Gesundheit
Was Klima-Kleber tun, kann Arzt einfach nicht fassen
Die "Letzte Generation" klebt ihre Hände auf Straßen & Co. Dr. Johannes Neuhofer fürchtet deshalb um die Finger, Hände und Zukunft der Aktivisten.
Sie kleben ihre Hände mit Sekundenkleber an Bilderrahm, Sockeln von Dinosaurierskeletten, Sportwagen, Baumaschinen und auf Straßen: die Klima-Aktivisten der "Letzten Generation". Eigentlich will die Gruppe damit Maßnahmen der Regierungen gegen die Klimakrise erzwingen. Doch der Kleber ging bisher nach hinten los: Statt tatsächlich über einen "Klimanotfall" zu sprechen, sind in ganz Europa nur die Hände und der Kleber Gesprächsthema.
Die Aktivisten erhitzen mit ihren Aktionen die Gemüter und sorgen für Unmut, wenn ein Flughafen gesperrt werden muss oder es wegen ihnen ausgerechnet in den Morgenstunden zu einem Stau kommt. Noch schlimmer: Sie gefährden auch zahlreiche Leben, wenn ein Rettungswagen zum wiederholtem Male nicht vorankommt, und auch ihr eigenes.
Haut bleibt kleben
"Das ist total verrückt, weil es sich meistens um Verbindungen handelt, die auch in die Haut gehen, nicht leicht zu lösen sind und damit häufig zu irreversiblen Schäden an den Handflächen führen", erklärt Dermatologe Johannes Neuhofer entsetzt im "Heute"-Gespräch.
"An den Handflächen befinden sich sensible Tastkörperchen, die durch den Kleber zerstört werden." Die Folge sei ein Sensibilitätsschaden und Narben. "Dadurch zieht sich die Haut zusammen und es kann sein, dass man die Finger nicht mehr ausstrecken kann", so der ÖÄK-Bundesfachgruppenobmann der Dermatologie.
„"Es kann sein, dass man die Finger nicht mehr ausstrecken kann."“
Der Mediziner sei sich zwar sicher, dass die Polizei beim Lösen der Hände ihr Bestmöglichstes gebe, aber die Wahrscheinlichkeit, dass dennoch Haut kleben bleibt, sei sehr wahrscheinlich. "Das bedeutet akut offene Hautstellen an den Handflächen." Eine Katastrophe in den Augen des Linzer Arztes: "Die Schäden bleiben ihnen ein Leben lang und gerade junge Menschen werden ihre Hände, ihr Tastkörperchen, die Nervenenden, ihr feinsinniges Greifen noch brauchen – vielleicht sogar im Job. Das Ganze ist einfach nur eine mutwillige Schädigung ihrer selbst."
Der Appell des Dermatologen: "Es ist gut, dass sie aufmerksam machen, aber es gibt definitiv gescheitere Möglichkeiten, bei denen sie sich selbst nicht die Zukunft zerstören. Schließlich sagt jetzt keiner, dass deshalb jetzt der CO2-Ausstoß weniger wird, alle reden nur über die festgeklebten Hände."
Lösemittel schädigen die Haut
Womit man Hände, die mit Sekundenkleber festgeklebt wurden, wieder vom Asphalt oder Gegenständen lösen kann, will der Mediziner jedoch nicht verraten – ebenso wie die Polizei selbst. Zu groß ist seine Angst vor Nachahmern und Experimentierfreudigen. Doch etwas seht für ihn fest: "Es kommt immer auf das Mittel an, mit dem sie sich ankleben, aber man wird dafür schon fettlösliche Substanzen, wie Waschmittel heranziehen müssen, die die Haut zusätzlich schädigen." Deshalb brauche es auch Öl, damit der Fettsäureschutzmantel nicht zerstört wird.
Wem zuhause ein kleines Superkleber-Unglück passiert, kann Neuhofer aber dennoch beruhigen: "Es braucht Zeit. Die Haut hat eine Art Förderbandfunktion, die von Innen nach Außen geht. Sprich, die oberste Hautschicht schuppt mit der Zeit immer ab und nach ein oder zwei Tagen ist damit auch der Kleber wieder verschwunden."