Gesundheit

 "Parastronaut" – Mann mit einem Bein fliegt ins All

Die ESA hat den Briten John McFall in den neuen Astronauten-Jahrgang aufgenommen – und damit erstmals einen Menschen mit körperlicher Behinderung.

Sabine Primes
John McFall konnte bei den Paralympics große Erfolge erzielen.
John McFall konnte bei den Paralympics große Erfolge erzielen.
Screenshot Youtube/European Space Agency/ESA Astronaut Class of 2022

Die Europäische Weltraumorganisation hat aus mehr als 22.500 Bewerbern aus ihren europäischen Mitgliedstaaten 17 neue Astronauten ausgewählt. Zu dieser neuen Klasse von ESA-Astronauten für 2022 gehören fünf Berufsastronauten, 11 Mitglieder einer Astronautenreserve und ein Astronaut mit einer Behinderung – den Briten John McFall. Er wird am Parastronaut Feasibility Project teilnehmen, um Optionen für die Einbeziehung von Astronauten mit körperlichen Behinderungen in die bemannte Raumfahrt und mögliche künftige Missionen zu entwickeln. Er wurde unter 257 Bewerbern mit einer körperlichen Behinderung ausgewählt, um sich zum ersten Parastronauten ausbilden zu lassen.

Amputation mit 19 Jahren

McFall verlor sein rechtes Bein bei einem Motorradunfall, als er 19 Jahre alt war, lernte aber wieder zu laufen und wurde schließlich professioneller Sprinter. Bei den Paralympischen Spielen 2008 in Peking gewann er eine Bronzemedaille, bevor er sich zur Ruhe setzte und sein Medizinstudium an der Universität Cardiff aufnahm.

Der 41-Jährige sagte: "Als die Ausschreibung für einen Astronauten mit einer körperlichen Behinderung veröffentlicht wurde, dachte ich, dass ich ein sehr guter Kandidat wäre, um der ESA bei der Beantwortung der Frage zu helfen, ob wir jemanden mit einer körperlichen Behinderung ins All bringen können." McFall ist verheiratet und hat drei kleine Kinder im Alter von neun, acht und fünf Jahren, die alle im Süden des Vereinigten Königreichs leben.

Nach höchsten Standards ausgebildet

Die neuen Astronautenanwärter der ESA werden ihren Dienst im Europäischen Astronautenzentrum in Köln (Deutschland) antreten. Sie werden nach den höchsten Standards ausgebildet, die von den Partnern der Internationalen Raumstation vorgegeben werden. Nach Abschluss der 12-monatigen Grundausbildung sind die neuen Astronauten bereit, in die nächste Ausbildungsphase auf der Raumstation einzutreten, und sobald sie einer Mission zugeteilt sind, wird ihre Ausbildung auf spezifische Missionsaufgaben zugeschnitten sein.

Zum ersten Mal hat die ESA einen Reservepool von Astronauten eingerichtet. Diese Reserveliste setzt sich aus Astronauten-Kandidaten zusammen, die das gesamte Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen haben, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingestellt werden können. Die Astronauten der Reserve verbleiben bei ihren derzeitigen Arbeitgebern und erhalten einen Beratervertrag und eine Grundversorgung. Sie werden mit der Grundausbildung beginnen, falls sich eine Fluggelegenheit ergibt. Die ESA-Astronautenklasse 2022 umfasst fünf Karriere-Astronauten, 11 Reserve-Astronauten sowie einen Astronauten mit einer körperlichen Behinderung.

Erste Österreicherin im All

Auch eine Österreicherin wurde ausgewählt: Die 1988 in Klagenfurt geborene Medizinerin Carmen Possnig wird Ersatzastronautin der ESA. Vor fast genau fünf Jahren startete Possnig im Auftrag der ESA bereits einen mehr als einjährigen Aufenthalt in der Antarktis. Die Allgemeinmedizinerin erforschte damals in der Antarktis-Station "Concordia" Auswirkungen von Isolation und geringem Sauerstoffgehalt auf die Crew. Nun hat es die Kärntnerin tatsächlich in den nächsten Ausbildungsjahrgang für europäische Astronauten geschafft. Sie hat damit die Chance, als erste Österreicherin ins Weltall zu fliegen. 1991 absolvierte mit Franz Viehböck der bisher einzige Österreicher einen All-Aufenthalt im Rahmen der damaligen "Austromir"-Mission.

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