Gesundheit

Experten definieren neue "Kaiserschnittkrankheit"

Vielen Frauen bereitet die Narbe nach dem Kaiserschnitt weiterhin Probleme. Bislang fehlte dafür die Definition. Jetzt haben sich Experten geeinigt. 

Sabine Primes
8 bis 12 Zentimeter Narbengewebe erinnern für immer an die Geburt des eigenen Kindes.
8 bis 12 Zentimeter Narbengewebe erinnern für immer an die Geburt des eigenen Kindes.
Getty Images/iStockphoto

Der Kaiserschnitt ist nur ein kleiner Schnitt, kann Mutter und Kind aber das Leben retten. Ursprünglich führte man diese Operation hauptsächlich bei einem erhöhten Risiko für Mutter oder Kind durch. Heute finden so genannte Wunschkaiserschnitte immer öfter auch ohne medizinische Notwendigkeit statt. Frauen können so die Geburt des Kindes auf den Tag genau planen. Dennoch ist es eine Operation, die mit Risiken verbunden ist. Der Eingriff wird entweder unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose durchgeführt. Nach dem Schnitt ist das Baby schnell auf der Welt. Mit dem Vernähen der Wunde dauert ein Kaiserschnitt rund 30 Minuten.

Gewusst?
Der Legende nach soll der römische Diktator Julius Cäsar (100-44 v. Chr.) bei seiner Geburt aus dem Bauch der Mutter geschnitten worden sein. Das behauptet der römische Schriftsteller Plinius der Ältere. Cäsar, aus dessen Name sich das deutsche Wort "Kaiser" ableitet, soll damit zum Namenspatron dieser operativen Geburtshilfe geworden sein.
Dabei dürfte es sich aber um eine Sage handeln, denn Schnittentbindungen durften nach römischem Recht nur an verstorbenen Frauen vorgenommen werden, um das Kind getrennt von der toten Mutter bestatten zu können. Doch Cäsars Mutter überlebte die Geburt um viele Jahre.
Wahrscheinlicher ist es, dass der Begriff auf das lateinische Verb "caedere" zurückgeht, das schneiden, aufschneiden oder herausschneiden bedeutet. Kinder, die auf diese Weise zur Welt kamen, hießen deshalb auch "caesones", also Schnittlinge. Eine definitive Herleitung für den Namen "Kaiserschnitt" gibt es aber bis heute nicht.

Eine Narbe als Erinnerung

Ist das Baby dann da, bleibt eine 8 bis 12 Zentimeter lange Narbe – meist in der Bikiniline – zurück. Manchen Frauen bereitet die Narbe aber auch nach der Geburt Probleme. Mehr als 30 Prozent der Frauen, die per Kaiserschnitt entbinden, leiden unter langfristigen Symptomen wie Unterleibsschmerzen, Blutverlust oder Fruchtbarkeitsstörungen. Diese Symptome werden durch eine abnorme Gebärmutternarbe verursacht. Nicht immer verheilt die Wunde in der Gebärmutter glatt. Bei etwa 60 Prozent der Frauen lässt sich später im Ultraschall ein Defekt in der Gebärmutterwand beobachten, der durch eine gestörte Heilung verursacht wird – eine so genannte "Nische". Das Krankheitsbild wurde in JAMA Network vorgestellt.

Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass diese Nischen mit Beschwerden einhergehen können. Sie treten um­so häufiger auf, je größer die Nischen sind. Die betroffenen Frauen klagen über Ausfluss, Zwischenblutungen, aber auch über Beckenschmerzen, Probleme beim Geschlechtsverkehr und eine Störung der Fruchtbarkeit.

Caesarean Scar Disorder

Bislang gab es keine einheitliche Definition für eine Erkrankung, die diese Symptome zusammenfasst. Dank einer internationalen Studie unter der Leitung der UMC Amsterdam wird dieser Zustand nun erstmals als Caesarean Scar Disorder (CSDi) definiert. Damit werden diese Probleme bei Frauen nach einem Kaiserschnitt anerkannt.

Die medizinische Forscherin Saskia Klein Meuleman hat zusammen mit den Gynäkologen Robert de Leeuw und Judith Huirne die einschlägige Literatur studiert und eine Studie konzipiert, um eine einheitliche Definition für nischenbezogene Probleme zu entwickeln. Insgesamt nahmen 31 internationale Experten von den USA bis China an dieser Studie teil. Alle Befragten behandelten mindestens 50 Frauen pro Jahr mit Symptomen, die zu dieser Erkrankung passen, und veröffentlichte Forschungsarbeiten zu diesem Thema. Sie waren sich einig über die Symptome, die durch eine Kaiserschnittnarbe verursacht werden können, über die Aspekte, aus denen sich die Erkrankung zusammensetzt, sowie über die Faktoren, die eine Rolle spielen können. So entstand ein klares Bild der Erkrankung, das auf einem internationalen Konsens beruht.

Dank dieser Forschung können Frauen eine genaue Diagnose erhalten und somit leichter Zugang zu einer geeigneten Behandlung bekommen. Die Frauen können auch besser über die möglichen langfristigen Komplikationen eines Kaiserschnitts informiert werden, damit sie dies nach Möglichkeit in ihren Entscheidungsprozess einbeziehen können.