Politik

"Fuchsteufelswild" –ORF-Insider platzt jetzt der Kragen

Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrats, spricht Klartext und ist sich sicher, dass die Glaubwürdigkeit des ORF durch die Affären leide.

Blick auf das ORF Zentrum samt Logo am Wiener Küniglberg.
Blick auf das ORF Zentrum samt Logo am Wiener Küniglberg.
Ernst Weingartner / Weingartner-Foto / picturedesk.com

Die publik gewordenen Chats von ORF-TV-News-Chefredakteur Matthias Schrom mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache haben den ORF erschüttert. "Viele Kollegen sind fuchsteufelswild, weil sie hier in eine Sache hineingezogen werden, mit der sie absolut nichts zu tun haben", hielt Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrats, auf APA-Anfrage fest.

Am Donnerstag findet im ORF eine Redaktionsversammlung statt, um die Chat-Causa zu besprechen. Im Zuge der Versammlung wird auch geklärt, ob es zu einer Vertrauensabstimmung über Schrom kommt. Welche Folgen ein Misstrauensvotum hätte, liege vor allem beim Betroffenen selbst und bei ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, so Bornemann.

Der ORF-TV-News-Chefredakteur hat am Montag als Reaktion auf die veröffentlichten Chats, in denen er sich mit Strache zur inhaltlichen Ausrichtung der ORF-Berichterstattung und Personalwünschen der FPÖ austauschte, einen Urlaub angetreten. Eine ORF-interne Prüfung wurde eingeleitet.

Chats "verheerend"

Weißmann hielt am Montag in einer Aussendung fest, dass die Optik der Chats "verheerend" sei. Die Glaubwürdigkeit der ORF-Nachrichten stehe aber dennoch außer Zweifel. "Wir bemühen uns jeden Tag um sauberen und unabhängigen Journalismus. Aber natürlich leidet durch solche Affären das Vertrauen in unsere Arbeit", sagte dagegen Bornemann.

Ob noch weitere Führungskräfte im größten Medienunternehmen des Landes einen ähnlichen Austausch mit Politikern gepflegt haben könnten, "wissen nur die Betroffenen selbst", wollte der Redakteursrat nicht mutmaßen. "Sollte das der Fall sein, wird die Glaubwürdigkeit weiter massiven Schaden nehmen. Und es wird auch notwendig sein, darauf entsprechend zu reagieren."

Dass die Politik ihre Finger auch bei der Besetzung des ORF-Direktoriums im Spiel hatte, lässt ein türkis-grüner Sideletter vermuten. Dieser sah die Aufteilung der ORF-Direktoriumsposten im Verhältnis drei ÖVP - inklusive Generaldirektor - versus zwei Grüne vor. Weißmann und sein Direktorenteam dementierten, dass es Absprachen mit der Politik bei ihrer Bestellung gab.

"ORF aus Fängen der Politik befreien"

"Die Redaktionsvertretung fordert seit Langem, den ORF aus den Fängen der Politik zu befreien und ein Ende der parteipolitischen Postenbesetzungen", hielt Bornemann fest. Weder inhaltliche noch personelle Wünsche vonseiten der Politik seien akzeptabel.

Eine Nachschärfung des Redaktionsstatuts brauche es nicht. "Es weist auf das Recht zur Unabhängigkeit hin, aber auch auf die Pflicht zur Unabhängigkeit. Aber wir sollten darüber diskutieren, ob der ORF-interne Verhaltenskodex nicht mit strengeren Regeln für den Umgang von Journalistinnen und Journalisten mit Politikern nachgeschärft werden muss", regte Bornemann an.

Es gebe zwar Gesetze und Regelungen für den Umgang miteinander, die seien im vorliegenden Fall aber ignoriert worden. "Berufliche Kontakte für das persönliche Weiterkommen zu verwenden, ist eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf", sagte der ORF-Redakteursratsvorsitzende.

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