Politik
EU will Grenzschutz stärken – von Zaun aber keine Rede
Stundenlang bis spät in die Nacht haben die 27 EU-Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel für mehr Grenzschutz verhandelt.
Bundeskanzler Karl Nehammer, der ohne konkrete Maßnahmen in der Migrationsproblematik im Vorfeld des Sondergipfels mit einem Veto bei der Abschlusserklärung drohte, freute sich Freitagfrüh über einen "Erfolg" bei den Verhandlungen. Die Teilnehmer haben sich auf umfangreiche EU-Mittel zum Außengrenzschutz verständigt – auch für mehr "Infrastruktur" an den Grenzen. Aber: Die von Nehammer explizit geforderten Grenzzäune kommen nicht mal in einem Wort in der Abschlusserklärung vor. Sie seien aber indirekt durch die Beschlüsse finanzierbar, erklärte der Kanzler.
Pilotprojekte für Bulgarien und Rumänien
In der Gipfelerklärung liest sich das nun so: Die Staats- und Regierungschefs fordern "die Kommission auf, unverzüglich umfangreiche EU-Mittel zu mobilisieren, um die Mitgliedstaaten beim Ausbau der Grenzschutzkapazitäten und -infrastrukturen, der Überwachungsmittel, einschließlich der Luftüberwachung, und der Ausrüstung zu unterstützen". Bulgarien etwa soll mehr Personal, Fahrzeuge und Ausrüstung zur Überwachung der Grenze erhalten – ein Teil davon könne den Grenzschutz zur Türkei verstärken, so Nehammer. Auch für Rumänien gebe es Pilotprojekte.
Generell lobte Nehammer das Gesprächsklima beim Sondergipfel, es sei noch nie "so klar und ehrlich" über Migration gesprochen worden. "Es gibt jetzt einen neuen Schwerpunkt, der muss weiter entwickelt werden", wird Nehammer vom ORF zitiert. Überstrahlt wurde der EU-Sondergipfel vom Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Im nachhinein kam es jedoch zu einer Panne. In einem Interview sprach der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski über Olaf Scholz. Dabei soll er gesagt haben, er müsse den deutschen Bundeskanzler "zwingen", der Ukraine zu helfen.
Verwirrung um Selenski-Sager
Zuvor hatte sich Selenski in einem Interview, das im deutschen "Spiegel" und im französischen "Figaro" veröffentlicht wurde, über die Beziehungen zu Deutschland geäußert. Dabei kam es im "Spiegel" zu einem folgenschweren Übersetzungsfehler – dieser wurde von mehreren Medien aufgegriffen. In einer veralteten Fassung eines "Spiegel"-Interviews steht, dass Selenski über den deutschen Bundeskanzler gesagt haben soll, er müsse ihn "zwingen" der Ukraine zu helfen. Der Spiegel korrigierte das Interview – es soll sich um einen Übersetzungsfehler gehandelt haben.