Gesundheit
Männer oder Frauen? Wer im Lockdown mehr telefonierte
In Österreich telefonierten Frauen während der Krise länger. Männer ließen sich hingegen weniger stark in ihrer Mobilität einschränken.
Für Tobias Reisch vom Complexity Science Hub Vienna (CSH) war das Herunterfahren des öffentlichen Lebens im März 2020 "wie ein bevölkerungsweites Live-Experiment". Anhand anonymisierter Handydaten eines großen österreichischen Mobilfunkbetreibers von in Österreich lebenden Personen konnten die Komplexitätsforscher nicht nur das Telefonier-, sondern auch das Mobilitätsverhalten der Menschen beobachten. So zeigte sich wenig überraschend, dass die Menschen nach Verhängung des Lockdowns sprunghaft mehr telefonierten. "Interessanterweise wurde mit weniger Personen gesprochen als sonst - dafür mit diesen wenigen umso länger", so Reisch.
Längere Telefonate - außer Männer riefen Männer an
Überrascht waren die Forscher, wie stark dabei die Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern waren: Telefonate, an denen Frauen beteiligt waren, dauerten im Schnitt deutlich länger, wobei es große Unterschiede gab, je nachdem, wer wen anrief. Anrufe von Frauen zu Frauen dauerten vor dem Lockdown durchschnittlich knapp zwei Minuten, in den Tagen nach Verhängung des Lockdowns am 16. März 2020 waren sie bis zu mehr als vier Minuten lang (plus 140 Prozent), Anrufe von Männern bei Frauen rund doppelt so lang (plus 97 Prozent). Riefen Frauen bei Männern an, waren die Gespräche im Durchschnitt um 80 Prozent länger als in Vorkrisenzeiten. Alle Klischees erfüllt wurden bei Telefonaten zwischen Männern - die verlängerten sich am geringsten (plus 66 Prozent).
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Frauen schränkten Bewegungsfreiheit stärker und länger ein
Verstärkt wurden bereits vor der Pandemie bestehende Geschlechterunterschiede im Mobilitätsverhalten. So hatten Männer durch den Lockdown größere Bewegungsradien als Frauen. Es nahm zwar die Mobilität bei beiden Geschlechtern massiv ab, Frauen schränkten aber ihre Bewegungsfreiheit stärker und länger ein als Männer. Das zeigten die Forscher anhand der Detailauswertung eines großen Naherholungsgebiets in Wien (Kahlenberg) und eines Einkaufszentrums in der Umgebung Wiens. Beide Örtlichkeiten wurden während des Lockdowns von mehr Männern aufgesucht. Nach Aufhebung der Maßnahmen kehrten Männer schneller zu ihrem gewohnten Mobilitätsverhalten zurück.
Tag wurde eine Stunde kürzer
Festgestellt wurde zudem eine deutliche Abnahme der täglichen Aktivitätsperiode, die man anhand der Handydaten - also Telefon- und Internetaktivitäten - ablesen kann. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen verkürzte sich die durchschnittliche Tageslänge um rund eine Stunde. "Die Gründe dafür, ob das etwa am Wegfall des täglichen Wegs zur Arbeit liegt, oder die Menschen tatsächlich weniger gemacht haben, wissen wir nicht, das muss man sich noch anschauen", sagte Reisch zur APA.