Niederösterreich

Jäger dürfen in NÖ jetzt Wölfe erschießen

Mit der diese Woche in Kraft vertretenen Verordnung wird die Entnahme von "Problemwölfen" nun einfacher.

Erich Wessely
Fotofallenbilder zeigen Jungtiere im Natura 2000-Gebiet am Truppenübungsplatz Allentsteig. Es sind die ersten Wölfe, die seit ihrer Ausrottung vor über 100 Jahren in freier Wildbahn geboren wurden.
Fotofallenbilder zeigen Jungtiere im Natura 2000-Gebiet am Truppenübungsplatz Allentsteig. Es sind die ersten Wölfe, die seit ihrer Ausrottung vor über 100 Jahren in freier Wildbahn geboren wurden.
BMLVS

In Niederösterreich wurde die seit Ende 2018 bestehende Wolfsverordnung adaptiert. Abschreckung und Entnahme von "Problemwölfen" werden nun rascher und unter genauen Vorgaben ohne vorherige behördliche Anordnung möglich sein, wie auch LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) kürzlich in einer Pressekonferenz erklärte. Die neue Regelung wurde einstimmig von der Landesregierung beschlossen. In Kraft trat die Verordnung am 3. April, sie ist vorerst für zwei Jahre befristet.

Bisher waren mögliche Schritte bei Wolfsaktivität in einer nun sogenannten ersten Verordnung zum NÖ Jagdgesetz geregelt. Im Anhang dazu angeführt sind die Szenarien unbedenkliches, auffälliges, unerwünschtes und nicht zuletzt problematisches Verhalten des Wolfes. Maßnahmen zur Abwendung von Schäden an Nutztieren sind demnach Vergrämung oder Abschuss. Sie sollen in den Stufen 3 (unerwünschtes Verhalten) und 4 (problematisches Verhalten) zur Anwendung kommen. In den beiden niedrigeren Stufen sind Information der Bevölkerung und Überwachung vorgesehen. Vergrämungen und Abschüsse müssen generell behördlich angeordnet werden.

Behördliche Anordnung nicht mehr nötig

Hier bringt die sogenannte zweite Wolfsverordnung eine Änderung. Eine behördliche Anordnung wird nicht mehr benötigt. Festgelegt werden hingegen exakte Verhaltensweisen des Raubtieres, die entsprechende Handlungen zur Folge haben dürfen. Bei Vergrämungen durch Jäger in Form von Warn- oder Schreckschüssen ist dies u.a, dass sich ein Wolf mehr als zweimal binnen einer Woche auf unter 100 Meter an eine Siedlung annähert und dabei beobachtet wird oder, dass das Tier öfter als zweimal innerhalb von sieben Tagen eine vom Menschen geschaffene Futterquelle - etwa Kompost oder Biomüll - aufsucht. Als charakteristisch für Vergrämungen gilt unerwünschtes Verhalten.

Dann kann es zum Abschuss kommen

Zeigt ein Wolf problematisches Verhalten, ist eine Entnahme binnen vier Wochen in jenem Jagdgebiet möglich, in dem diese Aktivität registriert wurde. Zu einem Abschuss führen kann u.a., wenn sich ein Wolf öfter als zweimal binnen einer Woche "während der Aktivitätszeit des Menschen", also von 6.00 bis 22.00 Uhr, in einer Siedlung oder bei bewohnten Gebäuden aufhält. Ebenfalls zur Entnahme kommen kann es, wenn das Tier einem Menschen trotz Vertreibungsversuchen folgt oder einen Hund in einer Siedlung bzw. in bewohntem Gebiet tötet.

Optische und akustische Signale

Generell ist auch eine "Vertreibung durch jedermann" durch optische und akustische Signale von der neuen Verordnung gedeckt. Nach jeder solchen Handlung - genauso wie infolge einer Vergrämung oder Entnahme - ist der Jagdausübungsberechtigte des jeweiligen Gebiets unverzüglich zu informieren. Weiters muss binnen 24 Stunden eine telefonische oder schriftliche Meldung an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gehen. Von dieser wird dann die Untersuchung bzw. Probennahme übernommen.

Sieben Wolfsrudel in Österreich

Laut Pernkopf gibt es derzeit sieben Wolfsrudel in Österreich, davon sind vier im niederösterreichischen Waldviertel ansässig. Hinzu kämen durchziehende Individuen, die Risszahlen von Nutz- und Wildtieren hätten sich seit 2020 "fast verdoppelt". Nicht zuletzt deshalb würden sich Menschen in "ihrer subjektiven Sicherheit bedroht" fühlen, die neue Verordnung sei dadurch notwendig geworden. Die Entnahme bleibe weiterhin "letzter Ausweg", betonte der Landesvize.

Nach Angaben des Landes gab es in Niederösterreich bis dato keinen Abschuss eines Wolfes. Vergrämungsbescheide sind im Bundesland demnach 2018 (für zehn Jagdgebiete) und 2022 (in neun Jagdgebieten) ausgestellt worden.

Scharfe Kritik von Tierschützern

„Die Verfahren zum Abschuss von Wölfen ohne Beteiligung von Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind rechtswidrig, denn die Aarhus-Konvention stellt dieses Mitspracherecht sicher. Daher hätten der Wiener Tierschutzverein und andere Vereine zum Schutz von Natur und Lebensräumen Parteistellung in allen Verfahren, in denen ganz konkret, also mit Bescheid, Eingriffe verfügt werden. Die österreichischen Bundesländer haben sich aber einen juristischen Trick einfallen lassen, um die Mitsprache der Umwelt- Vereine auszuhebeln: Sie erlassen allgemeine Verordnungen statt konkreter Bescheide. Das wird sich rächen, weil zu glauben, dass die derartigen Machenschaften von den europäische Gremien und den Verfassungsschützern in Österreich bestand haben, ist genau so naiv wie der Glaube an die Märchen vom Bösen Wolf,“ so Madeleine Petrovic, Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins (Tierschutz Austria).

Die Organisation hält zudem fest, dass Wölfe, wie Raubtiere überhaupt, auch notwendig sind, um das ökologische Gleichgewicht und die gesunde Entwicklung der Population der Beuteltiere sicher zu stellen. „Der Glaube, dass der Mensch die Natur besser steuern kann als sie sich selbst, ist gefährlich. Raubtiere und Beutetiere haben seit Jahrmillionen in Lebenskreisläufen miteinander gelebt, bis der Mensch begann, ihre Lebensräume zu zerstückeln und sie mit Schauermärchen zu trennen. Zudem werden Wölfe oft zu Problemen, weil sie gejagt und vom Rudel getrennt werden,“ so die Tierschützerin.

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