Gesundheit

Jetzt überrollen uns 2 der gefährlichsten Virus-Wellen

Halb Österreich ist im Krankenstand, die Spitäler sind voll und die Kinderärzte heben nicht mehr ab. Zwei Experten verraten warum.

Christine Scharfetter
Allgemeinmediziner Edgar Wutscher und Virologe Lukas Weseslindtner warnen vor den derzeit zirkulierenden Viren.
Allgemeinmediziner Edgar Wutscher und Virologe Lukas Weseslindtner warnen vor den derzeit zirkulierenden Viren.
istock, MedUni Wien, picturedesk / Heute-Montage

Österreich im Ausnahmezustand: Die Krankenstände mehren sich, Schulen und Kindergärten sind zum Teil wie leergefegt. Schuld daran ist dieses Mal jedoch nicht eine Corona-Welle, sondern zwei andere gefährliche Viren, gepaart mit ein paar weitern Krankmachern.

"Wir beobachten Woche für Woche einen sehr starken Anstieg der Influenza-Infektionen", erklärt Virologe Lukas Weseslindtner vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien im "Heute"-Gespräch. Tatsächlich gibt es laut Schätzungen der AGES aktuell über 360.000 Grippe-Fälle in Österreich. Für gewöhnlich trifft die Influenza-Welle aber erst nach Weihnachten auf Österreich und nicht gleichzeitig mit einem anderen gefährlichen Virus.

Die Karte zeigt, eine massive Grippewelle schwappt derzeit über ganz Österreich. Es bleibt kein Bundesland verschont.
Die Karte zeigt, eine massive Grippewelle schwappt derzeit über ganz Österreich. Es bleibt kein Bundesland verschont.
Virologie der MedUni Wien

Lebensbedrohliche Atemnot und mangelnde Sauerstoffversorgung

"Parallel dazu haben wir einen ebenfalls signifikanten Anstieg von RSV." Ein Virus, das vor allem bei Kindern bis zum ersten Lebensjahr zu sehr schweren Infektionen führe. "Sind Zellen infiziert, klumpen sie zusammen und diese Zellen-Agglomerate verstopfen dann die Atemwege. Wenn diese noch sehr dünn sind, dann kann es zu lebensbedrohlicher Atemnot und mangelnder Sauerstoffversorgung kommen. Typischerweise kann man das dann nicht mehr Zuhause behandeln."

"Typischerweise kann man das dann nicht mehr Zuhause behandeln."

Bei Erwachsenen führe das Respiratorische Synzytial-Virus aufgrund der breiteren Atemwege hingegen für gewöhnlich nur zu Bronchitis und Husten.

Die Kurve der RSV-Fälle in Österreich geht steil nach oben.
Die Kurve der RSV-Fälle in Österreich geht steil nach oben.
Virologie der MedUni Wien

Zeitgleich sind auch noch alle anderen Viren unterwegs, so der Experte. "Saisonale Coronaviren, eine gewisse Sars-Cov-2-Aktivität gibt es, Adenoviren und Rhinoviren, die klassischen Erreger des Schnupfens. Wir haben derzeit irgendwie alles." 

Das kann auch der Allgemeinmediziner Edgar Wutscher bestätigen: "Wir haben derzeit wahnsinnig viele Patienten. Acht von zehn kommen mit Halsschmerzen und Husten in die Arztpraxen. Garniert wird das Ganze durch das RS-Virus unter den Kindern und dazwischen eingestreut gibt es bei paar Corona-Fälle", erklärt der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der ÖÄK gegenüber "Heute".

Welle der zwei gefährlichsten Viren

Doch das meiste seien aktuell nicht respiratorischen Infekte – im Mundgebrauch fälschlicherweise auch als grippale Infekte bekannt –, sondern Influenza- und RSV-Fälle. "Das sind auch die gefährlichsten", so Weseslindtner. Schließlich sei nicht nur das Respiratorische Synzytial-Virus – gegen das noch keine Impfung gibt – für vulnerable Gruppen lebensgefährlich, sondern die Influenza sei eine weit unterschätzte, schwerwiegende Infektionskrankheit, "die wirklich viele negative Folgen haben kann." Darunter auch infolge einer Grippe ein Herzinfarkt (Myokardinfarkt), wie Studien zeigen.

"Es ist nie zu spät für die Impfung."

Schutz davor biete nur die Impfung, betont der Virologe. "Auch, wenn die Welle schon da ist, es ist nie zu spät für Impfung."

Kleinkind hat 5 Infektionen gleichzeitig

Wie viele Viren aktuell zirkulieren zeigt auch ein Fall, auf den Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien aufmerksam machte: Ein Kleinkind hat sich mit fünf verschiedenen Viren gleichzeitig angesteckt. "Heute erstmals den Befund eines Kleinkindes mit PCR-bestätigter “Fünffach“ Infektion gesehen: Enteroviren, SARS-CoV-2, Influenza A, RSV und Adenoviren", schreibt sie auf Twitter.

"Das zeigt, wie stark die Zirkulation all dieser Viren im Moment ist und es zeigt auch, dass diese Viren sozusagen gleichzeitig im selben Raum zirkulieren, wie in einem Kindergarten. Und die Viren haben nun einmal überhaupt kein Problem damit, einen Menschen mehrfach zu infizieren", erklärt ihr Kollege Lukas Weseslindtner dazu.

Viren unterm Weihnachtsbaum

Wie lange diese Welle an verschiedenen Viren noch anhalten wird, lässt sich jedoch nur schwer einschätzen. "Typischerweise ist es so, dass Influenza- und RSV-Wellen mehrere Wochen anhalten, aber das hängt, genauso wie bei SARS-CoV-2, davon ab, wie sich die Leute verhalten. Sind Schulen und Kindergärten über Weihnachten geschlossen, wird es hier bestimmt wieder einen Knick geben", sagt der Virologe.

Nicht ganz so sieht es Allgemeinmediziner Wutscher: "Erfahrungsgemäß dauern diese Wellen ein Monat oder sechs Wochen. In dieser Zeit werden sich viele infizieren und somit Antikörper aufbauen."

Wer sich und seine Liebsten schützen wolle, der habe zwei Möglichkeiten, so Weseslindtner: Die Grippe-Impfung und der Abstand von offensichtlich verschnupften Menschen. Hat man einen Säugling zu Hause, so sollte man beispielsweise die FFP2-Maske in den Öffis einmal mehr richten.

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