Politik

"Die Situation wird sich auf allen Ebenen verschärfen"

Gesundheitsminister Johannes Rauch will Milliarden Euro in den kränkelnden Pflegebereich buttern. Für eine Einigung bleibt ihm aber nur wenig Zeit.

Roman Palman
Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nach einem Ministerrat im Bundeskanzleramt am 6. September 2023.
Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nach einem Ministerrat im Bundeskanzleramt am 6. September 2023.
Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

Wegen immer schlimmere werdenden Naturkatastrophen hat die Bundesregierung ein neues Paket zur Unterstützung der Blaulichtorganisationen geschnürt. Innenminister Gerhard Karner (VP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) stellten dieses am Mittwoch nach dem Ministerrat der versammelten Presse vor. 

Doch auch anderswo in Rauchs Zuständigkeitsbereich kriselt es gewaltig: im heimischen Gesundheitssystem. Durch anrollende Pensionswellen droht ein massiver Mangel an Kassen-Ärzten im niedergelassenen Bereich. Auch in den Spitälern kracht es durch Personalmangel quer durch die Bank. Etwa in der Steiermark hat man es bereits mit Geldbonis versucht, doch solche monetäre Anreize haben bisher keinen Zustrom beim Pflegepersonal bewirkt. Was also tun?

Das kränkelnde System mit noch mehr Geld kurieren. So zumindest der Plan, den der Gesundheitsminister in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der "Kleinen Zeitung" formulierte.

"Eine Milliarde pro Jahr in das System Pflege"

Durch die Pflegereform bekommen die Länder bereits 580 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um Gehälter zu erhöhen. Zusätzlich wurden Anreize in der Ausbildung geschaffen, betont Rauch. In einem zweiten Schritt soll diese Anschubfinanzierung nun über den Finanzausgleich – dieser wird aktuell in der Koalition verhandelt – für die nächsten fünf Jahre abgesichert werden: "Das bedeutet, zumindest eine Milliarde pro Jahr in das System Pflege hineinzubekommen", rechnet der Grünen-Politiker vor.

Im Sommer habe er in seinem Ressort die notwendige Legistik – "Es müssen zahlreiche Gesetze angepasst werden" – vorbereitet, die budgetären Grundvoraussetzungen geschaffen und auch den Ländern ein erstes Angebot unterbreitet. "Ende der Woche gibt es eine Runde mit den Landeshauptleuten und dem Finanzminister dazu."

"Die Situation wird sich auf allen Ebenen verschärfen." – Johannes Rauch

Doch viel Zeit bleibt nicht für die Verhandlungen. Rauch selbst spricht von einem Zeitfenster von drei bis vier Monaten. Kommt es bis dahin zu keinem Ergebnis, drohen dramatische Folgen: 

"Die Situation wird sich auf allen Ebenen verschärfen. Der Pflegenotstand, der Mangel an Pflegepersonal wird zunehmen, medizinische Leistungen werden zurückgefahren werden müssen, wenn wir jetzt nicht aktiv werden. Der Mangel bei den niedergelassenen Ärzten mit Kassenvertrag wird größer werden. Das alles wird Mehrkosten von sieben Milliarden Euro innerhalb von fünf Jahren verursachen, wenn sich das System nicht ändert", warnt Rauch in der "Kleinen Zeitung" vor teuren Konsequenzen. "Das wäre dann eine vertane Chance." Deshalb müssten die Reformschritte jetzt gelingen.

Doch werden sich Bundesländer, Sozialversicherung, Finanzminister, Ärztekammer und Co. rechtzeitig überzeugen lassen? "Auf Hoffnung zu bauen ist in der Politik wie etwas auf Sand zu bauen", mahnt der Gesundheitsminister. Er sieht aber Problembewusstsein und den Reformwillen in den Ländern, allerdings nach dem Grundsatz "Mehr Geld, aber Reformen sind notwendig".

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    Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am 4. Dezember im ORF-Talk "Im Zentrum".
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