Gesundheit

Frau hat Down-Syndrom – und niemand hat es gemerkt

Auf die Idee, dass sie das Down-Syndrom hat, wäre Ashley Zambelli nie gekommen. Erst als sie 3 Kinder mit Trisomie 21 bekommt, kommt der Verdacht auf.

Sabine Primes
Hätte Ashley Zambelli (Bild) keine Kinder bekommen, wäre ihr Gendefekt nie ans Licht gekommen.
Hätte Ashley Zambelli (Bild) keine Kinder bekommen, wäre ihr Gendefekt nie ans Licht gekommen.

Die dreifache Mutter, Ashley Zambelli, teilt mit ihren Kindern nicht nur die DNA, sondern auch eine Genmutation. Die TikTokerin aus Michigan (USA) ging viral, nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie nicht nur ein drittes Kind mit Trisomie 21 ("Down-Syndrom") bekommen würde, sondern dass sie es selbst hat. Erst im Februar dieses Jahres bekam sie die Diagnose – mit 23 Jahren. Wie konnte das so lange unentdeckt bleiben?

Keine Anzeichen

Hätte die junge Frau keine Kinder, wäre ihr Gendefekt nie entdeckt worden. Weil sie nämlich nicht das typische Aussehen einer Down-Syndrom-Person hat und auch sonst keine offensichtlichen Symptome des Gendefekts zeigte, gab es nie einen Anlass für einen Test. Doch als sie 12 Jahre alt wurde, begannen ihre Kniescheiben "ständig" auszukugeln, und sie sagte, dass sie auch in der Schule Schwierigkeiten beim Lernen hatte. "Ich hatte eine Kieferfunktionsstörung und meine Kniescheiben waren ständig ausgerenkt. Meine Schulter war ständig ausgekugelt. Mein Herz raste ständig. Ich war ständig außer Atem."

3 von 4 Kinder mit Down-Syndrom

Die Ärzte waren nie in der Lage, eine Verbindung zu ihren gesundheitlichen Problemen herzustellen, bis sie anfing, mit ihrem Mann eine Familie zu gründen. Mit ihrem ersten Kind erlitt sie 2019 eine Fehlgeburt. Eine Gewebeuntersuchung ergab, dass das Kind das Down-Syndrom gehabt hatte. Ihr zweites Kind, Tochter Lilian, kam 2020 mit Trisomie 21 zur Welt. 2021 folgte das dritte Kind, das jedoch nicht von dem Gendefekt betroffen ist. Als die Mutter mit ihrem vierten Kind schwanger ist, wird abermals Trisomie 21 festgestellt. Der Gynäkologe überweist die junge Frau an einen Genetiker. Der Test bestätigt: Die Mutter leidet selbst am Down-Syndrom – und zwar an Mosaik-Trisomie 21. Das erhöht das Risiko, ein Baby mit Down-Syndrom zu bekommen, um 50 Prozent.

Normalerweise haben alle Körperzellen eines Menschen 46 Chromosomen, also 23 Chromosomen-Paare. Dennoch kann es bei der Zellteilung zu Defekten kommen, die schließlich in einer Chromosomenanomalie resultieren. Es gibt verschiedene Chromosomenanomalien. Im Falle von Trisomie 21 (auch "Down Syndrom" genannt) tragen Betroffene 47 statt 46 Chromosomen in jeder Zelle. Das 21. Chromosom ist dreifach vorhanden, daher “Trisomie 21”. Dieses überschüssige Chromosom trägt jene Gene, die Menschen mit Down-Syndrom so unverwechselbar machen. Daran geknüpft sind in der Regel auch eine Reihe gesundheitlicher Probleme wie geistige und körperliche Defizite.  
Die verschiedenen Formen der Trisomie 21 entstehen entweder spontan oder können vererbt werden. Vor allem, wenn die Mutter bereits selbst das Down-Syndrom hat. Bei der Mosaik-Trisomie 21 ist nicht in jeder Zelle das 21. Chromosom dreimal vorhanden, sondern es besteht eine Mischung aus Zellen mit "gesunder" und "anormaler" Chromosomenzahl. Die Symptomatik des Down-Syndroms ist hier nicht so stark ausgeprägt, weshalb Betroffene nicht zwangsläufig das typische Aussehen wie jemand mit Trisomie 21 haben.

Mosaik-Trisomie 21

Zambelli hat nun eine Erklärung für ihre scheinbar "unauffälligen" Gesundheitserscheinungen: Sie hat tiefer sitzende Ohren, einen niedrigen Muskeltonus, eine Kieferstörung, Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis und eine Sinustachykardie – das heißt, sie hat oft eine Herzfrequenz von mehr als hundert Schlägen pro Minute. Zudem vermutet sie, laut eigener Aussage, auch autistische Züge zu haben. So hat sie oft Schwierigkeiten, den meisten Humor zu verstehen, und sagt oft Dinge, ohne zu merken, dass sie beleidigend sein könnten. "Als ich den Anruf mit der Diagnose erhielt, war ich glücklich! Ich hatte im Laufe meines Lebens immer verschiedene Komplikationen, die für die Ärzte nie einen Sinn ergaben, aber jetzt schon", erzählt Zambelli dem "People Magazine".

Plädoyer für Gentest

In einer Reihe von Videos auf ihrem TikTok-Account, teilt die dreifache Mutter ihre Geschichte. Damit will sie eine Aufklärungsplattform schaffen, auf der sie das Bewusstsein für die genetische Mutation schärfen kann. "TikTok ist eine großartige Community, um das Bewusstsein für das Down-Syndrom und die drei Formen – Trisomie 21, Mosaik und Translokation – zu schärfen", sagt sie. Sie möchte andere dazu ermutigen, sich einem Gentest zu unterziehen und sieht ihn als ein "Werkzeug, um vorbereitet zu sein".

Was war der schwierigste Teil ihrer Reise? "Die Begegnungen mit einigen Menschen in der Down-Syndrom-Gemeinschaft. Es gibt einige, die mich nicht ernst nehmen und mir das Gefühl geben, dass ich ihnen meinen Zustand beweisen muss", verrät die Mutter. "Das Stigma um das Down-Syndrom existiert leider auch in unserer eigenen Gemeinschaft. Ich hoffe, das wird sich bald zum Besseren wenden."

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    Elias (links) mit seiner Mutter Ursula Fehringer am Attersee.
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