannes im lateralen Hypothalamus. Traditionell wurde diese Technik hauptsächlich zur Behandlung von Bewegungsstörungen wie Parkinson oder Zittern eingesetzt, indem Bereiche des Gehirns angesteuert wurden, die für die motorische Steuerung verantwortlich sind.
"Sobald die Elektrode platziert und die Stimulation durchgeführt war, sagte die erste Patientin sofort: 'Ich spüre meine Beine.' Als wir die Stimulation erhöhten, sagte sie: 'Ich habe das Bedürfnis zu laufen'", erklärt Jocelyne Bloch, Professorin am Universitätsspital Lausanne, der Universität Lausanne und der EPFL.
Das bestätigte den Forschern, dass die richtige Region anvisiert worden war, obwohl diese bisher nie mit der Kontrolle der Beine beim Menschen in Verbindung gebracht wurde. "In diesem Moment wusste ich, dass wir Zeugen einer bahnbrechenden Entdeckung (...) waren", so Bloch. Die Wissenschaftler glauben, dass der seitliche Hypothalamus andere Teile des Gehirns dazu anleitet, Signale über Nervenfasern zu senden, die nach der Wirbelsäulenverletzung intakt geblieben sind.
"Bahnbrechende Entdeckung"
"Diese Forschung zeigt, dass das Gehirn eine Schlüsselrolle im Prozess der Genesung von einer Lähmung spielt", erklärt Grégoire Courtine, Professor für Neurowissenschaften an der EPFL. Zukünftige Forschungen werden sich auf die Integration der Stimulation mit anderen Technologien konzentrieren, wie etwa Implantaten im Rückenmark, heißt es seitens der Forscher.
Auf den Punkt gebracht
- Ein querschnittsgelähmter Mann kann dank einer neuartigen Therapie, die auf tiefer Hirnstimulation basiert, wieder Schritte machen, was als bahnbrechende Entdeckung in der Neuroforschung gilt.
- Die Methode, die traditionell zur Behandlung von Bewegungsstörungen wie Parkinson eingesetzt wird, ermöglichte es dem Mann, teilweise die Kontrolle über seine Beine zurückzugewinnen und sogar Treppen zu steigen.