Unterschätzt
500 Fälle – viel mehr Polizei-Beschwerden als erwartet
Ein Jahr nach Einrichtung einer Beschwerdestelle bei Gewaltvorwürfen gegen die Polizei gab es schon 500 Beschwerden. Erwartet wurden nur 300.
Es waren Fälle wie jene, über die "Heute" in den vergangenen Jahren berichtete, die zur Schaffung einer Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen die Polizei (EBM) beigetragen haben. Reagiert wurde damit auch auf die Kritik mehrerer NGOs.
Angesichts des Jahrestags zieht der EBM-Beirat eine erste Bilanz. "Viel Zuspruch" und einen "hohen Einsatz aller Beteiligten" erkennt in dieser Pionierphase der Beiratsvorsitzende
Meinrad Handstanger, ehemaliger Senatspräsident im Verwaltungsgerichtshof.
Zwei Anklagen, eine Verurteilung
Die Anzahl der eingebrachten Beschwerden übertreffe die Kalkulationen des Gesetzgebers bei Weitem. Statt der durchschnittlich 300 Vorwürfe der letzten Jahre hätten sich nach der Einrichtung der Stelle im letzten Jahr bereits mehr als 500 Personen beschwert. Der Beirat erkennt darin das steigende Vertrauen von Betroffenen in eine wirksame Aufklärung. Aber auch unter den Exekutivbediensteten habe sich die EBM dem Vernehmen nach einen Ruf als professionelle Einheit erworben.
Rund 190 der Verfahren sind bereits eingestellt worden, bei weiteren 200 gab es nicht einmal einen ausreichenden Anfangsverdacht. In zwei Fällen kam es zu einer Anklage, einer wurde diversionell erledigt.
Nachbesserungen nötig
"An der hohen Akzeptanz der EBM kann man ablesen, wie ein tätiges Bekenntnis zur Fehlerkultur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger stärken kann und gleichzeitig allen Polizistinnen und Polizisten nützt, die eine gute Arbeit leisten", sagt Handstanger. Auch die Zusammenarbeit zwischen EBM-Leitung und EBM-Beirat laufe tadellos.
Allerdings gibt es auch Verbesserungspotenzial. Neben der angespannten Personalsituation brauche es auch legistische Nachbesserungen.
"Die EBM ist ein Instrument der Prävention, nicht der Sanktion. Sie dient nur der Ermittlung, nicht der Bestrafung. Daher messen wir den Erfolg der EBM daran, wie rasch, gründlich und unabhängig die Vorwürfe untersucht werden. Dazu braucht es weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen", erklärt der Beiratsvorsitzende: "Die EBM soll jeden Fall erschöpfend ermitteln können, die Rechtsprechung kommt dann der unabhängigen Gerichtsbarkeit zu."
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Auf den Punkt gebracht
- Die Ermittlungs- und Beschwerdestelle zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen die Polizei (EBM) verzeichnete im letzten Jahr über 500 Beschwerden, weit mehr als die erwarteten 300.
- Der EBM-Beirat sieht darin ein Zeichen des gestiegenen Vertrauens der Bürger in die Aufklärung, betont jedoch die Notwendigkeit von personellen und legislativen Verbesserungen, um die Effizienz der Untersuchungen weiter zu steigern.