Politik
"Hochexplosiv" – wird Minister Rauch scheitern?
Das Gesundheitssystem des Landes brauche dringend eine umfassende Reform, fordert Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher.
Im heimischen Gesundheitssystem kriselt es an vielen Ecken und Enden – nicht nur in Wien. Die Gesundheitsökonomin Maria Magdalena Hofmarcher-Holzhacker betont im Ö1 Morgenjournal am Freitag die Wichtigkeit einer umfassenden Reform,
Die Situation erinnere an eine hausgemachte Klimakrise, so die Expertin im Radio-Talk. "Die Spitäler werden zunehmend mit Aufgaben geflutet, weil, Erstens, immer mehr tagesklinische Fälle im normalen Stationsbetrieb sind, aber insbesondere auch, dass dieser ambulante Sektor – und davon auch die Kassenmedizin – über Jahre ausgetrocknet ist.“
"Diese Krise spüren alle"
Die bisherigen Reformen hätten diese Ungleichgewichte noch nicht beseitigen können. Ebenso krisele es in den "Zusammenarbeitskulturen zwischen den Entscheidungsträger:innen und der Finanzierungssituation". "Diese Krise spüren alle Menschen!"
Insgesamt sei die Infrastruktur des östereichischen Gesundheitssystems, darunter der Spitalssektor, "sehr gut aufgestellt". "Es entwickelt sich auch alles in die richtige Richtung. Heißt: Die Anzahl an Entlassungen bzw. Aufnahmen geht zurück, die Bettendichte geht zurück. Wir sind auf einem guten Weg." Dazu habe man auch "toll ausgebildete und motivierte" Beschäftigte, ohne die das alles nicht zu stemmen sei.
ABER: Der niedergelassene Bereich sei noch nicht gut genug "aufgerüstet". Am anderen Ende der Versorgungskette müsse man nun schauen, wie Menschen, die nicht mehr in Spitälern betreut werden sollten auch außerhalb gut versorgt werden. Die Pflegepersonal-Frage habe nun oberste Priorität.
"Hoch an der Zeit"
Bei den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen mit der Bundesregierung müssten alle Interessensvertreter nun zuschauen, dass mit dem Geld "auch wirklich ein Unterschied" gemacht werde. "Es ist hoch an der Zeit, dass man hier versucht, diese Finanzierungssituation und die Verteilung der Mittel für die Finanzierung der Spitalsfinanzierung auf bessere Beine zu stellen."
Sie selbst könne sich vorstellen, dass die Gemeinden auf Kostenseite entlastet und den Betrag von 1,4 Milliarden Euro zur Spitalsfinanzierung den Ländern umhängt – inklusive eines Vorgabenkatalogs des Bundes zum Verwendungszweck. "Damit hätten wir eine Straffung und Vereinheitlichung im stationären Sektor". Weiter müssten dann Spitalsambulanzen, niedergelassene und Kassenmedizin und mobile Pflege "zusammen gedacht" werden.
"Ich wünsche mir, dass die Krankenversicherung und die Länder die Köpfe zusammenstecken und planen. Diese Köpfe sollen rauchen!", so Hofmarcher zur Vision einer umfassenden Reform des Gesundheitssystems.
Wird Rauch scheitern?
Doch dieser Traum könnte platzen. Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch hatte bereits im Vorfeld zu den Verhandlungen von der Möglichkeit des Scheiterns gesprochen – er wäre nicht der erste Ressort-Chef, dem das passiert.
"Wird auch dieser Gesundheitsminister scheitern?", so die knallharte und direkte Frage des Ö1-Reporters dazu an seinen Studiogast. Hofmarcher: "Ich wünsche es ihm nicht, aber es ist natürlich hochexplosiv".
Es sei "richtig und notwendig", dass diese Themen gesetzt und besprochen würden. "Das muss unbedingt jetzt sein!", sagt sie angesichts der prekären wirtschaftlichen Phase des Landes und der kommenden Stagflation. Entspannung sei laut OSZE-Prognosen erst Mitte 2024 in Sicht.
"Wir müssen die Potenziale des gesamten Gesundheitssystems heben, auch wenn wir keinen Spardruck haben, so wie der Minister versprochen hat."