Politik
Zur EU-Wahl fragen sich alle, wer und wie alt sie ist
Zur kommenden EU-Wahl interessieren sich die Österreicher kaum für politische Inhalte der Kandidaten. Vielmehr wird nach Privatem geforscht.
Das Google News Lab Team hat sich anlässlich der anstehenden EU-Wahl am 26. Mai angesehen, was die Österreicherinnen und Österreicher vor dieser Wahl besonders beschäftigt und welche Begriffe am meisten gegoogelt werden. Kurioses zeigt die Suche nach den österreichischen Kandidaten. Politisches interessiert nicht, Privates umso mehr.
Gamon dominiert bei Kandidaten
So dominiert Claudia Gamon von den Neos die Liste der meistgesuchten Kandidaten. Dahinter folgen Harald Vilimsky (FPÖ) und Othmar Karas (ÖVP). Platz 4 bis 10 gehen an Werner Kogler (Die Grünen), Andreas Schieder (SPÖ), Johannes Voggenhuber (Liste Jetzt), Karoline Edtstadler (ÖVP), Julia Herr (SPÖ), Simone Schmiedtbauer (ÖVP) und Katerina Anastasiou (KPÖ).
Privates interessiert mehr als Politisches
Besonders interessant wird es aber, wonach die Österreicher in Zusammenhang mit den Kandidaten nun verstärkt suchen. In nur zwei (!) von zehn Fällen geht es da nämlich um politische Inhalte. Das sind die stärksten Begriffe zu den meistgesuchten Kandidaten in Österreich:
Brennend interessiert die Österreicher der angebliche Skandal um den freiheitlichen Kandidaten. Vilimsky, Spitzenkandidat der FPÖ bei den EU-Wahlen, soll dem FPÖ-Politiker Wendelin Mölzer eine plagiierte Studie mit Steuergeld finanziert haben. Fußnoten, die Quellen zeigen würden, würden demnach komplett fehlen. Zudem sind weite Teile komplett von Plattformen wie Wikipedia oder Agenturen wie der APA sowie einigen Medien zusammenkopiert worden, samt der im Original erschienen Rechtschreibfehler, so der Vorwurf.
Zwei Mandate wollen die Grünen bei der EU-Wahl am 26. Mai erreichen, Spitzenkandidat Werner Kogler soll dafür sorgen. Doch wie, interessiert offenbar weniger als wie alt der gebürtige Hartberger ist. Wir dürfen verraten: Kogler wurde am 20. November 1961 geboren, ist 57 Jahre alt.
Auch bei den Neos steht die Frage nach dem Alter im Vordergrund, nämlich nach jenem von Spitzenkandidatin Claudia Gamon. Die Vorarlbergerin ist seit Oktober 2015 Nationalratsabgeordnete und mit Jahrgang 1988 deutlich jünger als die anderen Spitzenkandidaten. Alter: 30 Jahre.
Zurück zu den Grünen, denn hier folgt die Frage nach Koglers Familie. Kogler hat seine Familie bei Polit-Auftritrten nie ins Rampenlicht geschoben, hält Privates sehr privat. Was gesagt werden kann: Der gelernte Volkswirt und Umweltökonom lebt in Graz und Wien und befindet sich in einer Lebensgemeinschaft.
Beim freiheitlichen Kandidaten wiederum interessiert mehr die Ausbildung. Vilimsky besuchte eine Handelsakademie, die er mit Matura abschloss. Danach studierte er Wirtschaft, brach dies jedoch ab und wechselte zu einem Hochschullehrgang für Öffentlichkeitsarbeit in Wien. Danach war Vilimsky Pressereferent für mehrere Stellen, etwa das Kuratorium für Verkehrssicherheit. 1991 stießt Vilimsky als Pressereferent zur FPÖ und macht dort seither Karriere.
Endlich wird es politisch. Beim SPÖ-Kandidaten Andreas Schieder interessiert am meisten ... die "EU Wahl". Mit "Heute" sprach Schieder über alles, was er bei der EU-Wahl erreichen will und plaudert auch Privates aus – zum Beispiel, ob er schon einmal "gekifft" hat.
Beim ÖVP-Kandidaten Othmar Karas wird am meisten nach "Autounfall" gesucht. Die Vorfälle sind bereits mehrere Jahre alt. In den Jahren 1981 und 1986 war Karas in Autounfälle verwickelt, wurde dabei zumindest ein Mal schwer verletzt. Anfang der 90er stand Karas in der Kritik um eine angebliche Invaliditätsrente, die er nach einem Unfall bezogen habe. Karas empfand die Kritik als ungerecht, da er das Geld für wohltätige Zwecke gespendet habe.
Bleiben wir bei der ÖVP, aber wechseln wir den Kandidaten. Bei Simone Schmiedtbauer fällt am häufigsten der Suchbegriff "Hitzendorf". Einfache Antwort dazu: Bis vor kurzem war Simone Schmiedtbauer Bürgermeisterin von Hitzendorf im Bezirk Graz-Umgebung. Schmiedtbauer gilt als eine Kandidatin mit Mut, auch Widerstand gegen die eigene Partei zu leisten, sollte sie das als nötig empfinden. Für Aufregung sorgte zuletzt, dass Schmiedtbauer wie andere VP-Kandidaten für den EU-Wahlkampf an heimischen Schulen "tourte".
Bei der KPÖ wiederum interessieren sich die Österreicher für die politischen Inhalte der Kandidatin Katerina Anastasiou. Die Sptzenkandidatin will sich gegen die "EU-Kürzungspolitik" stellen, "Schwarz-Blau auf europäischer Ebene" verhindern und "die europäische Linke" stärken. Sie wünsche sich "eine soziale, ökologische, feministische Zukunft zum Wohle aller".
Und noch einmal geht es um den ÖVP-Spitzenkandidaten Karas, konkret um seinen Lebenslauf. Der ist gut gefüllt: Karas erhielt 1996 an der Uni Wien den Magister-Titel in Politikwissenschaft, wurde 1997 an der Hochschule St. Gallen Master of Business Law im Bereich Europäisches und internationales Wirtschaftsrecht und reichte 2017 wieder an der Uni Wien eine Dissertation zum Thema "Die europäische Demokratie – Grenzen und Möglichkeiten des Europäischen Parlaments" ein. Neben der Politik ist Karas Präsident des Österreichischen Hilfswerks, des Robert-Schuman-Instituts Budapest, Vizepräsident des Hilfswerks Austria International und der Robert-Schuman-Stiftung Vorstandsmitglied der Dr.-Kurt-Waldheim-Stiftung und Universitätslektor an der Universität Wien. Sein gesamter Lebenslauf füllt mehrere Seiten. Seine Biographie ist hier abrufbar.
Was wirklich punktet
Die Analyse zeigt aber auch, welche politischen Punkte bei den Österreichern Eindruck machen. In absteigernder Reihenfolge interessieren sich die Österreicher für das Roaming und den Daueraufenthalt in der EU, die Einwohner und deren Entwicklung, den Brexit, die EU-Sanktionen gegen Russland, Artikel 13, EU-Förderungen, die "EU-Pommes-Verordnung" und die Transparenzdatenbank.
Bei vielen Österreichern besteht bei der Wahl aber noch Lernbedarf. So sind die meistgestellten Fragen "Europawahl 2019 was wird gewählt?" (die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und damit indirekt auch der der nächste Kommissionspräsident, Anm.), "Wann ist EU Wahl?" (von 23. bis 26. Mai 2019, in Österreich am 26 Mai) und "Ist die Europawahl Pflicht?" (nur in Belgien, Irland und Luxemburg). Die Antwort "EU Wahl was soll ich wählen?", muss sich jeder selbst beantworten.
Mehr Infos zu den Spitzenkandidaten gefällig? In der "Heute.at"-Videoserie beantworten die Politiker private und politische Fragen:
(rfi)