Gesundheit
Keine Energie zum Sprechen – 13-Jährige mit Long Covid
Sie ist gerade einmal 13 Jahre alt, vor einem Jahr infizierte sie sich mit SARS-CoV-2. Mit den Folgen kämpft sie noch heute – im Reha-Zentrum Kokon.
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen hat einen neuen Negativrekord erreicht: 47.795 waren es am Mittwoch, am Donnerstag wurden sogar 49.432 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet – so hohe Fallzahlen gab es noch nie – und am Freitag erneut 49.323. Was soll's, in 14 Tagen ist alles vorbei? Wohl kaum, denn Schätzungen zufolge werden schon bald 10 bis 20 Prozent davon zwar offiziell als genesen gelten, aber nie wieder gesund werden. Die Diagnose: Long Covid, ein Sammelbegriff für gesundheitliche Langzeitfolgen, die nach selbst nach einer leichten Erkrankung an COVID-19 nie wieder verschwinden können.
Anna R. (Name von der "Heute"-Redaktion geändert) ist eine von ihnen. Im Herbst 2020 infizierte sie sich mit dem Coronavirus, ein paar Monate später traten bei der heute 13-Jährigen die ersten Long-Covid-Beschwerden auf.
Keine Motivation für den Tag
"Von Müdigkeit, Schwäche, Unruhe, Konzentrationsproblemen, Gedächtnislücken bis hin zu Atemprobleme … ganz viele verschiedene Sachen vom physischen bis zum psychischen", erklärt Anna R. ihre Symptome. "Besonders mit der Luft ist es bei uns Long-Covid-Patienten sehr schwierig. Automatisch kommen dann auch eben viele Ängste sowie eine depressive oder aggressive Verstimmung und man hat am Morgen einfach keine Motivation für den Tag."
Ein gewöhnlicher Alltag ist für sie kaum noch zu bewältigen, an Sport ist kaum zu denken. "Vor allem die Schule und das Nachdenken sind am schwierigsten, dass ich teilweise sogar für ein paar Tage gar nicht mehr hingehen kann. Normalerweise auch nur für ein paar Stunden und mit sehr vielen Pausen. Teilweise habe ich nicht einmal Energie zum Sprechen."
Ohnmacht und Lärmempfindlichkeit
Das Schlimmste an der derzeitigen Situation sie das Schwindelgefühl nach dem Aufstehen. "Mir wird schwarz vor den Augen und falle um." Hinzukomme ein enormer Druck auf den Brustkorb, "wie wenn dich etwas erdrückt". Besonders empfindlich reagiert die Jugendliche auf Licht oder Lärm. "Ich bin sehr empfindlich und sensibel geworden. Grelles Licht oder viele Menschen und damit auch viele Stimmen und Geräusch machen mir zu schaffen."
Aktuell ist sie eine von sechs Long-Covid-Patienten unter 18 Jahren, die im Reha-Zentrum "Kokon" lernen sollen, mit ihrem Energielevel zu haushalten oder im besten Fall wieder vollständig gesund zu werden. "Die Prognose auf völlige Wiederherstellung bei jüngeren Patienten ist deutlich besser als bei Erwachsenen. Die meisten Betroffenen werden zwischen 4 und 12 Wochen nach der Infektion wieder gesund", so Anna Maria Cavini, ärztliche Leiterin der Kinder-Reha "Kokon" in Bad Erlach.
Akkus aufladen
Doch bis dahin ist es für die 13-Jährige noch ein langer Weg mit Atemtherapie, Ergotherapie, Psychotherapie und noch viel mehr. "Es wird einem sehr viel geholfen und immer auf die Wünsche eingegangen. Man fühlt sich sicher und verstanden. Es ist wie dein kunterbuntes Zuhause für kurze Zeit. Wir lernen uns selbst besser kennen und wissen, wann wir Pausen brauchen - das lernen wir hier mithilfe eines Akkustandes von 0 bis 100 Prozent, wie bei einem Handy nur mit unserem Körper."
Für die Zukunft wünscht sich das 13-jährigen Mädchen einfach nur, "dass der Alltag wieder leichter wird und dass ich die Schule gut schaffe und das Leben Spaß macht."