Politik

Gewessler knallhart im ORF: "Kann nicht mehr sein!"

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler sieht Österreich auf dem richtigen Klima-Weg, doch die politische Umsetzung geht ihr zu langsam. 

Roman Palman
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    Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 15. Jänner 2023 zu Gast in der ZiB2 mit Martin Thür.
    Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 15. Jänner 2023 zu Gast in der ZiB2 mit Martin Thür.
    Screenshot ORF

    Noch immer hat Österreich kein Klimaschutzgesetz, so wie es die Regierung zum Amtsantritt versprochen hatte. Das Land schlittert auf dem derzeitigen Kurs aber massiv an seinen Klimazielen vorbei, enorme Strafzahlungen drohen. Auf der Regierungsklausur in Mauerbach gab es in der drängenden Causa aber keine Fortschritte.

    Wo hakt es also in der Regierung? Martin Thür will es jetzt endlich wissen. Nachdem sich der ORF-Star mit dieser Frage bei seinem allerersten Interview mit Bundeskanzler Karl Nehammer die Finger verbrannt hatte und stattdessen vor allen Zusehern wiederholt persönliche Angriffe einstecken musste – "Heute" berichtete ausführlich – konnte er in der ZIB2 am Sonntag nun Klimaschutzministerin Leonore Gewessler damit konfrontieren.

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      Kanzler Karl Nehammer attackierte im ZIB2-Interview mit Martin Thür mehrfach den ORF-Moderator direkt.
      Kanzler Karl Nehammer attackierte im ZIB2-Interview mit Martin Thür mehrfach den ORF-Moderator direkt.
      Screenshot ORF

      Die Grüne präsentierte sich dabei, zum Glück für Thür, von Beginn weg weitaus umgänglicher als der bissige ÖVP-Chef wenige Tage zuvor. Der Kontrast könnte stärker nicht sein. Wo sich Nehammer mit einem unterkühlten "Nichts zu danken" aus dem Studio verabschiedet hatte, begrüßte Gewessler den Anchorman in aller Herzlichkeit: "Schönen guten Abend und herzlichen Dank für die Einladung".

      Auch inhaltlich wollte die Energieministerin nicht jeden Themenblock komplett zerreden und sich zeitschindend – der grantige Kanzler überzog die Sendezeit und referierte fast 24 Minuten lang – auf winzigste Details stürzen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Erklärung der groben Hintergründe.

      Selbst bei dem für Nehammer offenbar leidigen Kernthema, dem aufgeschobenen Klimaschutzgesetz, blieb Gewessler ruhig, betonte dabei sachlich die Dringlichkeit. "Wir haben es eilig, das ist völlig außer Zweifel", so die Ressort-Chefin. Der auf der Klausur beschlossene Turbo für Erneuerbaren Ausbau und die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sei jedoch "ein riesiger Baustein" auf dem Weg zum Klimaneutralität".

      "Wenn ich alleine entscheiden könnte,..."

      Klar sei aber: "Wir sind noch nicht am Ziel". Jedes Jahr bis 2040 werde es Anstrengungen brauchen, dazu gehöre auch das Klimaschutzgesetz. Gewessler beklagte aber, dass es gegen alle Gesetze bisher Widerstand gegeben habe: "Es war das Bohren harter Bretter", sagte sie im ZIB2-Studio. 

      Die bisherigen Maßnahmen würden auch schon Wirkung zeigen. Für 2022 und auch 2023 erwarte sie bereits einen Rückgang der Emissionen in Österreich.

      "Es hat nie jemand behauptet, wir sind in zwei Jahren fertig. Mein Ziel ist es, das Klimaschutzgesetz so schnell wie möglich in Begutachtung zu bringen", betonte Gewessler und bekräftige, vor dem gesamten TV-Publikum weiter unnachgiebig dafür kämpfen zu wollen: "Wenn ich das alleine entscheiden könnte, dann gäbe es das Klimaschutzgesetz bereits – aber wir sind in einer Demokratie".

      "Es kann 2023 nicht mehr sein, dass..."

      Bekanntlich soll ja jetzt der Turbo bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen gezündet werden. Die Novelle soll nun "unnötige Blockaden" ausräumen: "Wir müssen nicht das Landschaftsbild doppelt und dreifach prüfen."

      Ein Knackpunkt: künftig sollen UVP auch schon gestartet werden können, wenn etwa für einen Windpark vom jeweiligen Bundesland noch keine Flächenwidmung stattgefunden hat. "Die Widmung ist keine Voraussetzung mehr, in das Verfahren zu gehen. Es kann 2023 nicht mehr sein, dass wir Bundesländer haben, wo kein einziges Windrad steht."

      Seitens der Branche heiße es, dass entsprechende Projekte rund dadurch auf die Hälfte der Dauer verkürzt werden könnten. "Wenn wir das schaffen, können wir stolz drauf sein", konstatierte Leonore Gewessler.

      Gewessler sieht Klima-Kleber kritisch

      Ihre Meinung zu den umstrittenen Aktionen der Klima-Kleber der "Letzten Generation" sei differenziert, entgegnete die Klimaschutzministerin auf eine entsprechende Frage Martin Thürs. Die Ausführung dazu war diplomatisch: "Ich teile das Anliegen. Wir haben Skipisten, die uns von den Bergen rinnen. Die Klimakrise,... die Zeit drängt, ich verstehe die Verzweiflung". Sie könne jedoch auch die Verärgerung bei den Menschen, die dadurch im Stau stehen würden, nachvollziehen.

      Schärfere Gesetze für die Klima-Kleber will sie aber im Gegensatz zu Johanna Mikl-Leitner, Kanzler Nehammer und anderen ÖVPlern nicht prüfen lassen. "Man mag zu den Protesten stehen, da mag sich jeder eine eigene Meinung bilden, aber wir haben ausreichend Gesetze." Die Forderung nach Verschärfungen sei dem Wahlkampf in Niederösterreich geschuldet.

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        So funktioniert die&nbsp;<strong>Schiefergasförderung durch Fracking</strong>.
        So funktioniert die Schiefergasförderung durch Fracking.
        APA-Grafik / picturedesk.com

        "Dann brauchen wir das nicht mehr"

        Angesprochen an die Ausbeutung von bisher jungfräulichen Gasvorkommen in Österreich, gab Gewessler eine harte Linie vor. "Wir haben im letzten Jahr gesehen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, ist schwierig", erinnerte sie an den Ukraine-Krieg und die von Wladimir Putin ausgelöste Gaskrise in Europa. Neue Projekte seien demnach danach zu bewerten, ob sie jetzt in der Krise akut noch einen Beitrag leisten könnten.

        Langfristig ist der Erdgasausstieg aber fix: "Wenn die Förderung erst in den 2030er startet, dann brauchen wir das nicht mehr", schoss die Energieministerin sofort mögliche Zukunftsprojekte ab. "Das ist der Grund, warum ich sage, machen wir bei Fracking eine klare Kante".

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          Sascha Trimmel