Trotz zu weniger Kapazitäten

Kassenärzte verlieren Vertrag mit 70 – mit 1 Ausnahme

Mit Erreichen des 70. Lebensjahres können Ärzte nur noch als Wahl- oder Privatarzt arbeiten – mit einer einzigen Ausnahme.
Heute Life
28.01.2025, 13:25

Ärztemangel ist ein Problem, das nicht nur Österreich betrifft. In der Slowakei wurde jetzt ein Gesetz verabschiedet, das Ärzten den Protest gegen niedrige Löhne faktisch verbieten und sie so zur Weiterarbeit zwingen könnte, um einen Crash des Gesundheitssystems zu verhindern. "Heute" hat berichtet.

In Österreich besteht vor allem ein Mangel an Kassenärzten. Die Folge davon: Viele nehmen keine neuen Patienten mehr oder es muss mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden. Eine wesentliche Problematik liegt in der derzeitigen Unattraktivität der Kassenverträge, die viele Mediziner dazu bewegt, sich als Wahlarzt niederzulassen. Seitens der Ärztekammer werden unter anderem die viel zu niedrigen Kassenhonorare kritisiert. Infolge der zu niedrigen Honorare müssen Ärzte täglich möglichst viele Patienten "abarbeiten", um am Ende des Monats davon leben zu können und den Betrieb der Ordination und alle Gehälter bezahlen zu können. Was darunter leidet, ist die Zeit, die der Arzt (nicht mehr) für den Patienten hat, denn Zeit ist Geld. Daher liegt nach der Facharztausbildung oft der Weg in die Wahlarztpraxis nahe, da dort Honorare und Öffnungszeiten selbst bestimmt werden können.

Altersgrenze im Sozialversicherungsgesetz festgelegt

Weiters spielt das Alter des Arztes eine Rolle: Erreicht ein etablierter Kassenarzt das 70. Lebensjahr, erlischt der Vertrag mit der Krankenkasse automatisch. Auf "Heute"-Anfrage heißt es dazu seitens der ÖGK: "Für Vertragsärzt*innen gibt es eine gesetzlich geregelte Altersgrenze (das ist im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz niedergeschrieben), die mit Vollendung des 70. Lebensjahres festgesetzt ist."

Ausnahme von der Regel

Ausnahmen von der Regel seien jedoch möglich. Im ÖGK-Statement heißt es weiter: "Wenn ein Vertragsarzt bzw. eine Vertragsärztin gerne weiterarbeiten möchte und bei seinem/ihrem Ausscheiden eine ärztliche Unterversorgung droht (also im Zuge der Ausschreibung der Stelle keine Nachfolge gefunden werden kann), sind im Einzelfall und im Einvernehmen von ÖGK und der regional zuständigen Ärztekammer Ausnahmen von dieser gesetzlichen Bestimmung möglich."

"Erfahrungsschatz geht verloren"

2025 vollenden österreichweit 76 Vertrags-Allgemeinmediziner das 70. Lebensjahr. Das sind ca. 1 % der Vertragsärzte. Laut Österreichischer Ärztekammer (ÖÄK) gäbe es jedoch Interesse, auch jenseits der 70 noch kassenärztlich tätig zu sein, so konstatiert Dietmar Bayer, stellvertretender Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. "Warum sollte man es ablehnen, wenn sich jemand freiwillig bereit erklärt, noch weiterzuarbeiten und mitzuhelfen, die Versorgung in seinem unmittelbaren Umfeld abzusichern?". Die Aufhebung der Altersbeschränkung brächte laut ÖÄK noch weitere Vorteile für alle Beteiligten. "Wir verlieren mit jeder Pensionierung einen riesigen Erfahrungsschatz. Wenn dieser noch länger den Patientinnen und Patienten sowie – etwa im Rahmen einer Gruppenpraxis – den jungen Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung stünde, könnten viele davon profitieren", hält Bayer fest.

Attraktivität der Kassenverträge steigern

Es sei aber klar, dass die Aufhebung der Altersgrenze zwar kurzfristig helfe, aber keine nachhaltige Lösung für den Kassenbereich sein kann: "Grundlegende Verbesserungen wie die Flexibilisierung des Kassenvertrages, der Abbau der Bürokratie, die Abschaffung von leistungsfeindlichen Hemmnissen wie Limitierungen und Degressionen sind neben dem einheitlichen Leistungskatalog nötig, um die Situation nachhaltig zu verbessern", sagt Bayer.

"Können es uns nicht leisten, auf Ärzte zu verzichten"

"In der aktuellen Situation können wir es uns schlicht und ergreifend nicht leisten, auf Ärztinnen und Ärzte zu verzichten, die freiwillig im Kassensystem weiterarbeiten wollen. Jede Kassenstelle, die wir so besetzt halten können, hilft uns", sagt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Die Politik ist jetzt gefragt, die Rahmenbedingungen an die heutigen gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 28.01.2025, 16:35, 28.01.2025, 13:25
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