Um die Verhütung kümmern sich in vielen Fällen allein die Frauen. Das zeigt der erste österreichische Verhütungsbericht, den Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im Juni präsentierte.
Demnach verhüten in Österreich aktuell rund 1,2 Millionen Frauen im Alter zwischen 14 und 45. Mehr als die Hälfte der Frauen trägt die Kosten für die Verhütung, die zwischen 30 und 230 Euro pro Jahr liegen, allein. Laut Befragung würden 37 Prozent der Frauen anders verhüten, wenn sie die Kosten nicht selbst tragen müssten.
"Viele können aus finanziellen Gründen nicht oder nicht mit der gewünschten Methode verhüten. Der Zugang zu modernen und sicheren Verhütungsmethoden darf keine Frage des Einkommens sein“, sagt Rauch.
„Der Zugang zu modernen und sicheren Verhütungsmethoden darf keine Frage des Einkommens sein“Johannes RauchGesundheitsminister (Grüne)
Das Gesundheitsministerium stellt deshalb bis 2026 knapp eine Million Euro für ein Forschungs- und Pilotprojekt in Vorarlberg bereit, bei dem 3.500 Frauen Verhütungsmittel für ein Jahr kostenlos erhalten. Das Projekt startet am 1. Oktober. Umgesetzt wird es von der Servicestelle femail und der aks gesundheit GmbH. Und das Interesse ist groß: schon jetzt gibt es 450 Anmeldungen.
Die Voranmeldung ist weiterhin direkt in der femail Fachstelle Frauengesundheit oder online möglich: INVVO – Informiert Verhüten in Vorarlberg (femail.at).
"Unser Ziel ist es, Verhütung und Verhütungsberatung für Mädchen und Frauen langfristig in ganz Österreich kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das gehört für mich zu einer modernen Gesundheitsversorgung dazu. Das Pilotprojekt hilft uns, wichtige Daten und Erfahrungen zu sammeln und die nötigen Strukturen zu etablieren“, betont Rauch.
Mit dem Budget von 950.000 Euro kann in Vorarlberg etwa jede 20. Frau zwischen 14 und 45 Jahren mit Verhütungsmitteln und -beratung versorgt werden. In absoluten Zahlen sind das bis zu 3.500 Jugendliche und Frauen.
Bei Kurzzeitverhütungsmitteln wie Pille, Kondomen, Hormonring oder 3-Monatsspritze werden die Kosten für ein Jahr übernommen. Bei Langzeitmethoden wie Spirale oder Hormonimplantat werden die Kosten für das Produkt und das Einsetzen zur Gänze übernommen. Die Teilnahme an einer Verhütungsberatung ist freiwillig.
Ab 1. Oktober werden die Teilnehmerinnen zu einem persönlichen Termin ins femail eingeladen. Anschließend wird das individuell passende Verhütungsmittel bei der betreuenden Gynäkologin verordnet (z.B. beim nächsten Vorsorgetermin) und die Verschreibungsdauer festgelegt. Mit der Bestätigung der Fachärztin/des Facharztes können Kurzzeitverhütungsmethoden wie Pille, Pflaster oder Ring kostenlos in der Apotheke bezogen werden. Zur Anwendung von Langzeitmethoden wie Spirale, Implantat oder Kette erfolgt ein weiterer Termin in der gynäkologischen Praxis. Gespräche über die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit den Fachärzten laufend derzeit.
Das Projekt wird von der Gesundheit Österreich GmbH wissenschaftlich begleitet. Sie untersucht, wie sich das Verhütungsverhalten von Frauen ändert, wenn sie Verhütungsberatung und Verhütungsmittel kostenfrei erhalten. Die Teilnehmerinnen liefern im Projektverlauf mehrmals Informationen und Daten. Diese werden unter Einhaltung strenger Datenschutz-Standards wissenschaftlich ausgewertet.
Die aks gesundheit GmbH ist für die finanziellen Aspekte des Projekts verantwortlich. Die gynäkologischen Leistungen, wie beispielsweise das Einsetzen einer Spirale und die durch Apotheken abgegebenen Verhütungsmittel werden dem aks monatlich in Rechnung gestellt.
Die SPÖ begrüßt das in ihrer Sicht längst überfällige Projekt. "Es ist gut, wenn langjährige SPÖ-Forderungen wie die nach kostenlosen Verhütungsmitteln aufgegriffen werden", so SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner: "Dabei sollten kostenlose und passende Verhütungsmittel längst eine Selbstverständlichkeit sein."
„Kostenlose Verhütungsmittel sollten längst eine Selbstverständlichkeit sein“Eva-Maria HolzleitnerSPÖ-Frauensprecherin
Die SPÖ hat erst kürzlich einen Initiativantrag für Gratis-Abgabe von Verhütungsmittel für alle unter 24-Jährigen eingebracht.
Es sei "höchste Zeit, dass Verhütungsmittel in Österreich endlich kostenfrei zur Verfügung gestellt werden“, so Holzleitner. Vorbilder gäbe es in Europa inzwischen einige – in Deutschland etwa bekommen junge Frauen bis zum 22. Geburtstag alle verschreibungspflichtigen Verhütungsmittel von der Krankenkasse erstattet; Frankreich stellt unter 26-Jährigen kostenlose Kondome zur Verfügung