Gesundheit
Smog "weckt" Krebszellen in Nichtraucher-Lungen
Eine neue Studie hat zum ersten Mal gezeigt, wie Luftverschmutzung bei Menschen, die nie geraucht haben, Lungenkrebs verursachen kann.
Luftverschmutzung kann Lungenkrebs verursachen, ohne Zellen zu mutieren, wie eine neue Studie in der Fachzeitschrift "Nature" ergab. Sie untersuchte das Auftreten von Lungenkrebs bei Nichtrauchern anhand von Mäusen. Die Forscher fanden heraus, dass die Belastung durch Luftverschmutzung zwar keine keine Mutationen in den Zellen verursacht, aber eine Entzündung, die das Tumorwachstum in Gewebe mit vorhandenen Mutationen fördert.
Laut Professor Charles Swanton vom Londoner Francis Crick Institute, einem der Studienautoren, sind die krebsverursachenden Mutationen in der Regel inaktiv und häufen sich im Laufe der Zeit. "Wir haben gezeigt, dass die Luftverschmutzung diese Zellen in der Lunge aufweckt und sie dazu anregt, zu wachsen und möglicherweise Tumore zu bilden", so Swanton in einer Erklärung.
Nicht nur Rauchen verursacht Lungenkrebs
Weltweit verursacht die Luftverschmutzung jedes Jahr schätzungsweise 9 Millionen "vermeidbare" Todesfälle, da nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 99 Prozent der Weltbevölkerung giftige Luft einatmet. Luftverschmutzung wird mit einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, darunter Asthma, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Herzerkrankungen und Demenz. Aber wie es bei Menschen, die nie geraucht haben, zu Krebs führt, war bisher ein Rätsel.
Charles Swanton und sein Team sammelten sowohl umweltbezogene als auch epidemiologische Daten aus Taiwan, Südkorea, Kanada und dem Vereinigten Königreich und konzentrierten sich dabei auf Personen, die Mutationen im EGFR-Gen (Epidermal-growth-Faktor-Rezeptor) trugen, das angeblich häufiger bei Nichtrauchern vorkommt. Ein Protein, das auf bestimmten Zelltypen zu finden ist und sich an eine Substanz namens epidermaler Wachstumsfaktor bindet. Manchmal führen Mutationen (Veränderungen) im EGFR-Gen dazu, dass sich die Krebszellen schneller teilen.
Das Team setzte dann Mäuse mit Zellen, die EGFR-Mutationen in ihren Lungen trugen, einer Luftverschmutzung in einem Ausmaß aus, das normalerweise in Städten zu finden ist. Das meint Feinstaub mit einem Partikeldurchmesser von 2,5 Mikrometer oder kleiner. Er ist vor allem aufgrund seiner geringen Größe ein Gesundheitsrisiko. Die feinen Partikel können tiefer in die Atemwege eindringen, dort länger verbleiben und die Lunge nachhaltig schädigen.
Chronische Entzündung führt zu Krebs
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Krebs eher von Zellen ausgeht, die EGFR-Mutationen tragen, im Vergleich zu Mäusen, die keiner Luftverschmutzung ausgesetzt sind. "Der Hauptmechanismus (...) ist diese anhaltende Entzündung, die chronisch wird, die notwendig ist, damit diese mutierten Zellen zu Tumoren heranwachsen." Die Autoren der Studie schreiben, dass sie "einen signifikanten Zusammenhang zwischen PM2,5-Werten und der Häufigkeit von Lungenkrebs bei 32.957 EGFR-bedingten Lungenkrebsfällen" in den analysierten Datensätzen fanden.
Die Forscher stellten aber auch fest, dass einige Immunzellen, die zu den Entzündungsherden eilen, ein entzündungsförderndes Protein enthalten. Durch die Blockierung dieses Proteins ging die Häufigkeit von Lungenkrebs bei den Mäusen zurück.
Kampf der Umweltverschmutzung
Die Ergebnisse der Studie veranlassten die Autoren zu einem Plädoyer an die Gesetzgeber für verbesserte Initiativen zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung, die "die Krankheitslast verringern" könnten. "Der Mechanismus, den wir identifiziert haben, könnte uns letztlich helfen, bessere Wege zur Vorbeugung und Behandlung von Lungenkrebs bei Nichtrauchern zu finden", so Swanton. "Wenn wir die Zellen daran hindern können, als Reaktion auf die Luftverschmutzung zu wachsen, können wir das Risiko von Lungenkrebs verringern."