Gesundheit

Long Covid – jetzt kann Frau wieder richtig riechen

Long Covid nahm einer 54-Jährigen ihre Fähigkeit zu riechen und zu schmecken. Dank einer experimentellen Schmerzbehandlung kehrten die Sinne zurück.

Sabine Primes
Jennifer Henderson (Bild) war sichtlich überwältigt, als sie dank der Stellatumblockade den Kaffee wieder als solchen riechen konnte. 
Jennifer Henderson (Bild) war sichtlich überwältigt, als sie dank der Stellatumblockade den Kaffee wieder als solchen riechen konnte. 
Glomex

Bevor COVID-19 die Welt veränderte, hatte Jennifer Henderson einen ausgeprägten Geschmacks- und Geruchssinn. Sie genoss es, zu Hause neue Rezepte zu kochen und mit ihrem Mann in Restaurants zu essen. All das machte ihr nach ihrer Corona-Infektion im Jänner 2021 jedoch keine Freude mehr. Denn zwei Jahre lang schmeckten Lebensmittel für sie nicht so, wie sie sollten. Das Virus hatte ihren Geschmacks- und Geruchssinn dermaßen verändert, dass die meisten Speisen "wie Müll" schmeckten und nach nichts rochen, erzählt die 54-Jährige aus Cincinnati, Ohio (USA) gegenüber NBC News. "Freunde fragten, wo wir essen gehen wollen, und ich zuckte nur mit den Schultern. Es war mir völlig egal. Ich hatte Angst vor dem Essen".

Knoblauch schmeckte wie Benzin

Es brauchte etwa eine Woche, bis die meisten von Hendersons Covid-Symptomen, einschließlich Müdigkeit und Kopfschmerzen, abgeklungen waren. Ihr verminderter Geruchs- und Geschmackssinn verschlimmerte sich jedoch nach etwa neun Monaten. Bananen schmeckten metallisch, Knoblauch wie Benzin, und sie konnte ihre Parfums oder die Blumen, die sie gerne in ihrem Garten anbaute, nicht riechen. Der Verlust ihrer Sinne stellte auch eine Sicherheitsbedrohung dar. Eines Tages ließ Henderson den Gasherd an und konnte ihn nicht riechen. Zum Glück kam ihr Mann nach Hause und erkannte die Gefahr.

"Es war schrecklich. Die meisten Menschen verstehen nicht, wie sich das auf sie auswirkt, wenn zwei Ihrer wichtigsten Sinne weg sind", so Henderson, die Akupunktur und andere ganzheitliche Heilmittel ohne Erfolg ausprobiert hat. Sie fühlte sich körperlich und geistig niedergeschlagen, suchte verzweifelt nach Antworten und schloss sich einer Selbsthilfegruppe in den sozialen Medien an.

Stellatumblockade

Dort erfuhr sie von einer Schmerzbehandlung, die als Stellatumblockade (SGB) bezeichnet wird und zur Verbesserung des Geruchs- und Geschmackssinns bei einigen Patienten mit Long Covid eingesetzt wird. An der Cleveland Clinic konnte Henderson die erste Injektionsrunde im November 2022 bei Anästhesistin und Schmerztherapeutin Christina Shin durchführen lassen, bei der Medikamente in die Nerven an der unteren Vorderseite ihres Halses injiziert wurden.

Unter einer Stellatumblockade versteht man die gezielte therapeutische Lokalanästhesie (Nervenblockade) des Ganglion stellatum und ist ein sehr risikoreicher Eingriff. Als Ganglion wird eine Ansammlung von Nervenzellkörpern bezeichnet. Durch die Blockade wird die Wirkung des Sympathikus im gesamten Versorgungsgebiet des Ganglions herabgesetzt.

Der lang ersehnte Moment

In einem Video, das auf TikTok viral ging, war sie zu sehen, wie sie an Kaffee roch und dann zu weinen begann, als sie feststellte, dass sie den Kaffee nach zwei Jahren wieder normal riechen konnte. "Es war der beste Geruch überhaupt. Ich habe einfach wie ein Baby geweint", sagt Henderson zu NBC News. 

Bei aller Euphorie ist Hendersons Fähigkeit, zu riechen und zu schmecken noch nicht zu 100 Prozent wieder normal. Jedoch trat eine "drastische Verbesserung" ein. Bis Anfang April hat Henderson drei Injektionen erhalten.

(Noch) kein Heilmittel

Dieses Verfahren als Heilmittel zu bezeichnen, ist noch verfrüht, wie die Ärztin festhält: "Wir brauchen weitere Forschung, um besser zu verstehen, wie wirksam diese Injektion für eine Long Covid-Behandlung ist, warum sie funktioniert und für wen sie funktioniert." In einer Studie wurden bisherige Erfolge der Stellatumblockade bei Long Covid festgehalten

Stellatumblockaden werden seit Jahrzehnten zur Behandlung chronischer Schmerzen der rechten oder linken oberen Extremitäten, von Schmerzzuständen im Gesicht, von Migräne und Nervenschmerzen nach Gürtelrose eingesetzt.