Experten-Analyse

Horror-Szenario – Moskau warnt vor "drittem Weltkrieg"

Washington lässt den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland zu. Moskau reagiert scharf. Zwei Experten analysieren die Situation.

Horror-Szenario – Moskau warnt vor "drittem Weltkrieg"
Der Krieg in der Ukraine könnte sich zu einem dritten Weltkrieg ausbreiten, warnt nun auch Moskau. Doch was ist dran an den Drohungen?
via REUTERS

Die USA haben der Ukraine nach langem Zögern den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland erlaubt. Aus Moskau folgen scharfe Töne: Die USA wollten weitere Eskalation und Spannungen provozieren. Was kann die Ukraine ins Visier nehmen und wird das den Kriegsverlauf ändern? Und was ist mit Russlands Drohungen? Antworten von Oberst Markus Reisner und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy.

Was ist passiert?

Erstmals geben die USA der Ukraine grünes Licht für den Einsatz weiter reichender Waffen gegen Russland. Dies als Reaktion auf die russische Stationierung Tausender nordkoreanischer Soldaten, zitieren die "New York Times" und die "Washington Post" US-Regierungsvertreter. Ob Großbritannien und Frankreich gleichziehen und den Einsatz von STORM SHADOW und SCALP (Reichweite 560 Kilometer) ebenfalls und mit Zustimmung der USA erlauben, ist offen.

BILDER: So zerstört ist Ukraine-Frontstadt Wuhledar

1/23
Gehe zur Galerie
    Eines der letzten verfügbaren Satellitenbilder vor dem Fall: Die Frontstadt <strong>Wuhledar</strong> in der Oblast Donezk am 29. September 2024.
    Eines der letzten verfügbaren Satellitenbilder vor dem Fall: Die Frontstadt Wuhledar in der Oblast Donezk am 29. September 2024.
    Planet Labs Inc. via REUTERS

    Welche ATACMS?

    Eingesetzt werden darf fortan das US-System ATACMS – zumindest in der Kurzstreckenversion mit einer Reichweite von 165 Kilometern. Ob Washington auch den Einsatz der ATACMS-Langsreckenversion mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern bewilligt, ist unklar.

    "Derzeit deutet noch nichts daraufhin", so Reisner, der sich am Montagvormittag auf dem Rückweg von den USA befand. Tatsächlich wäre es der Ukraine erst mit dieser Fähigkeit möglich, russische Munitionsdepots und Flugplätze umfassend anzugreifen und massiven Druck auf die russische Seite auszuüben.

    Ein Game Changer?

    Zudem sei offen, "wie viele Langstreckenraketen respektive Munition die Ukraine aktuell überhaupt noch hat", sagt Osteuropa-Experte Alexander Dubowy. "Nach allem, was wir abschätzen können, wird das eher überschaubar sein." Beide Experten sind sich vor diesem Hintergrund einig: Militärisch werde das für die Ukraine wohl kein Game Changer.

    Mit dem ATACMS-Entscheid soll der Ukraine ermöglicht werden, die besetzten russischen Gebiete in Kursk solange wie möglich zu halten. Reisner: "Dies würde eine etwaige Verhandlungsposition der Ukraine verbessern und nicht zwangsweise zu einer – bis jetzt von den USA immer vermiedenen – Eskalation führen."

    Wachsendes Eskalationspotential?

    Die Reaktionen auf Washingtons Beschluss fielen scharf aus. Bidens Genehmigung könne zum Beginn des dritten Weltkrieges führen, warnte Wladimir Jabarow, der erste stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Internationale Angelegenheiten des russischen Föderationsrates. "Das ist ein sehr großer Schritt", sagte er der Nachrichtenagentur TASS. "Und die Amerikaner gehen ihn wegen eines scheidenden alten Mannes, der in zwei Monaten für nichts mehr verantwortlich sein wird."

    Kreml-Sprecher Dimitri Peskow warnte, US-Präsident Biden würde "Öl ins Feuer" giessen.

    Moskau sieht den Einsatz weitreichender westlicher Waffensysteme gegen russisches Territorium als direkte Kriegsbeteiligung von NATO-Staaten am Krieg und behält sich Gegenmaßnahmen vor. "Wir haben derlei Drohungen bereits zuhauf gehört", kommentiert Russlandkenner Dubowy. "Doch es wird keinen dritten Weltkrieg geben. Würde Putin aus einem Kernwaffeneinsatz einen Vorteil ziehen, hätte er einen solchen längst veranlasst."

    Markus Reisner ist Militärhistoriker und ein österreichischer Offizier/Oberst. Er leitet das Institut für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wien.
    Alexander Dubowy ist Politanalyst und Berater in internationalen Politik- und Sicherheitsthemen mit Fokus auf Osteuropa, Russland und den GUS-Staaten ("Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" mit den meisten Nachfolgestaaten der Sowjetunion).

    Die Bilder des Tages

    1/50
    Gehe zur Galerie
      <strong>19.11.2024: Kerzen, Stofftiere – Gemeindebau trauert um toten Buben.</strong> Nach dem Tod eines 4-Jährigen in Favoriten trauern Nachbarn und Angehörige. Laut den Nachbarn wirkte die Mutter oft überfordert mit dem Kind. <strong><a data-li-document-ref="120073120" href="https://www.heute.at/s/kerzen-stofftiere-gemeindebau-trauert-um-toten-buben-120073120">Weiterlesen &gt;&gt;</a></strong>
      19.11.2024: Kerzen, Stofftiere – Gemeindebau trauert um toten Buben. Nach dem Tod eines 4-Jährigen in Favoriten trauern Nachbarn und Angehörige. Laut den Nachbarn wirkte die Mutter oft überfordert mit dem Kind. Weiterlesen >>
      Sabine Hertel (Fotomontage)

      Auf den Punkt gebracht

      • Die USA haben der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland erlaubt, was zu scharfen Reaktionen aus Moskau führte, die vor einer Eskalation bis hin zum dritten Weltkrieg warnen
      • Experten wie Oberst Markus Reisner und Osteuropa-Experte Alexander Dubowy bezweifeln jedoch, dass dies militärisch ein Game Changer für die Ukraine sein wird, und sehen keine unmittelbare Gefahr eines dritten Weltkriegs
      20 Minuten, mrr
      Akt.