Politik

Körberlgeld – Regierung baut dem ORF eine goldene Orgel

Warum wir mit einer weißen Titelseite schwarz sehen: "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser über eine Protestaktion am Tag der Pressefreiheit.

Christian Nusser
<em>"Heute"-</em>Chefredakteur Christian Nusser erklärt, warum wir mit einer weißen Titelseite schwarz sehen.
"Heute"-Chefredakteur Christian Nusser erklärt, warum wir mit einer weißen Titelseite schwarz sehen.
Sabine Hertel, "Heute"

Gute Politiker sind Ermöglicher. Sie ermöglichen Menschen ein anständiges Auskommen und Fortkommen, Wirtschaftstreibenden sichern sie faire Marktchancen.

Schlechte Politiker ermöglichen sich selbst ein anständiges Auskommen und Fortkommen, kümmern sich vorrangig um ihren eigenen Aufstieg, die Wirtschaft lassen sie treiben. Ob aus Fahrlässigkeit oder Unkenntnis (oder beidem) lässt sich nicht immer sagen.

Vielleicht haben Sie sich gewundert, warum "Heute" mit einer weißen Titelseite erscheint. Der Großteil der Tageszeitungen nutzt den heutigen Tag der Pressefreiheit, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen. Wir wollen veranschaulichen, wie Österreichs Medienzukunft aussehen könnte – überall gähnende Leere.

Neues ORF-Gesetz bläst Private aus dem Markt

Letzte Woche wurde von der Bundesregierung das neue ORF-Gesetz in Begutachtung geschickt. Es sorgt ab 2024 dafür, dass an der "größten Medienorgel des Landes" neue, hübsche Pfeifen montiert werden können. Der ORF bekommt mehr Geld, darf mehr. Es besteht die reale Gefahr, dass diese Medienorgel die Privatverlage aus der Medienlandschaft bläst.

➤ Die Haushaltsabgabe sichert dem ORF 710 Millionen Euro im Jahr, 19 Millionen mehr als heuer.

100 Millionen Euro gibt es als Körberlgeld dazu, etwa damit Sport+ und das Radio-Symphonieorchester erhalten bleiben.

➤ Das Werbegeld kommt obendrauf, darunter die doch immer so verpönten "Inserate" der öffentlichen Hand. 2022 erhielt der ORF 25,5 Millionen Euro, mit Abstand am meisten von allen.

➤ Gebührenerlöse über 710 Millionen Euro kommen auf ein Sperrkonto und werden dem ORF zugeschossen, wenn Geld knapp wird.

Worum geht es?
Die Regierung hat eine neue ORF-Novelle in Begutachtung geschickt. Durch geplante Ausweitung der ORF-Aktivitäten im digitalen Bereich sind private Medienangebote existentiell bedroht. 14 heimische Tageszeitungen erscheinen am heutigen 3. Mai (Tag der Pressefreiheit) mit einer leeren Titelseite. Auf diese Weise soll auf die existentielle Bedrohung der österreichischen Medienvielfalt in Folge der geplanten ORF-Gesetzesnovelle aufmerksam gemacht werden. Beim Protest mit dabei sind: Der Standard, Die Presse, "Heute", Kleine Zeitung, Kronen Zeitung, Kurier, Neue Vorarlberger Tageszeitung, NÖN, OÖ Volksblatt, OÖ Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten und Wiener Zeitung. Die Wochenzeitungen "Die Furche" und "Salzburger Woche" ziehen am Erscheinungstag 4. Mai nach. "profil" begleitet die Aktion online, die Tageszeitung "Österreich" in einem Leitartikel. 
➤ WEITERLESEN: "710 Millionen" – brisanter ORF-Brief an Kanzler Nehammer >>

Über eine Milliarde für ORF

Alles in allem wird der ORF über eine Milliarde verfügen. Im Konzertsaal Öffentlichkeit bedient er in Hinkunft eine goldene Orgel, der Rest der Branche spielt Schifferklavier. Das kann nicht einmal im Sinn des ORF sein.

Natürlich, dass die Zahl der Nachrichten auf orf.at reduziert werden soll, sorgt für Disharmonie. Aber: Die Texte der "blauen Seite" können um Videos, Radiobeiträge, Podcasts erweitert werden, orf.at wird die mächtigste Nachrichtenseite des Landes bleiben und dazu die größte Multi­mediaseite des Landes werden.

Für Private bleibt da kaum Markt übrig. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel? Wie sollen Redaktionen finanziert werden? Das wird zum schleichenden Tod vieler Angebote führen – Print, im Web. News kommen dann von Facebook, Telegram, einer KI. Das kann man mit Achselzucken zur Kenntnis nehmen oder für eine Bedrohung der Demokratie halten.

Deshalb die weiße Titelseite. Kein Hilferuf, eine Zukunftsskizze. Danke für Ihr Verständnis!

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    25.12.2024: Passagier-Flugzeug am Weg nach Russland abgestürzt. Wie das kasachische Verkehrsministerium berichtet, ist ein Linienflieger aus Aserbaidschan am Weg nach Tschetschenien abgestürzt.
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