Politik
Mann casht Sozialhilfe, ist so gut wie nie in Österreic
Mehr als 300 Tage (!) im Jahr hielt sich ein Mann nicht in Österreich auf – dennoch kassierte er Sozialhilfe vom Staat. Der Schaden ist enorm.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der Leiter der Finanzpolizei im Bundesministerium für Finanzen, Wilfried Lehner, und der für Sozialleistungsbetrug zuständige Abteilungsleiter im Bundeskriminalamt, Gerald Tatzgern, haben am Mittwoch über zentrale Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung informiert.
Die Taskforce "Sozialleistungsbetrug" im Bundeskriminalamt (BK) gibt es mittlerweile seit dem Jahr 2018 und seither konnte ein Gesamtschaden von 89 Millionen Euro ermittelt werden. Die meisten Fälle sind Ausgleichszahlungen zur Pension, obwohl die Bezieher im Ausland leben, Arbeitslosengeld trotz anderer Bezüge und Kinderbeihilfe durch gefälschte Geburtsurkunden.
"Fälle, die man für nicht möglich hält"
"Beim Sozialleistungsbetrug gibt es Fälle, die man eigentlich nicht für möglich hält", erklärt Gerald Tatzgern. 72 Prozent aller entdeckten Fälle im ersten Halbjahr seien keine österreichischen Staatsbürger. "Das bedeutet, dass diese Reisebewegungen im Bereich des Sozialleistungsmissbrauchs eine sehr starke Rolle spielen."
Tatzgern nennt in seinem Statement auch ein paar Beispiele von besonders spektakulären Fällen, "damit man sich etwas vorstellen kann, worum es hier überhaupt geht und ob diese Menschen überhaupt ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie auf Kosten der Steuerzahler Sozialleistungen beziehen."
So habe etwa ein Mann mehr als sechs Jahre eine massive Sehbehinderung vorgetäuscht und "er hat das so gut gemacht, dass es immer wieder bei diversen Untersuchungen durchgegangen ist." Der Mann habe dadurch insgesamt einen Schaden von circa 900.000 Euro verursacht.
"Wohnsitz in Österreich vorgetäuscht"
Doch es geht noch weiter: "Wir haben auch Fälle, wo ein Wohnsitz in Österreich vorgetäuscht wird." So würde es laut Tatzgern immer wieder vorkommen, dass Personen Arbeitslosen-Geld oder auch Notstandshilfe bekommen, obwohl sie gar nicht in Österreich leben oder sich die meiste Zeit im Ausland aufhalten – oder dort auch wohnhaft sind.
In einem Fall sei dabei etwa ein Schaden von 200.000 Euro entstanden. "Unser Spitzenreiter, den wir in diesem halben Jahr entdeckt haben, war über 300 Tage nicht in Österreich. Der Mann hat aber trotzdem eine Sozialleistung aus Österreich bezogen", erklärt der für Sozialleistungsbetrug zuständige Abteilungsleiter im Bundeskriminalamt.
Arbeitslose hatte "lukrativen Lebensstil"
Doch nicht nur Männern kann Sozialleistungsbetrug nachgewiesen werden. "Wir haben hier eine Dame, die im Rahmen der Drogenbekämpfung aufgetaucht ist. Sie hatte einen sehr lukrativen Lebensstil und ein lukratives Einkommen durch einen Parfum-Handel. Und auch sie war Bezieherin der Notstandshilfe." Der Schaden: knapp eine Million Euro.
Ein besonders eklatanter Fall aus diesem Jahr zeigt, wie so ein Sozialleistungsbetrug abläuft: Bei der Kontrolle eines pensionierten Buchhalters stellte sich heraus, dass dieser nicht nur mit Scheinunternehmen und Rechnungsausstellungen Geschäfte machte, sondern auch gegen Entgelt Personen bei diesen Scheinunternehmen anmeldete.
Aufenthaltstitel erschleichen
Dazu bediente er sich ELDA-Accounts (einem System für den elektronischen Datenaustausch mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern) von Unternehmen, die nicht (mehr) aktiv waren, aber über deren Daten er verfügte. Bis dato konnten über 180 Personen ausgeforscht werden, die gegen Honorar zur Sozialversicherung angemeldet wurden.
Mit der (Voll-)Versicherung konnten diese Personen dann Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, Aufenthaltstitel erschleichen oder Bankkredite in Anspruch nehmen.
Innenminister Gerhard Karner: "Wenn unser Sozialsystem funktionieren soll, dann muss es gerecht sein. Gerecht ist es dann, wenn Missbrauch verhindert wird. So können jene unterstützt werden, die es tatsächlich brauchen."