Den Satz musste ich zweimal lesen, bevor es mir die Sprache verschlug: "Kindergärten mit mehrheitlich Kindern nicht-deutscher Erstsprache sind aktuell nicht imstande dazu beizutragen, die steigende Zahl der Kinder mit Kompetenzschwächen im sprachlichen, kognitiven und sozial-emotionalen Bereich zu senken."
Das ist das ernüchternde Fazit im Endbericht einer Studie der Pädagogischen Hochschulen Tirol und OÖ an 141 Kindergärten mit einem Anteil von Kindern nicht-deutscher Erstsprache von mehr als 50 Prozent (erhoben in Oberösterreich, Vorarlberg, Tirol, Steiermark). Befragt wurden die Kindergarten-Leiterinnen und -leiter.
Ihre Aussagen erschüttern: "Unser Ziel ist schon lange nicht mehr die 'Schulreife'". Oder: "Es ist frustrierend, dass Kinder, die gut Deutsch sprechen, in ihrer Förderung zurückstehen müssen." Damit wird erstmals offen ausgesprochen, was bisher nur hinter vorgehaltener Hand zu hören war: In vielen unserer Kindergärten kommen deutsch-sprechende Kinder unter die Räder ...
In annähernd jedem zweiten der untersuchten Kindergärten (40 Prozent) betrug der Anteil der Kinder mit deutscher Erstsprache nur ein Fünftel oder weniger. Nicht nur, dass damit das "einigende Sprachbad Deutsch" graue Theorie ist, befürchten die Studienautoren bei den österreichischen Kindern sogar eine "Verschlechterung des Sprachstandes".
Sie beziehen sich dabei auf eine Vergleichsstudie aus Deutschland und fordern zu untersuchen, inwieweit deutschsprachige Kinder in solchen Kindergärten verglichen mit Kindern in Kindergärten, in denen Deutsch den Ton angibt, benachteiligt sind, sowohl "was Bildungssprache als auch Schulreife anbelangt". 2.400 Kinder betraf das in den untersuchten Einrichtungen, österreichweit sind es wohl mehr als 10.000 ...
Verschärft werde die Lage, "wenn wenig elterliches Bemühen in Bezug auf den Bildungsbereich Deutsch vorliegt". Eine Leiterin: "Die sind in dritter Generation da, da könntest du weinen, weil die kommen rein, reden wie du und ich, und das Kind kann kein Wort Deutsch."
Hauptursache für die Misere ist die fortschreitende "Wohnort-Segregation", sprich das Zulassen von "Migranten-Grätzln", in denen man – das formuliere jetzt ich so – ohne Deutsch perfekt parallelgesellschaftsfähig ist. So empfehlen die Studienautoren Prof. Dr. Bernhard Koch und Prof. Mag. Thomas Wahlmüller (PH Tirol bzw. OÖ), "jene Familien zu fordern, die sich der Sprache und Kultur der Mehrheitsgesellschaft in unangemessener Weise verschließen."
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten. Mail bitte an: n.glattauer@heute.at
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Bezeichnend die Statements zweier Kindergartenleiter: "Für unterschiedliche Religionen und Kulturen habe ich vollstes Verständnis, nicht aber für die Ablehnung, unsere Sprache zu lernen." Eine andere: "Es wird seit Jahren ein Vermögen für Sprachförderung ausgegeben. Ohne Mitarbeit der Eltern zeigt sich kein Erfolg." Zahlen und Daten aus dieser Studie finden Sie auf newsflix.at.
Note für die Studie: Sehr gut